Am Tag der Sterne adelt der Branchenverband der Walliser Weine acht Topgewächse aus dem eigenen Kanton. Der beste Fendant, Petite Arvine, Heida, Johannisberg, Cornalin, Humagne Rouge, Syrah und Dôle. Der Ort, an welchem die Gala vonstatten geht, ist spektakulär – der Sonnenberg hoch über Zürich. Und die Weine?
Die sind es manchmal auch. Manchmal weniger. Dieses Jahr? Selten war die Werkschau derart hochstehend. Fünf der acht sind Ausnahme-Gewächse. Zwei sind sehr schön. Und nur einer Mittelmass, der Johannisberg Goldtropfen der Weinschmiede Schmid in Salgesch. Zu breit, zu fett, too much! (15/20).
Speziell gut ist der beste Petite Arvine 2015, derjenige der Cave Gilbert Devayes aus Leytron. Orangen und exotische Früchte im Gaumen, Mineralität, Feuerstein, eine knackige Säure, Frucht, trotz der Fülle schlank, elegant und geradlinig, minzig frisch, langes Finish. Dieser Wein dokumentiert vorzüglich, warum Petite Arvine die eigentliche Waliser Vorzeigetraube ist. Dafür gibts – verdiente – 18 Punkte. (19 Franken. www.gilbertdevayes.ch)
Mit dem Wein hat Winzer überdies einen neuen Preis verliehen erhalten, der erstmals verliehen wurde: Devayes Petite Arvine 2015 ist der erste offizielle Schweizer Weinbotschafter. 200 Flaschen davon werden unser Land fortan offiziell im Ausland repräsentieren. Jean-Marc Amez-Droz, Generalsekretär von Swiss Wine Promotion: «Wir wählen aus jeder der sechs Schweizer Weinregionen einen dekorierten Wein aus. Den Anfang macht das Wallis. Vom Petite Arvine gehen jetzt zum Beispiel hundert Flaschen an das Centre Culturel in Paris.»
Devayes freute sich über die Wahl: «Es ist eine grosse Ehre, der erste Botschafter des Schweizer Weins zu sein.» Den Preis übergab ihm Nicolas Bideau, Leiter von Präsenz Schweiz, der seinerseits mit dem Ehrenstern des Walliser Weins ausgezeichnet wurde. Kein Zufall...
Zu den weiteren Weinen. Fast auf gleichem Niveau wie Devayes’ Petite Arvine waren der Païen Les Serpentine 2014 der Cave Gérald Besse in Martigny. Weich, frisch, elegant, Quitte, ein ganz zarter Heida. Score: 17,5/20. (27.50 Franken. www.besse.ch). Dieselbe Zahl gibts für den Cornalin Grande Réserve Les Empereurs 2014 der Cave La Romaine, der erstmals in dieser Form in die Flasche kam. «Wir verwenden dieselben Trauben wie beim Basis-Cornalin», erzählt Winzer Joël Briguet. «Nur reifen diese nun in Barriques. Ich habe lange nicht am Cornalin in kleinen Holzfässchen geglaubt. Mit diesem Wein hat sich das geändert.» Völlig zu Recht!
Die Nase ist ausladend-würzig, die Fruchtnoten sind dunkel, er ist leicht kräuterig, Thymian findet sich, auch Minze, er ist enorm frisch, füllig, aristokratisch elegant und lang. Kurz: Toll! Und das sage ich nicht bloss, weil ich den Briguets den Preis überreichen durfte... (Jahrgang 2014 ausverkauft. Reservation des 15ers für 195 Franken pro Sechserkarton möglich.) www.cavelaromaine.ch).
16,5 Punkte gabs für den Fendant Cave de l’Etat du Valais 2015 der Domaine La Grand Brûlée (foto) und den Humagne Rouge Primus Classicus 2015 von Orsat. 16 Punkte machten der Syrah der Cave Ardévaz 2015 der Familie Rachel Boven aus Chamoson und der Dôle de Chamoson Mélograno 2015 der Cave du Vidomne von Catherine und Meinrad Gaillard.
Und nicht unerwähnt bleiben sollen jene Weine, die üblicherweise nie Erwähnung finden, nämlich die zum Apéro kredenzten Tropfen. Sie verdienen es nämlich – auch wenn sie nicht aus dem Wallis stammten: Da ist zum einen der Räuschling 2015 des Weinguts Haug aus Weiningen (Foto), der erstaunlich säurearm ist, was dem heissen Jahrgang geschuldet ist, trotz seines Volumens, aber elegant und trinkig bleibt. Dafür gibts 16,5 Punkte. Und der Rudolfinger Malbec 2014 des Weinguts zur Trotte, der kräuterig, fruchtsüss und würzig daherkommt (16 Punkte).
Jahrgang 2016: Hohe Erwartungshaltung
Derweil in grossen Weinregionen wie dem Burgund das Weinjahr 2016 desaströs war, ist im Wallis das Gegenteil der Fall. Cédric Leyat, Önologe von Diego Mathier, dem frisch gebackenen Winzer des Jahrzehnts, bezeichnet 2016 als «Wartejahr»: «Man musste den richtigen Zeitpunkt geduldig abwarten um zu lesen. Es dauerte länger, doch was wir nun im Keller sehen, ist hoch interessant!» Im Gegensatz zu anderen Regionen blieb das Wallis weitestgehend von Frost verschont. «Zudem hatten wir dank unseres speziellen Klimas heuer keine Probleme mit Mehltau und mit der Suzuki-Fliege.» Ist 2016 gar besser als das warme und sonnige 2015? «2016 ist sicher das komplexere Jahr. Eines für Leute, die tanninbetontere Weine mögen. So wie ich.»
