Für Sie degustiert: Donatsch
Wo das Schweizer Pinot-Wunder begann

Schweizer Pinot Noirs sind mittlerweile Weltklasse. Das verteidige ich durch dick und dünn! Begonnen hat das Wunder mitten im Dörfchen Malans, bei den Donatschs. Und: Der Wein der Woche kommt aus der... Sierra Nevada.
Publiziert: 24.02.2016 um 15:06 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 12:20 Uhr
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Einigen der degustierten älteren Jahrgänge sieht man das Alter an den Flaschen unübersehbar an.
Foto: Alain Kunz
Alain Kunz

Der Schweizer Weinpapst René Gabriel nimmt solche Einladungen nur mit gebührender Vorsicht an. Konkret: selten. Doch wenn die Donatschs zu einer extraordinären Verkostung rufen, dann kann auch der Showman unter den Weinjournalisten nicht nein sagen. Im Gegenteil. Dann lässt er alles liegen. Und so lobte er den Abend als «grossartige Retrospektive durch das weinige Schaffen über 36 Jahre der Donatschs.» Und weiter: «Ich war in den viele Jahren meiner hobbymässigen Weinschreiberkarriere schon an manchen önologischen Manifestationen, aber solch eine Anhäufung der wohl einflussreichsten und somit auch besten Weinjournalisten sah ich bisher noch an keiner helvetischen Veranstaltung.»

Okay, worum gings? Darum, dass die Donatschs einen uralten Keller gekauft und renoviert haben. Und dass die Donatschs den 30. Jahrgang Chardonnay und den 40. Pinot im Barrique gekeltert haben. Der neue Keller – rund 500 Jahre alt, ehemals im Besitz des Bistums Chur und möglicherweise Ex-Produktionsstätte des Completers - wollte nun eingeweiht werden. Und dies nicht irgendwie. Sondern so: «Wir degustieren nicht einfach unser Sortiment», sagt Sohn Martin, «sondern alles Weine, die bei Degustationen besonders gut abgeschnitten haben. Einfach das Beste aus unserem Keller, von früher bis heute.» Martin spricht von «legendär» – und er hat Recht!

Niemand da? Noch nicht. Der gegen 500 Jahre alte Gewölbekeller vor seiner Entjungfernung nach dem Umbau.
Foto: Alain Kunz

Apropos Legenden: In diesen Status hat Vinum die Donatschs erhoben. Und das völlig zurecht. Vater Thomas, dieser eher knorrige, aber herzensgute Zeitgenosse, der sich nicht nur dem Wein verschrieben hat, sondern auch dem Kochen und der Musik. Der als Jungspund mit der Sechs-Mann-Combo «The Strangers» durch Schweizer Keller zog. Aber vor allem die Passion Wein auslebte. Es schaffte, schon in jüngsten Jahren bei Romanée-Conti ein- und ausgehen zu können. Nach einer Probe seiner eigenen Weine durch den Kellermeister des legendären Burgundergutes gab dieser Donatsch zwei gebrauchte La-Tâche-Fässer mit auf den Heimweg. Als Inspirationsquelle. Darin baute Martin – gegen alle lokalen Widerstände – einen Pinot 1973 aus. Es war der Beginn von Schweizer Qualitäts-Pinot-Noir. Heute kann man sagen: Es war der Startschuss für das Schweizer Pinot-Wunder, derart gut sind die besten mittlerweile geworden.

Später handelte sich Donatsch den nächsten Ärger ein. Er pflanzte Chardonnay-Reben, was damals verboten war, und – der nächste Frevel – füllte den Saft in Barriques. Doch auch hier setzte sich die burgundische Intuition von Papa Donatsch durch. Sein Chardonnay wurde zur Erfolgsgeschichte. Wie auch die Renaissance der Malanserrebe, die man besser unter dem Begriff Completer kennt. Eine Traube mit massiver Säure, weshalb sie Thomas spät zu lesen begann, Mitte November, also als Spätlese, und den Saft in gebrauchte Barriques füllte. Das Resultat ist ein faszinierend-knackiger Weisswein.

