Jedes Jahr kürt der Branchenverband der Walliser Weine seine Besten. Heuer zum 12. Mal. Und der Allerbeste der acht erleuchteten Weine, jener mit der höchsten Note des gesamten Wettbewerbs (1000 Weine!), darf ein Jahr lang das Fähnchen der Schweiz aufrecht halten. Einen solchen Wein wählt jede der sechs Weinregionen der Schweiz. Doch natürlich erheischt jener aus der grössten Region am meisten Aufmerksamkeit: jener aus dem Wallis.
«Schweizer Weine sind nach wie vor eines der bestgehüteten Geheimnisse Europas», sagt Branchenverbands-Präsident Gérard-Philipe Mabillard. Der Mann muss es wissen, reist er doch viel in der Weltgeschichte herum, um die Weine aus seinem Kanton zu propagieren. Nun, eine wirkliche Überraschung kann das gar nicht sein, wenn gerade mal zwei, drei Prozentchen unserer Gesamtproduktion exportiert werden.
Mit den Weinbotschaftern soll sich dies, ein bisschen zumindest, ändern. «Einige Flaschen gehen ans Centre Culturel de Paris, wo die Weine an offiziellen Anlässen eingesetzt werden», erklärt Jean-Marc Amez-Droz, Präsident von Swiss Wine Promotion, was mit den Siegerflaschen passiert.
Ein grosser Fan der Schweizer Weine ist auch einer der Stargäste der Verleihung der Sterne des Walliser Weins im Hotel Innere Enge in Bern: Thibaut Monnet, WM-Silbermedaillengewinner mit der Schweiz, Gewinner der Champions Hockey League mit den ZSC Lions, heute im Solde von Ambri-Piotta: «Ich freue mich so viele gute Weine aus unserem Kanton zu sehen. Da bin ich immer gleich stolz darauf, Walliser zu sein!»
In der Tat: Das Niveau der Siegerweine war, wie auch schon letztes Jahr, enorm hoch. Das zweitplatzierte Gewächs, der Petite Arvine 2016 von Diego Mathier, war nur um einen Zehntelpunkt «schlechter» als der Gewinner und hätte den Sieg ebenso sehr verdient. «Wenn man ins Ausland geht und die Rede ist von Schweizer Weinen, dann kommt man immer sehr schnell auf Petite Arvine zu sprechen», sagt denn auch die Walliser Kantonsönologin Corinne Clavien. «Das ist die Traube mit dem grössten Renommée. Und im Jahr 2016 waren die Weine aus dieser Traubensorte fantastisch wie noch nie! Die Petite Arvine hat ihre Erde im Wallis definitiv gefunden.»
Nun aber zum Sieger, dem Cornalin 2016 von Chai du Baron aus Bramois. Ein Newcomer-Weingut! 2016 ist erst der dritte Jahrgang von Patrice Walpen. Das Gut mag jung und grün hinter den Ohren sein, der Chef ist es nicht. «Ich habe zehn Jahre lang in Südafrika gearbeitet, auf der Sonop Wine Farm, einem kleinen organischen Betrieb, der dem Walliser Jacques Germanier gehört», sagt Walpen. Danach war er zehn Jahre lang Direktor des Weinhauses Les Fils de Charles Favre in Sion. «2015 dann habe ich die Kellerei zusammen mit meiner Frau gekauft.» Eine historische Kellerei übrigens. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1700. Walpen: «Es soll so sein wie in Frankreich: Die Besitzer mögen kommen und gehen. Nicht aber die Châteaux. Wir Besitzer eines solchen Gebäudes sind schlicht einzig die Hüter des Ortes!» Was die ganze Sache für Walpen speziell macht: «Ich bin in Bramois geboren. Das ist mein Dorf. Auch wenn ich zwanzig Jahre weg war. Das Ganze ist immer noch enorm aufregend für mich!»
Wie auch sein Siegerwein, der 16er Cornalin. Derweil bei der anderen bekannten autochthonen roten Walliser Sorte Humagne Rouge nach wie vor begründete Zweifel bestehen, ob echt grosse Weine daraus gekeltert werden können, sind diese beim Cornalin mittlerweile ausgeräumt. Schon zu viele einzigartige Vertreter konnte man in den letzten Jahren entdecken. Einige Namen: Quintessence von Benoît Dorsaz, Antica der Domaine Cornulus, Denis Mercier, Bernunes von Nicolas Zufferey, Champmarais von Jean-René Germanier, Combe d’Enfer von Claudy Clavien, Adrian Mathier von Nouveau Salquenen usw.
Interessant. Die uralte Sorte, die bereits im 14. Jahrhundert im Wallis gepflanzt wurde und als «Neyrum» bekannt war, also als schwarze Traube, hiess später Rouge du Pays und wurde erst 1972 in Cornalin umgetauft. Obwohl die natürliche Kreuzung aus Mayolet x Petit Rouge als autochthone Walliser Rebsorte gilt, hat sie ihre Ursprünge im italienischen Aostatal. Spannende Geschichte!
Genug der Worte – auf zu den acht Kategoriensiegern!
