Für Sie degustiert: Lagrein
«Ein Wein, der nach... Wein schmeckt!»

Die Südtiroler sind stolz auf ihre rote Vorzeigesorte Lagrein. Völlig zu Recht, wie Vertikalen zweier Top-Lagreins ergaben. Dazu: Wie schmecken die offiziellen Weine der Ski-WM in St. Moritz?
Publiziert: 10.02.2017 um 15:37 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:11 Uhr
Peter Egger Ramer in seinem eiskalten Estrich, in welchem er einen Teil seiner Top-Lagrein-Trauben für die Riserva Kristan antrocknet.
Foto: Alain Kunz
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Alain KunzWein-Kolumnist

«In meinen Venen fliesst Lagrein», bringt es Peter Egger Ramer auf den Punkt. Und Margareth Pfeifer vom Pfannenstielhof doppelt gleich nach: «Wenn ich einem Menschen begegne, der noch nie Wein getrunken hat – ich würde ihm einen Lagrein geben. Denn der schmeckt nach Trauben. Es ist ein Wein, der nach… Wein schmeckt!»

Ein sexy Fenster in den Bozner Talboden. Das Wahrzeichen des Pfannenstielhofs.
Foto: Alain Kunz

Es ist eine Liebesbeziehung, welche die Südtiroler zum Lagrein aufgebaut haben. Mit Betonung auf aufgebaut. Denn in finsteren Wein-Mittelalter-Zeiten wurde Lagrein, eine autochthone Südtiroler Rebsorte, als Farbgebungstraube dem Vernatsch beigegeben oder als Kretzer ausgebaut, als Rosé-Wein. Der Name kommt von der Krätze, also vom Weidekorb, durch den man das Traubengut drückte, um den Saft zu gewinnen und ihn von Schale, Fleisch, Kernen und Stielen zu befreien. Ein einfacher, süffiger Wein, der heute indes eine durchaus ernsthafte Renaissance erfährt.

Johannes Pfeifer vom Pfannenstielhof zieht... eben nicht an einer Pfeife...
Foto: Alain Kunz

Doch hier soll die Rede sein vom Lagrein Dunkel oder Schiava. Eine Namensbeigabe, die am Verschwinden ist, hat sich doch der Begriff Lagrein für Rotwein etabliert.

Der Wein kann entweder in Stahltanks oder in Barriques ausgebaut werden. Das ergibt dann wahlweise einfache, knackige, säurebetonte Alltagsweine. Oder grosse, tanninbeladene wuchtige Weine.

Das von Mönchen aus Muri AG neugegründete Benediktinerkloster Muri-Gries in Bozen. Hier wird der konstanteste Lagrein der Welt gekeltert.
Foto: Alain Kunz

An solch ein Produkt glaubten im Südtirol längst nicht alle. «Um 1970 herum wurden gerade mal noch 250  Hektaren angepflanzt», erinnert sich Christian Werth, als Önologe der Klosterkellerei Muri-Gries so etwas wie der Lagrein-Heilige. «Damals sprach man nur von Cabernet Sauvignon, Merlot und Co. Wir aber glaubten an unseren Lagrein und versuchten ihn im Laufe der Jahre zu verbessern. Vor allem in den Neunziger-Jahren, als wir begannen mit Barriques zu arbeiten. Mittlerweile stehen wieder 450 Hektaren unter Lagrein. Der Glaube ist unverrückbar geworden. Nicht nur in der Hochburg Bozen, auch anderswo.»

Betet Täglich das Lagrein-Vaterunser: Christian Werth, Kellermeister von Muri-Gries, schlicht die Lagrein-Instanz in Südtirol.
Foto: Alain Kunz

Aber das Epizentrum des Lagrein ist und bleibt der heisse Talkessel von Bozen und da insbesondere der Stadtteil Gries, wo das Benediktiner-Kloster steht, das von Mönchen, die aus Muri AG vertrieben worden waren, gegründet wurde. Die Riserva von Christian Werth ist eine Lagrein-Instanz, ein Lagrein-Vaterunser, das praktisch jedes Jahr die drei Gläser von Vini d’Italia abräumt. Heuer indes ging die Maximalnote an den Erbhof Unterganzner von Josephus Mayr und an den Taber der Genossenschaftskellerei Bozen.

