Die Schweiz? Ein Weissweinland – denkt man gemeinhin. Doch stimmt das im Dezember 2017 noch? Immerhin ist die Fläche, auf der rote Traubensorten angebaut werden, über 2000 Hektaren grösser als diejenigen für weisse. Und die meistangebaute Rebsorte ist nicht – wie einst – Chasselas, sondern Pinot noir. Und das seit Jahren. Mutiert die Schweiz zum Rotweinland?
Rang 1: Merlot Nadia Mathier 2015, Adrian & Diego Mathier Nouveau Salquenen AG, Salgesch VS, 18/20 (30 Franken. www.mathier.com):
Die Trauben für den Sieger kommen aus Reblagen in Salgesch und Sion. «Der Ertrag ist streng auf 600 Gramm pro Quadratmeter beschränkt», sagt Mathiers Önologe Cédric Leyat. Der Ausbau erfolgt während 15 Monaten in neuen Barriques. Den Sieger haben alle fünf Juroren mit einer hohen Note bedacht: Zwischen 17 und 19 Punkten. Er besticht durch eine komplexe Nase mit etwas Espressoaromen und Beerenaromatik, ist harmonisch und elegant, die Tannine sind edel und rund, er hat sowohl Kraft wie auch Schmelz, nimmt den Gaumen ein und endet in einem wunderbar langen Finish!
Rang 1: Merlot Nadia Mathier 2015, Adrian & Diego Mathier Nouveau Salquenen AG, Salgesch VS, 18/20 (30 Franken. www.mathier.com):
Die Trauben für den Sieger kommen aus Reblagen in Salgesch und Sion. «Der Ertrag ist streng auf 600 Gramm pro Quadratmeter beschränkt», sagt Mathiers Önologe Cédric Leyat. Der Ausbau erfolgt während 15 Monaten in neuen Barriques. Den Sieger haben alle fünf Juroren mit einer hohen Note bedacht: Zwischen 17 und 19 Punkten. Er besticht durch eine komplexe Nase mit etwas Espressoaromen und Beerenaromatik, ist harmonisch und elegant, die Tannine sind edel und rund, er hat sowohl Kraft wie auch Schmelz, nimmt den Gaumen ein und endet in einem wunderbar langen Finish!
Fakt ist: Die Qualität an der roten Spitze ist mehr als bemerkenswert. Unsere Pinot noirs können problemlos mit Spitzen-Burgundern mithalten. Im Wallis haben die besten Syrahs und Cornalins Topniveau. Und im Tessin gelingt es der Winzerelite immer besser, die relevanten Komponenten wie (einst exzessiven) Barrique-Einsatz, Konzentration, Eleganz und Knackigkeit zu kalibrieren, so dass die schönsten Merlots Traumgewächse geworden sind.
«Die Degustation war ein weiteres Mal der Beweis dafür, dass die Schweizer Weine auf Topniveau mitspielen», sagt Master of Wine Ivan Barbic. Praktisch alle Weine hätten sehr viel Freude bereitet. «Und einige kann man durchaus zur Weltspitze zählen.» Auch der Salgescher Winzer Diego Mathier urteilt, die Schweiz mache mittlerweile grossartige Weine: «Wahnsinn, dieses Niveau.» Gastgeberin Ursina Ponti bestätigt: «Einige Weine waren echt super. So macht solch eine Degustation Freude!»
Aber welcher Wein ist nun der beste? Weil die Weine derart differieren, ist eine absolute Antwort praktisch unmöglich. Wir nähern uns einer Antwort an, indem wir die Frage einfach ein bisschen anders stellen: Welcher ist der beliebteste Rotwein der Schweiz?
Im Salon 11 des Schweizerhofs rauchen die Köpfe
Alle grossen Schweizer Weinhändler sowie ein paar ausgewählte Winzer wurden angeschrieben, diese Frage für sich schon mal zu beantworten. Die Prämissen: Rotwein. Still. Trocken. Herkunft egal. Jahrgang egal. Preis egal. Herausgekommen ist ein spannendes Potpourri von 51 Weinen, die von einer fünfköpfigen Profijury im Fünfsternehotel Schweizerhof in Luzern verkostet und bewertet wurden. Nach dem Motto: Wenn schon Schweiz, dann gleich richtig! Aus diesem Grund bot der Salon 11 des Traditionsbetriebs der Familie Hauser direkt am Vierwaldstättersee den perfekten Rahmen für diese Degustation.
Verkostet wurde natürlich blind, bewertet nach der 20er-Skala, bei der 20 Punkte die höchste Wertung ist – ausschliesslich für einen perfekten Wein, ein Jahrhundertgewächs. Wichtig: Zwei Winzer degustierten mit, die auch Weine im Wettbewerb hatten. Ihre Wertung der eigenen Weine wurde aber nicht berücksichtigt.