Martin schenkt seinem Vater Thomas Chardonnay ein: Der Generationenwechsel hat bei den Donatschs vorbildlich geklappt.
Foto: Alain Kunz

Mittlerweile sollte die Rede aber vermehrt von Martin sein, dem smarten Sohn von Thomas, der mittlerweile verantwortlich zeichnet für den Betrieb und bereits zweifacher Pinot-Weltmeister ist. 2001 kehrte Martin von seinen Wanderjahren in Südafrika, Australien und dem Bordelais zurück in die Herrschaft. Den Rucksack perfekt gefüllt mit Erfahrungen eher konträr zu jenen des Vaters. Eine perfekte Ergänzung! Und nicht etwa ein Stilbruch, als der Junior zum Chef wurde. Im Gegenteil. Martin ist kein Modernist. «Wir hatten bei den letzten Jahrgängen Mut zu mehr Säure», sagt er. «Das hat sich gelohnt.» Und der Vater gesteht sogar ein, was er aus heutiger Sicht anders gemacht hätte: «Wir haben den weissen Chardonnay in den Tanks vergoren und auf der Hefe belassen. So wurde diese zu stark. Wenn man den Wein in den Barriques vergärt, ist dies überhaupt kein Problem.  Man kann die Hefe bis Gärungsende drin lassen, sie bleibt aktiv. Aber das hat man früher nicht gewusst…»

Mittlerweile leitet Martin das Gut umsichtig und mit viel erdverbundenem Charme. Und mit neuen Ideen. So einem Einzelfass, dass möglicherweis als «Réserve de la Famille» abgefüllt werden soll. Martin: «Es handelt sich um eine Barrique, die so sensationell ist, dass wir sie einzeln vinifizieren wollen, für Freunde und die Familie.» Wir haben diesen 2013 probieren dürfen. Ein Wein, hoch aromatisch, mit viel Würze, kräftig, chriesig, im Gaumen fleischig, mit enormer Eleganz, floralen Noten, Power, Mandeln, Mundfülle und Superlänge! Viel besser kann ein Schweizer Pinot kaum sein. Im Moment heisst das: 19 Punkte! Und ja, René Gabriel hat für den Chardonnay Unique 2013 ebenso den Zwanziger gezogen wie die Schweizer Weinzeitung für ihren Wein des Jahres, den Pinot Unique desselben Jahrgangs. Das ist die schöne Donatsch-Realität 2016!

Doch nun zu den Weinen. Wir stellen den jeweils besten Pinot und Chardonnay im Detail vor. Bei den anderen spricht die Note für sich. Und ja, ein Problem gibts noch: Von den 30'000 Flaschen Jahresproduktion sind nur noch wenige Gutteren vorrätig. Nämlich Completer, Merlot, Cuvée Noir sowie die Schaum- und Süssweine. Für alle anderen Weine heisst es: Auf die neuen Jahrgänge warten – und pressieren, wenn sie auf dem Markt sind!

DONATSCHS CHARDONNAYS

Unique 2013 (Foto): Ätherisch-ausladende Nase, etwas Butter und Vanille, floral, Brot, Ananas, im Gaumen opulent und dennoch feingliedrig, rauchig, schöne Säure, gaumenfüllend, crèmig, enorm frisch und lang. Score: 18/20 (CHF 55.--. Ausverkauft)

  • Unique 2012: 18/20
  • Unique 2011: 17/20
  • Unique 2007: 16/20
  • Passion 2014: 17/20 (CHF 30.--. Ausverkauft)
  • Passion 2013: 16,5/20
  • Passion 2012: 17/20
  • Selvenen 1997: 17,5/20
  • Frassa 1988 (Barriques!): 17,5/20
  • Frassa 1987 (keine Barriques!): 17/20
  • Frassa 1978: 16/20

DONATSCHS PINOTS

 

Unique 2013 (Foto): recht verschlossene, aber wunderbar komplexe Nase, Frucht, leichte Holznoten, Kirschen, Würze, im Gaumen Fruchtsüsse, hoch elegant, nervig, etwas spitz, Power, sensationelle Länge, Frische, super! Score: 18,5/20 (CHF 55.--. Ausverkauft)

 

 

 

  • Unique 2011: 17,5/20
  • Unique 2007: 17/20
  • Unique 2005: 18/20
  • Unique 2001: 17/20
  • Passion 2013: 17,5/20 (CHF 36.--. Ausverkauft)
  • Passion 2011: 16,5/20
  • Passion 2007: 16,5/20
  • Spiger 2005: 17,5/20
  • Spiger 2001: 17/20
  • Spiger 1999: 17,5/20
  • Spiger 1995: 17,5/20
  • Spiger 1990 (Magnum, Foto): 18/20
  • Spiger 1988 (Jeroboam): 16/20
  • Tradition 2014: 16,5/20 (CHF 22.--. Ausverkauft)