Der Waltherplatz in Bozen von einem Fenster das Stadthotels Città aus gesehen: Das Lagrein-Epizentrum der Welt.
Foto: Alain Kunz

Von dieser soll hier nun die Rede sein. Untergebracht in einem altehrwürdigen Bau. Aber nicht mehr lange. Denn die Kellerei ist in österreichische Hände übergegangen. In einem Jahr wird ein Neubau ausserhalb des Stadtkerns bezogen, in Moritzing. «Gut so», sagt Betriebsleiter Stephan Filippi, «denn dort hat es drumherum sechs Hektaren Rebfläche. Das ist imagemässig gut.» Auch für Filippi ist klar: Bozen sei der geeignetste Standort für rote Trauben. «Nur schon wegen der Hitze. Wir machen sechzig Prozent Rotwein, vierzig weiss. Im Südtirol insgesamt ist das Verhältnis genau umgekehrt.»

Die traditionelle Lagrein-Erziehungsform der Rebstöcke: die Pergel. Allmählich am Verschwinden.
Foto: Alain Kunz

Viele Lagreinstöcke sind noch mit der Pergel erzogen, jene spezielle Form, die es vornehmlich noch im Südtirol gibt. «Doch das soll sich ändern», sagt Filippi. «Weil die Kirschessigfliege bei der Pergel aggressiver ist. Weil es einfacher ist, die Trauben zu behandeln, wenn alle dieselbe Erziehungsform haben. Und weil dies die Ernte vereinfacht, denn wir wollen alles gleichzeitig ernten.»

Stephan Filippi, Betriebsleiter der Kellerei Bozen, ist einer jener Lagrein-Vorreiter, der immer an die Stärken der Traube glaubte.
Foto: Alain Kunz

Keine einfache Sache bei so vielen Gesellschaftern. Aber die Betriebsleitung schaut denen genau auf die Finger, was die hohe Qualität der Weine des Betriebs erklärt. «Wir sagen ihnen klipp und klar, was Sache ist. Vermitteln ihnen aber gleichzeitig immer den Eindruck viel wichtiger zu sein als wir im Keller. Was ja auch stimmt», sagt Filippi. Und lächelt.

EGGER-RAMER: DIE KRISTAN-RISERVA-VERTIKALE

Peter Egger Ramer: «In meinen Venen fliesst Lagrein!»
Foto: Alain Kunz

Der Vorzeige-Lagrein von Ex-Eishockeyspieler Peter Egger Ramer heisst Kristan Riserva und besticht schon mal durch eine tolle Etikette. Der Winzer trocknet einen Teil der Trauben an, um eine höhere Konzentration zu erreichen. Das gereicht ihm durchaus zum Vorteil, hat doch der 2016er, den wir aus dem Fass degustiert haben, durchaus das Potenzial, erstmals die begehrten drei Gläser von Gambero Rosso einzuheimsen. Dieser Jahrgang wird von leichten Holznoten markiert, aber viel mehr durch eine schöne Frische, Schmelz im Gaumen, weiche Tannine, viel Frucht gegen Ende, eine knackige Säure im schönen Finish. Dafür gibts 17,5 Punkte – Tageshöchstnote:

Spannend: Die kleine Vertikale von Egger Ramers Topwein Kristan Riserva.
Foto: Alain Kunz

Weiter so richtig gut gefallen haben der 2012er trotz faulen Eiern und Schwefelnoten in der Nase, denn gleichzeitig schimmern Edelhölzer und reife Früchte durch. Und der 2009er, bei dem die Früchte erstaunlich rot sind für einen Lagrein, weshalb er auch etwas grüner ist als die anderen, dies aber durch Power in der Schlussphase und ein langes Finale wettmacht. Für diese beiden Jahrgänge gibts 17 Punkte. Die weiteren Jahrgänge:

  • 2000: 16,5
  • 2011: 16
  • 2013: 16,5

EINE AUSWAHL DER WEITEREN WEINE VON EGGER RAMER

Die ersten 16er sind abgefüllt, so der Weissburgunder, dessen Nase wunderbar floral ist, mit Flieder- und Pfirsichnoten, dann wird er rau, grün-vegetal und ist ziemlich kurz. 15,5 Punkte (CHF 14.90). Der Lagrein Kretzer 2016 – zur Erinnerung: Rosé – hat eine wunderbare Erdbeernase, im Gaumen erstaunlich Schmelz, eine rechte Säure, ist ein durchaus maskuliner, ernsthafter Rosé mit mittellangem Abgang. 16 Punkte (CHF 14.40). Der St. Magdalener Classico Reisegger 2015 ist in der Nase kräuterig, die Farbe erstaunlich dunkel, er ist recht herb und herbal. 15 Punkte. (CHF 14.90). Dann zu den Lagrein dunkel. Der nur in Stahltanks ausgebaute Lagrein Gries 2015 (Foto), also der einfachste aller Lagrein, hat eine kräftige, würzige Nase, ist kräuterig, dunkle Früchte wie Zwetschgen schimmern durch, er hat Schmelz und Power, minzige Frische gegen Ende, eine rechte Länge und er ist sehr trinkig. Ein wunderbarer Lagrein ohne Schnickschnack, der einfach Spass macht. 16,5 Punkte (CHF 15.30). Der 2013er des Lagrein Kristan ist tief-dunkel, hat Holzkohlearomen und ist recht hart. 16 Punkte. Der 2014er weist leichte Tertiäraromen auf, nach Port, aber auch solche nach Schoggi, er ist herb im Gaumen, wirkt nicht ganz kohärent und endet in etwas viel Bittermandeln. 15,5 Punkte (CHF 17.70).

(Die Weine von Egger Ramer gibts bei www.weinvogel.ch)

KELLEREI BOZEN: DIE TABER-VERTIKALE

Hoch spannend: Die grosse Taber-Vertikale in der Kellerei Bozen.
Foto: Alain Kunz

Der beste Taber war der 2011er, ein enormes Konzentrat, das praktisch null Wasserrand aufweist, hingegen Kaffeenoten, komplex ist, mit schönen Tanninen, nach Zwetschgen und Chriesi schmeckt, füllig-saftig ist, in einem langen minzig-eukalyptischen Finale furioso endet. Dafür gibt 18 Punkte! Der älteste degustierte Wein ist der 2009er, der schon leichte Tertiäraromen aufweist, nach Stall und Leder, Aromen von dunkler Schoggi und dunklen Früchten hat, im Gaumen erstaunlich feingliedrig ist, sehr würzig und warm, mit rechten Tanninen, trinkiges schönes Finale. 17 Punkte. Aus dem Fass degustiert habe ich 2014 und 2015. Der 14er ist unglaublich konzentriert, im Gaumen fast rotfruchtig, weshalb er einer gewissen spielerischen Leichtigkeit nicht entbehrt. 17 Punkte. Der 15er ist ebenso konzentriert, würzig, schmeckt nach schwarzer Schoggi, ist füllig, hat eine tolle Struktur, riecht nach… Trauben (eben: Wein!) und hat eine sensationelle Länge. Ergibt 17,5 Punkte. Die weiteren Jahrgänge:

  • 2000: 17,5
  • 2010: 17,5
  • 2012: 17,5
  • 2013: 17
BLICK-Redaktor Alain Kunz (l.) auf Stippvisite im Südtirol.
Foto: ZVG

EINE KLEINE AUSWAHL DER WEINE DER KELLEREI BOZEN

Beginnen wir weiss, mit dem Sauvignon Mock 2015. Ein Wein mit enormem und erstaunlichem Schmelz, die Agrumennoten sind für einmal dezent, der Wein hat die jahrgangstypische Power, schmeckt nach Brennnesseln und Pfirsich und endet wunderbar. Dafür gibts 17 Punkte! (CHF 21.--). Auch wunderbar ist der Weissburgunder Dellago 2015 mit seinen Feuersteinnoten, seiner Kraft und dem tollen Finish. Dafür zücke ich gar die 17,5! (CHF 21.--). Zum Kretzer, der bei der Kellerei Bozen indes Lagrein Rosé Pischl heisst. Der 15er ist fruchtig-mineralisch, schmeckt nach Erdbeeren, ist knackig-frisch und sehr lebhaft. 15,5 Punkte (CHF 13.90 bei www.weinvogel.ch.).