Die Pinot noirs haben einen schweren Stand
Das Ergebnis? Auf den ersten vier Plätzen liegen gleich vier Merlots! Allerdings hatten nicht die Tessiner die Nase ganz vorne, sondern ein Walliser und ein Waadtländer! Erst dann folgten mit dem Flaggschiff Trentasei von Feliciano Gialdi aus Mendrisio – aus leicht angetrockneten Trauben – und dem Jahr für Jahr überragenden Balin von Kopp von der Crone Visini aus Barbengo die beiden besten Ticinesi. Überraschend schaffte es eine Assemblage aus den Schweizer Züchtungen Gamaret und Garanoir auf Platz fünf: der Dioscures von Bolle aus Morges in der Waadt.
Erst danach finden wir die besten Pinot noirs, den international anerkannten Unique von Donatsch aus Malans GR und den Hauterive von La Maison Carrée aus Auvernier NE. Dann folgt mit dem Riflessi d’Epoca von Brivio bereits der nächste Merlot.
Auf den weiteren Rängen die Top-Assemblage 1858 von Bonvin aus Sierre. Der einzige nicht reinsortige Wein – er besteht aus Cornalin und Syrah –, der es in die Top 11 geschafft hat. Und die beiden besten Syrahs. Zum einen der L’Enfer de la Patience von Histoire d’Enfer aus dem Wallis, der von der «Schweizerischen Weinzeitung» auch schon zum besten Schweizer Wein gekrönt wurde.
Der billigste Wein schafft es in die Top 11!
Zum anderen die grosse Überraschung: der Syrah Valais 2015 von … Aldi! So ist das bei Blinddegustationen. Plötzlich landet ein preisgünstiger Supermarkt-Wein ganz vorne. Und das nicht etwa zufällig. Der Aldi-Wein ist von allen fünf Juroren kohärent bewertet worden. Kohärent hoch mit Noten zwischen 16, 5 und 17,5! Mit 9.99 Franken ist der Syrah, der vom Traditionshaus Caves Orsat aus Martigny gekeltert wird, der billigste der 51 eingereichten Weine. Der teuerste ist übrigens mit 93 Franken der Trentasei, der auf Platz drei gelandet ist. Der Siegerwein von Mathier kostet 30 Franken.
Wie ist das Ergebnis einzuordnen? Zufall ist es nicht, dass der Merlot von Mathier gewonnen hat. Alle Juroren haben ihn hoch bewertet. Die Note von Mathier selbst (18,5) wurde gestrichen. Der Wein ist ein richtiges Kampfschiff. Ein Beispiel: Beim Merlot-Profipanel-Tasting von Europas führendem Weinmagazin «Vinum» in diesem Jahr liess er als bester Schweizer Merlot alle Tessiner hinter sich.
Ebenso wenig Zufall ist der zweite Platz des Waadtländer Lagenweins Apicius, der auch sehr einheitlich bewertet wurde – mit Noten zwischen 17 und 18,5. Die Trauben wachsen auf einer steilen Toplage im Lavaux oberhalb Villeneuve und sind der Stolz von Rechtsanwalt und Merlot-Fan Charles Rolaz vom Weinhaus Hammel in Rolle VD. Danach folgen die beiden besten Tessiner Merlots.
Die Schweiz – einig Merlot-Land?
Gialdi-Önologe Fredi De Martin überrascht das Resultat der Degustation nicht: «Für mich ist wichtig, dass ein Wein Emotionen auslöst, dass er das Herz berührt. Das gelingt mit einem Merlot erfahrungsgemäss einfacher als mit einem Pinot noir, mit dem man sich näher auseinandersetzen muss. Ein Blauburgunder ist anspruchsvoller. Merlot ist vordergründiger. Ein guter Merlot macht sofort päng!»
Und das mittlerweile nicht nur im Tessin.