DONATSCHS COMPLETER UND WEISSBURGUNDER

Completer 2013: Mineralisch-metallische Nase, kräuterig, leichte Agrumennoten, im Gaumen viel Frische, knackig-gezügelte Säure, etwas CO2, tolle Fruchtsüsse, süffig, schöne Länge. Wonderful! Score: 17,5/20 (CHF 40.--. www.donatsch.info)

Pinot Blanc 2014: Pfirsich, viel Frucht, Schmelz, dezente Kraft, Eleganz, tolle Struktur, mittleres Finish. Score: 17/20 (CHF 20.--. Ausverkauft)

UNVERZICHTBARER WEGBEGLEITER: DER KLEINE JOHNSON

Es mag in Zeiten von zahllosen Weinapps ein Anachronismus sein, ein Büchlein mitzuführen. Aber wer die Fehlerquote populärer Apps wie Vivino sieht, dem müssten die Haare zu Berge stehen. Bei Hugh Johnson ist das natürlich ganz anders. Sein kleines Taschenbüchlein – erfolgreichster Weinführer der Welt mit über 11 Millionen verkauften Exemplaren – liefert zuverlässig Infos zu 15 000 Weinen, Jahrgängen, Winzern und aktuellen Weinthemen aus aller Welt. Dazu gibts Hughs 200 Lieblingsweine und den Sonderteil, diesmal zum Thema Riesling. Schauen wir wie jedes Jahr, beim Schweizer Teil genauer hin. Er umfasst unverändert (gegenüber der 2015er-Ausgabe) acht Seiten und Hugh attestiert dem durchschnittlichen Schweizer Weinliebhaber eine Menge Sachverstand, «denn die besten lokalen Weine werden ganz einfach zu Hause getrunken.» Weiter heisst es: «Für den Weintouristen ist die Schweiz ein Paradies.» Sehen wir auch so.  Rausgeflogen ist kein einziges Weingut, dafür sechs dazugekommen: Huber, Litwan, Möhr-Niggli, Von Tscharner, St. Jodernkellerei, Schloss Salenegg. Eine wie immer etwas eigentümliche Auswahl, denn absolut zwingend sind bloss Von Tscharner und Huber. Da fehlt die Kohärenz doch ein bisschen. Aber: Sechs mehr drin ist gut! Doch viele, viele Weitere warten auf Eingang. (Der kleine Johnson. Weinführer 2016. Hallwag-Verlag. 460 Seiten. ISBN 978-3-8338-4827-8. CHF 28.90. www.buch.ch)

WEIN DER WOCHE: MUÑANA AUS DER SIERRA NEVADA

Wein aus der Sierra Nevada? Da geht doch maximal Skifahren. Aber Wein? Doch, doch, gibts! Am Nordhang des mächtigsten Gebirges Spaniens liegt die Kellerei Señorio de Nazari. In natürlichen Höhlen lagern deren Weine dreissig Meter im Felsen. Das mag ein bisschen PR sein. Aber die speziellen Lagen auf 1150 Meter über Meer und die teils gewaltigen Temperaturunterschiede von bis zu 20 Grad zwischen Tag und Nacht verleihen den Weinen eine unverwechselbare Eigenständigkeit und Frische. Und die Appellation tönt einfach gut: Demoninacion de Origen Vinos de la Tierra Altiplano de Sierra Nevada. Noch Fragen?

Entdeckt haben wir den spanischen Gebirgswein am Dia del Vino im Zürcher Kongresshaus, am Tag des spanischen Weins. Wirbelwind Tony Navarro vom Restaurant Turm führt ihn in seinem Programm. Auch er ist voll des Lobes über die Weine von Muñana. Wie der Guia Peñin, der 2015 dem «einfachen» Rojo die Bodega-interne Höchstnote von 90 verlieh. In der Nase ist der Muñana Rojo 2010 höchst frisch, würzig und mineralisch, Im Gaumen kriegt man Power, aber auch eine rustikale Eigenständigkeit, knackige Säure und Tannine, wieder eine vorbildliche Frische, rechte Fülle und dennoch Eleganz und ein schönes Finish. Viel Wein für 18 Franken! Score: 17/20 (CHF 18.--. www.shop.bei-tony.ch)

WO GIBTS WAS ZU DEGUSTIEREN?