Nun sehen wir Rot, startend mit dem St. Magdalener Classico 2015 (Foto). Einem regelrechten Wein-Urgestein mit unverwüstlicher Retro-Etikette. Ein Wein, der sortentypisch den Vernatsch rüberbringt, mit roten Beeren und Blumen und einem Hauch Teer. Er hat dennoch Schmelz, ein gewisses Volumen (auch weil er mit ein bisschen Lagrein versetzt wurde), ist mundfüllend und fruchtsüss. Geht jeden Tag. Muss man einfach lieben. 16,5 Punkte. Leider in der Schweiz nicht erhältlich. Wenn Sie aber mal in der Region sind: Er kostet bei Spar rund sechs Euro!

Auch ein Traditionsprodukt ist der St. Magdalener Huck am Bach, der frisch, mit Veilchen- und Himbeernoten daherkommt und äusserst süffig ist. Ein wunderbarer Durstlöscher. 16 Punkte. (CHF 15.60. www.weinvogel.ch). Der Lagrein Grieser 2015 ist das Einstiegsgetränk in die Lagrein-Welt von Bozen. Ein Wein mit Beerenaromen irgendwo zwischen rot und schwarz, mit Samtigkeit und Druck. 16,5 Punkte. (CHF 15.50. www.weinvogel.ch). Der Lagrein Perl 2015 hat schon dezente Röstaromen, die Früchte sind dunkel, die Säure ist dezent und das Finale schön. Gibts für CHF 18.50 bei www.vinidamato.ch. Eine halbe Note weniger kriegt der Lagrein Collection Baron Eyrl 2015. Die Nase ist recht rauchig-teerig, der Wein hat Schmelz und Würze, bleibt aber elegant. Score: 16,5. (CHF 18.60 beiwww.weinvogel.ch). Preislich bereits in einer anderen Kategorie spielt der Lagrein Riserva Prestige Line 2013 (Foto). Ein schwarzbeeriger Wein mit Schogginoten, Würze, präsenten  Tanninen und schöner Länge. Score: 17,5/20  (CHF 33.50).

(Die nicht speziell gekennzeichneten Weine gibts alle bei www.vinothek-brancaia.ch)

WEITERE LAGREIN

Hier eine Auswahl weiterer Lagrein aus dem Südtirol, wobei die namhaftesten allesamt vertreten sein sollten:

  • Lagrein Riserva 2013 Ansitz Waldgries, Bozen: Edle Hölzer, kirschig, teerig, dunkel, Würze, Harz, leichtes Parfüm, Bittermandeln Schmelz, Power, Druck, Mundfülle, schöne Länge. Sehr internationaler Wein. Score: 17/20 (CHF 32.—für Jahrgang 2014. www.danimatterweine.ch).
  • Lagrein Kretzer 2015 Klosterkellerei Muri-Gries: Mineralische Nase, Erdbeeren, im Gaumen etwas CO2, prickelt, Fruchtsüsse, knackige Säure, Power, Schmelz, Struktur, minzige Frische. Ein Super-Rosé Christian Werth: «Lagrein ist sehr gut geeignet für Rosé. Nicht umsonst hat er eine sehr lange Tradition. Wir haben noch eine Presse aus dem Jahr 1549 im Kloster. Und: Es ist alles andere als einfach, einen guten Rosé zu machen!» Score: 16,5/20 (CHF 14.90 für Jahrgang 2016. www.weinvogel.ch).
  • Lagrein Kretzer 2015 Rottensteiner, Bozen (Foto): Fruchtige Nase, Himbeeren, im Gaumen Schmelz, fleischig, dezente Säure, floral, mittleres Finale. Score: 16/20 (CHF 12.90. www.weinvogel.ch).
  • Lagrein 2015 Klosterkellerei Muri-Gries, Bozen: Extrem dunkle Farbe, extrem dicht. In der Nase Chriesi und Zwetschgen, schwarze Früchte, viel Power, enorme Trinkigkeit, Würze, samtene Textur, weiche Tannine, Pfeffer, Nägeli, Frische, florales Finale, recht lang. Unglaublich süffiger Wein. Solch eine Flasche trinkt man locker alleine... Schraube locker mit dieser Wertung? Ist mir egal. Das Ding ist die Punkte wert! Score: 17,5/20 (CHF 16.95. www.nauer-weine.ch).