Die Ränge 12 bis 30
12. Halde Chur Pinot Noir Reserve 2015 (Foto), Cottinelli Weinbau, Malans GR, 16,8/20 (46 Franken. www.plozzawinegroup.ch)
12. Lettres de Noblesse 2015, Malbec/Cabernet Franc de Saint-Saphorin, Badoux Vins, Aigle VD, 16,8/20 (37.60 Franken. www.badoux-vins.ch)
14. Gemma dell’Est 2015, Merlot della Svizzera Italiana, Tenuta Agricola Luigina SA, Stabio TI, 16,75/20 (72 Franken. www.martel.ch)
15. Adrians Pinot Noir Réserve 2015, Adrians Weingut, Schinznach AG, 16,7/20 (29.50 Franken. www.fischer-weine.ch)
16. Pinot Noir 2014, Weingut Erich Meier, Uetikon ZH, 16,6/20 (22 Franken. www.vinazion.ch)
17. Galotta Cuvée No 0 2015, La Côte rot, Uvavins Cave de La Côte, Tolochenaz VD, 16,5/20 (26.50 Franken. www.cidis.ch)
17. Syrah Diego Mathier 2015, Adrian & Diego Mathier Nouveau Salquenen SA, Salgesch VS, 16,5/20 (30 Franken. www.nuesch-weine.ch)
17. Syrah elevé en Barrique 2015, Les Celliers du Chablais, Aigle VD, 16,5/20 (29 Franken. www.lescelliersduchablais.ch)
17. Junior – Der Kleine vom Grossen 2015 (Foto), Winzerei zur Metzg, Marthalen ZH, 16,5/20 (29.50 Franken. www.ullrich.ch)
17. Pinot Noir vom Lindenwingert 2016, Sprecher von Bernegg, Jan Luzi, Jenins GR, 16,5/20 (35 Franken. www.gerstl.ch)
22. Baur’s Best Cabernet Sauvignon AOC Valais 2016, Cave d’Uvrier SA, Uvrier VS (14.99 Franken. www.lidl.ch)
23. Syrah Cuvée Unique 2014, Histoire d’Enfer, Corin-sur-Sierre VS, 16,4/20 (42 Franken. www.globalwine.ch)
23. Défi Noir Les Titans 2014, Provins, Sion VS, 16,4/20 (38.90 Franken. www.provins.ch)
23. Schwarz Blauer Pinot Noir 2013, Rutishauser Weinkellerei AG, Scherzingen TG, 16,4/20 (27.80 Franken. www.rutishauser.com)
23. Cornalin Réserve des Administrateurs 2016, Cave St-Pierre, Chamoson VS, 16,4/20 (19 Franken. www.wy-gaessli.ch)
27. Ursus 2015, Pinot Noir/Syrah/Cabernet Cubin, Zweifel Weine AG, Zürich Höngg ZH, 16,3/20 (22.50 Franken. www.zweifelvinarium.ch)
27. ÉO Noir 2015, Staatskellerei Zürich, Rheinau ZH, 16,3/20 (38 Franken. www.moevenpick-wein.com)
27. Ligornetto 2013, Merlot Ticino, Vinattieri Ticinesi SA, Ligornetto TI, 16,3/20 (37 statt 45 Franken. www.zanini.ch)
27. Castelrotto Vallombrosa 2015, Ticino Riserva, Tamborini Carlos SA, Lamone TI, 16,3/20 (41 Franken. www.tamborinivini.ch)
Die Jury: Diese fünf Supernasen degustierten
- Fredi de Martin (51) ist Italiener, wuchs in Frauenfeld auf. Als Chefönologe verantwortet er die Weine der Tessiner Traditionsmarken Gialdi und Brivio. Zuvor hat er Wein in Tasmanien (Australien) gemacht. Er ist designierter Nachfolger von Feliciano Gialdi. Als Einziger zückte er 19 Punkte – für den Sieger, den Merlot Nadia Mathier.
- Diego Mathier (47) hat 2016 den Weinolymp erklommen, als er zum Winzer des Jahrzehnts gekürt wurde. Der studierte Finanzökonom und Ex-Banker produziert eine Million Flaschen jährlich. Den speziellen Zuspruch des Salgeschers fanden seine eigenen Weine und der 1858 von Bonvin.
- Ursina Ponti (34) ist seit Anfang Jahr Leiterin Restauration im Fünfsterne-Haus Schweizerhof in Luzern und zuständig für Weinkarte und -einkauf. Sie hat die Hotelfachschule Luzern besucht und ist auf dem Weg zur Weinakademikerin. Ihr Liebling: der Merlot Apicius Clos du Châtelard von Hammel.
- Ivan Barbic (51) ist einer von nur drei Schweizer Masters of Wine, also Inhaber des weltweit bedeutendsten Weindiploms. Er ist strategischer Einkäufer bei Weinimporteur Bataillard in Rothenburg LU, schreibt regelmässig für «Vinum» und die «Schweizerische Weinzeitung». Seine Favoriten: der Trentasei von Gialdi und der Syrah von Les Celliers du Chablais.
- Alain Kunz (55) ist Redaktor der Blick-Gruppe, schreibt über Fussball und Wein, was in der Schweiz wohl einmalig ist. Seine regelmässige Wein-Kolumne erscheint auf blick.ch/life. Seine Lieblingsweine: der Pinot Noir Unique von Donatsch und der Syrah L’Enfer de la Patience von Histoire d’Enfer.