- Cornalin 2016, Chai du Baron, Bramois (Foto): Eher dezente Nase, Frucht zwischen rot und schwarz, etwas CO2, Süsse, konzentriert, enorm frisch und trinkig, Kräuter, Würze, recht lang. Score: 17/20 (CHF 24.--. www.chaidubaron.ch)
- Dôle 2016, Cave la Petite Saviésanne, Savièse: Rotkirschige Nase, Johannisbeere, Holzkohle, Schmelz, wenig emotional, trinkig. Score: 16/20 (Infos: http://www.facebook.com/lapetitesaviesanne)
- Humagne Rouge de Chamoson 2016, Cave le Banneret, Chamoson (Foto): Rotfruchtige Nase, Veilchen, Erdbeeren, Cassis, Fülle und Schmelz, knackige Säure, Frische, nur minim vegetal, mittleres Finish. Einer der schönsten Humagne Rouge, die ich bislang getrunken habe. Und ich habe schon viele versucht… Absolut empfehlenswert! Score: 17/20 (CHF 20.--. www.banneret.ch)
- Syrah Grand Cru Ville de Sion 2015, L’Orpailleur, Uvrier: In der Nase, verhalten, aber komplex, Röstaromen, Würze, filigran, Pfeffer, Peperoni, Fülle, schöne Fruchtaromatik und -süsse, Bittermandeln, recht langes Finish. Toll! Score: 17,5/20 (CHF 30.--. www.orpailleur.ch)
- Johannisberg Chamoson Grand Cru 2016, Domaine Jean-René Germanier, Vétroz (Foto): Exotische Noten, Marzipan, Mineralität, Apfel, Frische, Bittermandeln, Power, dennoch elegant-filigran, Länge, wunderbar! Score: 17,5/20 (CHF 26.--. www.jrgermanier.ch)
- Fendant Rêverie 2016, Régence Balavaud, Vétroz: Leicht vegetal, viel CO2, (zu viel), aber schöne Säure, Apfel, recht opulent für einen Fendant, etwas grün, mittleres Finale. Score: 15,5/20 (CHF 14.--. www.regence.ch)
- Petite Arvine Les Pyramides 2016, Adrian und Diego Mathier Nouveau Salquenen, Salgesch (Foto): Fische, Frucht, Agrumen, Pfirsich, florale Noten, weisser Flieder, Kraft, tolle Säure, Frische, füllt den Gaumen wohl aus, bleibt aber zu jedem Zeitpunkt elegant, ein aristokratisches Gewächs mit tolle Länge. Etwas vom Besten des Jahres 2016 aus dem Wallis! Score: 18/20 (CHF 24.--. www.mathier.com)
- Heida Cave du Rhodan 2016, Mounir Weine, Salgesch: Wunderschöne Nase nach reifen Früchten, exotisch, Fülle, Wachs, Äpfel, leichtes CO2, Säure, Fülle, etwas bitter im Finale. Score: 16,5/20 (CHF 22.--. Ausverkauft bei www.rhodan.ch. Für CHF 23.50 findet man ihn bei: www.schubiweine.ch)
Und noch der Heida 2016 von Chai du Baron (Foto), aufgeschnappt bei Mövenpick: Ausladende Nase mit Flieder, Blüten, exotisch, viel Frucht! Tragende Säure im Gaumen, Power, Schmelz, recht elegant, nie zu breit, minim vegetal, schönes Finish. Top Wein! Score: 17,5/20 (CHF 27.50. www.moevenpick-wein.com).
BUCHTIPP: AUTOUR D’UN VERRE DE VIN
Gérard-Philippe Mabillard ist nicht bloss Präsident des Branchenverbands der Walliser Weine. Er ist auch ein Schöngeist mit Vorlieben für Kino und Fotografie.
Eben hat er sein neues Buchprojekt vorgestellt, in welchem 120 Kunstschaffende zugunsten der Stiftung Moi pour Toi mitgewirkt haben. Im Bildband «Autour d’un verre de vin» findet man Portraits von über 100 Promis aus den Bereichen Film, Musik, Fotografie, Sport, Kunst, Wein und Gastronomie.
Nicht willkürlich zusammengetragen. Nein, sie alle sind irgendwie mit einem Glas Walliser Wein in Szene gesetzt worden. Ob Quentin Tarantino, Zinédine Zidane, Woody Allen oder Oliver Stone… Alle sind sie mit dem verbindenden Glas abgebildet. Mabillard hat die Mehrheit der Fotos selber gemacht. Einige namhafte Fotografen haben ihn unterstützt. «Mit diesem persönlichen Projekt wollte ich meine Leidenschaft dafür einsetzen, anderen zu helfen», sagt Mabillard. Denn der Erlös aus dem Buchverkauf geht an die Stiftung Moi pour Toi zugunsten der Kinder in Pereira in Kolumbien.
(Autour d’un verre de vin. Editions Glénat. ISBN 978-2-940446-55-4. CHF 30.--. www.lesvinsduvalais.ch)
WEIN DER WOCHE: CHOCOLATE BLOCK 2015
Die machen eine unfassbare Million Flaschen von diesem «Ding» auf Boekenhoutskloof! Und jetzt lesen Sie hier, an dieser Stelle, von diesem absoluten Massenprodukt, vom Chocolate Block? Ja, lesen Sie, Und wissen Sie warum? Weil es der Wein schlicht verdient hat. Weil dieses «Ding» gopferdammi gut ist. In der Nase ist es absolut sauber und komplex, mit einem leicht mineralischen Touch, die Struktur ist einwandfrei, es hat Power, die Tannine sind wunderschön - nicht zu geschliffen, nicht zu grün -, die nötigen Pfeffernoten sind präsent, ohne die ein Syrah kein Syrah wäre, der Wein ist spritzig, süffig und hallt endlos nach. Der Chocolate Block ist allerdings kein reiner Syrah. Die Assemblage: 71% Syrah, 15% Grenache Noir, 8% Cabernet Sauvignon, 5% Cinsault, 1% Viognier. Erstmals stammen die Trauben vollumfänglich aus Swartland. Das mag auch erklären, weshalb dieser Jahrgang wohl der schönste aller bisherigen ist und die Ernennung zum Wein der Woche wohlverdient. Score: 18/20 (CHF 29.90. Ab sechs Flaschen: CHF 29.90. www.chocolateblock.ch. Oder bei Kapweine in Wädenswil vorbeigehen).