 

  • Lagrein Riserva Abtei Muri Klosterkellerei Muri-Gries 2014 (Foto): Wunderbar ausladende, kirschige Nase, auch Zwetschgen, reife Früchte und Würze, im Gaumen Power, samten, wunderbar feinkörnige Tannine, hoch elegant, dunkle Schoggi gegen Ende, Minze, viel Frische, Super-Länge. Toll! Score: 18/20 (CHF 35.50. www.nauer-weine.ch).
  •  Lagrein vom Boden 2015, Pfannenstielhof, Bozen: Tolle Erdbeernase, Johannisbeeren, Kräuter, samten, schöne Säure, Power, reife Tannine, Wärme, frisches, recht langes Finale. Score: 16,5/20 (CHF 19.90 für Jahrgang 2016. www.weinvogel.ch).
  • Lagrein Riserva 2013 Pfannenstielhof, Bozen:Dunkle, tiefe Nase, etwas Röstaromen, aber auch dunkle Früchte, im Gaumen sehr sauber, Power, dicht, Druck, Zwetschgen, leichte Bittermandeln, frisches, mittellanges Finish. Score: 16,5/20 (CHF 29.60 für Jahrgang 2014. www.weinvogel.ch).

 

UND ZWEI GEREIFTE LAGREIN

  • Lagrein Riserva Abtei Muri 2003, Klosterkellerei Muri-Gries, Bozen: Überreife Noten, leichte Tertiäraromen, enorme Frucht im Gaumen, rechte Säure, lebhafte Tannine, fast kompottige Frucht, dennoch sehr frisch, mächtiger Wein, wunderbar lang. Score: 17/20.
  • Lagrein Riserva Select 2000, Rottensteiner, Bozen: Leicht medizinale Nase, dahinter Fruchtnoten, erstaunliche frische, Eleganz, Power, feine Tannine, mundfüllend, toller Wein mit wunderbarer Länge. Score: 18/20 (Der aktuelle Jahrgang ist 2013. Er kostet CHF 19.80. www.weinvogel.ch).

WEIN DER WOCHE: EIN SÜDTIROLER NAMENS SCHWEIZER

Sind nun die Schweizer Pinot Noir besser oder jene aus dem Südtirol? Sorry, liebe Italiener, da ist die Antwort für mich klar: Es gibt wohl zwei, drei Ausnahmeweine in der Autonomen Region Bozen. Aber wir haben die Nase vorne. In der Anzahl hochwertiger Blauburgunder. Und an der absoluten Spitze. Eine dieser Ausnahmen ist der Pinot Noir Schweizer von Südtirols Obertüftler Franz Haas, den dieser auf burgundische Art und Weise vinifiziert, die Gärung der Trauben, die auf 700 Metern in besten Lagen wachsen, also in offenen Holztanks vornimmt. Der nicht in jedem Jahr produzierte Schweizer hat allerdings das Problem, nicht immer auf gleichem Niveau zu sein, weshalb es schon lange keine drei Gläser mehr für diesen Wein gab. Beim 2012 ist das ein Irrtum. Und warum heisst der Wein Schweizer? Es ist eine Hommage an den Designer von Haas’ Etiketten, den berühmten italienischen Maler Riccardo Schweizer. Der 2012er besticht durch eine kräuterige Nase, ist wohl leicht spitz, aber frisch, im Gaumen hat er viel Finesse, ist leichtlebig-easy, gleichwohl komplex, schmeckt nach roten Beeren, alles sehr einfach, alles perfekt gemacht, vier Buchstaben: toll! Score: 18/20 (CHF 49.50. www.zweifelvinarium.ch).