* 25. bis 28. Februar. Das Wyschiff in Rapperswil – auf Landgang. Es gibt gut 300 Weine von über 20 Schweizer Winzern zu degustieren, die meisten Selbstkelterer aus traditionellen Familienbetrieben. Eintritt: CHF 10.-- (inkl. Wyschiff-Glas). Hotel Schwanen, Seequai 1, Rapperswil. www.wyschiff.ch.

* 29. Februar. 17-20 Uhr. Chianti Classico Gran Selezione. Erstmals präsentieren 40 Chianti-Classico-Winzer ihre Tropfen. 17-17.45 Uhr Seminar Gran Selezione - die Jahrgänge und ihre Protagonisten mit Vinum-Italien-Korrespondent Christian Eder. Anmeldung unter www.vinum.ch. Tageskasse CHF 10.--. Papiersaal, Kalanderplatz 1, Zürich.

* 3. und 5. März. Donnerstag 16-20 Uhr, Samstag 10-18 Uhr. En-primeur-Degustation der besten und rarsten südafrikanischen Weine.  Am Donnerstag ist Emil den Dulk (Foto) von De Toren anwesend, um u.a. den exklusiven, streng limitierten Z Decade zu präsentieren. Am Samstag kommt Mike Ratcliffe von Vilafonté (und Warwick) und stellt seine Series M und C vor. Eintritt frei. Kapweine, Rütibüelstrasse 17, Wädenswil.

* 4. März. 16-20 Uhr. Degustation Schweiz und Österreich. Selten ist solch eine Dichte an Spitzenwinzern aus den Nachbarländern an einem Ort zu bewundern. Eintritt: CHF 30.-- (20.-- werden bei einem Weinkauf ab 100.-- angerechnet). Anmeldung an: events@gerstl.ch. Volkshaus, Zürich. www.gerstl.ch.

* 10. März. 16-20 Uhr. Degustation Schweiz und Österreich. Eine Auswahl aus dem Sortiment der beiden Nachbarländer. Gratis. Anmeldung an: info@weinunddesign.ch. Wein & Design, Rheinsprung 1, Basel. www.gerstl.ch.

De-Toren-Besitzer Emil Den Dulk gibt sich am 3. März in Wädenswil die Ehre.
De-Toren-Besitzer Emil Den Dulk gibt sich am 3. März in Wädenswil die Ehre.
Alain Kunz

* 25. bis 28. Februar. Das Wyschiff in Rapperswil – auf Landgang. Es gibt gut 300 Weine von über 20 Schweizer Winzern zu degustieren, die meisten Selbstkelterer aus traditionellen Familienbetrieben. Eintritt: CHF 10.-- (inkl. Wyschiff-Glas). Hotel Schwanen, Seequai 1, Rapperswil. www.wyschiff.ch.

* 29. Februar. 17-20 Uhr. Chianti Classico Gran Selezione. Erstmals präsentieren 40 Chianti-Classico-Winzer ihre Tropfen. 17-17.45 Uhr Seminar Gran Selezione - die Jahrgänge und ihre Protagonisten mit Vinum-Italien-Korrespondent Christian Eder. Anmeldung unter www.vinum.ch. Tageskasse CHF 10.--. Papiersaal, Kalanderplatz 1, Zürich.

* 3. und 5. März. Donnerstag 16-20 Uhr, Samstag 10-18 Uhr. En-primeur-Degustation der besten und rarsten südafrikanischen Weine.  Am Donnerstag ist Emil den Dulk (Foto) von De Toren anwesend, um u.a. den exklusiven, streng limitierten Z Decade zu präsentieren. Am Samstag kommt Mike Ratcliffe von Vilafonté (und Warwick) und stellt seine Series M und C vor. Eintritt frei. Kapweine, Rütibüelstrasse 17, Wädenswil.

* 4. März. 16-20 Uhr. Degustation Schweiz und Österreich. Selten ist solch eine Dichte an Spitzenwinzern aus den Nachbarländern an einem Ort zu bewundern. Eintritt: CHF 30.-- (20.-- werden bei einem Weinkauf ab 100.-- angerechnet). Anmeldung an: events@gerstl.ch. Volkshaus, Zürich. www.gerstl.ch.

* 10. März. 16-20 Uhr. Degustation Schweiz und Österreich. Eine Auswahl aus dem Sortiment der beiden Nachbarländer. Gratis. Anmeldung an: info@weinunddesign.ch. Wein & Design, Rheinsprung 1, Basel. www.gerstl.ch.

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