UNSERE WM-WEINE: NUR DER FRANCIACORTA IST MEDAILLENWÜRDIG

Die drei offiziellen Weine zur Ski-WM in St. Moritz. Fragen erlaubt.
Foto: Alain Kunz

So, und nun weg vom Südtirol, ab in die Schweiz – und doch wieder nach Italien. In St. Moritz hat die Ski-WM für uns mit einer ersten Medaille schon mal recht gut begonnen. Zeit, ein erstes Mal auf Lara Gut anzustossen. Und was eignet sich da besser als die offiziellen WM-Weine? Doch eignen sie sich wirklich? In zwei von drei Fällen heisst die Antwort: leider nein! Und eine Frage muss erlaubt sein: Warum kommen zwei der drei WM-Weine aus Italien? Nichts gegen Italien, aber es hat doch im Bündnerland genügend tüchtige Winzereien, die tollen Wein keltern. Vielleicht ist es eine Frage der Menge, das zumindest wäre eine tolerable Antwort.

Also. Der Schweizer unter den Dreien ist der Blanc de Noir 2016 vom Weingut Von Salis aus Maienfeld. Ein Weisser aus Pinot-Noir-Trauben. Die Nase geht da noch, ja sie besticht gar durch Pfirsich-, Melonen und Honignoten. Die Skepsis stellt sich aber gleich ein: Honig? In der Tat ist der Wein im Gaumen unendlich süss, penetrant süss, danach wurde ein bisschen Säure draufgepappt, damit es dann doch wieder kein Süsswein ist, er ist fett und gegen Ende vegetal. Natürlich liebt der Durchschnittstrinker ein bisschen Süsse. Diese Weine schneiden bei Blinddegustationen am besten ab. Aber gleich so viel, dass der Wein total aus den Fugen gerät? Nein! 14 Punkte (CHF 18.--).

Nicht viel besser ist der rote. Nicht besser, aber die Antithese zum Weissen. Der Valtellina Superiore 2013 von Triacca – aus der Nebbiolo-Traube gewonnen – hat eine sehr florale Nase, es finden sich Veilchen, Heublumen, aber auch Holzkohle, im Gaumen ist er sehr rauchig, ja schmeckt richtig nach Weihrauchstäbchen aus dem Nahen Osten, die Frucht ist sehr dezent, er ist feingliedrig und spröde. 15 Punkte. (CHF 19.--).

Der grosse Lichtblick ist der Schaumwein. Da hätten die Schweizer aus dem Bündnerland Mühe, etwas Besseres zu bieten. Selbst Donatsch. Der Franciacorta Brut von Plozza, der in limitierter Zahl für die WM abgefüllt wurde, hat eine einnehmende Nase mit herben Kräuternoten, im Gaumen etwas Hefe, Brot, Würze, im Mund schäumt er wunderbar dank einer feinen Perlage, er ist crèmig, gegen Ende schimmert Fenchel durch, das Finale ist lang. Mmh! Fazit: Zu gut, um verspritzt zu werden. Und doch: Der Korken liess sich kaum entfernen. Und als es dann passierte, schäumte der Schäumer gleich über. Also doch der perfekte Wein für eine Siegerehrung. Zum Beispiel von Weltmeisterin Wendy Holdener! 17 Punkte (CHF 29.--).

WO GIBTS WAS ZU DEGUSTIEREN?

  • 20. Februar. 18 bis 20 Uhr. Die grossen Rotweine aus Valpollicella. Die einzigartige hügelige Landschaft nördlich von Verona ist Heimat aussergewöhnlicher Rotweine: Amarone, Recioto, Ripasso und Valpolicella. 18 Weingüter sind anwesend. Dazu als Special Guest das Consorzio Tutela Formaggio Asiago. Frei mit Voranmeldung. Abendkasse CHF 10.--. Restaurant Metropol, Fraumünsterstrasse 12, Zürich. www.vinum.ch.
  • 20. Februar. 17 bis 20 Uhr. Dia del Vino. Der grosse Tag des spanischen Weins. 39 namhafte Schweizer Importeure präsentieren mehr als 360 Bodegas und fast 800 Weine. Achtung: Einlass nur mit Einladung. Die gibts unter: berna.vinos@comercio.mineco.es oder mail@casadelvino.ch. Kosten: CHF 10.--, die beim Eintritt zu entrichten sind. Kongresshaus Zürich. www.winesfromspain.ch.

     

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