Nehmen wir einen olfaktorisch-gustatorischen Augenschein bei der Petite Arvine aus dem Fass. Der Wein ist schon stabilisiert, die zweite Gärung, also der biologische Säureabbau, macht man bei dieser Traubensorte nie. Es riecht nach Grapefruit, der Wein ist füllig, weist eine tolle, ausgeprägte Säure auf. Da ist man auf dem Weg zu 17 Punkten. Gar einen Potenzial-Punkt mehr gibts für ein Fass, in welchem dieselbe Traubensorte schlummert, die einst in der Top-Assemblage Ambassadeur weiss Eingang finden soll: Wieder Grapes, aber auch Mandarinli, Salz, schöne Struktur, Frucht und Fülle sowie knackige Säure. Die Süsse kommt von der Frucht und der Batonnage. Also vom Aufrühren der Hefe während der Gärung. Denn dieses Fass ist knochentrocken ausgebaut.
Und wenn wir schon beim weissen Ambassadeur sind: Was erwartet uns beim Jahrgang 2015? Der Wein ist füllfertig. Die Probe entspricht also dem, was demnächst in den Flaschen sein wird. Wir stellen fest: Der Wein weist ein blasses Ocker- bis Goldgelb aus. In der Nase riecht man einen leichten Holzton, handkehrum viel exotische Frucht wie Lychees oder Ananas, die mineralischen Noten hingegen sind eher dezent. Im Gaumen ist die Struktur makellos, die Säure knackig, der Wein hat Power, Fülle und ist wunderbar lang. Zudem kehren die Fruchtnoten zurück. Sehr schön. 17,5 bis 18 Punkte! Demnächst zu bestellen für 39 Franken unter www.mathier.com.
Cave du Chavalard: So muss Gamay sein!
Cave du Chavalard? Nie gehört. Ich muss zugeben: Ich bis zu jenem November-Tag auch nicht, als Gilles Caron-Federer aus Branson-Fully in Zürich seine Weine vorstellte. Der Keller ist denn auch kein Traditionsbetrieb. Gilles’ Vater Vincent hat ihn 1988 gegründet. Seit 2011 ist der Junior zuständig.
Sechs Weine versucht, zwei sind hängengeblieben. Zum einen der Gamay de Fully Vieilles Vignes 2015, der hoch-floral und mit Erdbeer-Noten daherkommt. Toll, diese eher dunkle Nase. Im Gaumen hat er Schmelz, ist teerig, enorm frisch, kraftvoll und doch süffig-leicht. So muss ein Gamay sein! Dafür gibts 16,5 Punkte (9.90 Franken in der 3,75-dl-Flasche. Die Grosse ist vergriffen). Auch wunderbar: Die rote Sélection Federer aus 60% Merlot und 40% Cabernet Sauvignon. Zuerst gibts einen Schwaden Parfüm von den Barriques, Früchte zwischen rot und schwarz, im Gaumen ist der Wein feingliedrig und sauber, hat dennoch Druck, ist recht würzig mit einem schönen, recht langen Finale. Auch hier: 16,5 Punkte (32 Franken. www.caveduchavalard.ch)
Vinea-Nachlese: die fünf besten Walliser 2016
Als ich meinen jährlichen Streifzug durch den Salon der Vinea in Sierre machte, da wars noch Hochsommer! Fast 30 Grad. Der Schatten, den die Zelte der Winzer spendeten, ein kategorischer Imperativ. Was mich nicht daran hinderte, einige Entdeckungen zu machen. Und Bestätigungen bekannter grosser Walliser Weine. Diese stelle ich Ihnen hier nun vor. Eingang finden indes nur die allerbesten Weine, jene mit mindestens 17,5 Punkten. Also nahe an der Weltklasse. 41 Weine verkostet. 5-mal die 17,5 gezückt. Welche waren das? Kommen Sie mit auf eine kleine VS-Reise.
Das Weingut ist mini, die Cave La Danse in St-Léonard. Die Frau von Winzer Francis Salamin führt das Buffet de la Gare im Dörfchen gleich neben Sion. Eine seit Jahren mit GaultMillau-Punkten bedachte Institution. Wunderbares Lokal. Wie auch die Petite Arvine von Monsieur Salamin! Eine Nase voller Zitrusaromen, mit Schmelz im Gaumen, knackiger Säure, schlankem Bau mit dennoch Volumen, minziger Frische, leichter Salznote und schöner Länge. Fraglos toll! (22.Franken. www.cave-la-danse.ch).
Weit bekannter – auch durch einen Blitzbesuch eines Parker-Degustators – ist die Domaine des Muses von Robert Taramarcaz in Sierre. Berühmt ist der Laienschauspieler für seinen Fendant, der am GP du Vin Suisse den Kategoriensieg geholt hat, und für seine Petite Arvine. Doch diesmal gehört mein Herz dem Heida Tradition 2015, einem Wein mit hefigen Noten, crèmiger Konsistenz, leicht vegetal, Marzipan-Noten, im Gaumen Frische, Fruchtsüsse, Nervigkeit, Volumen, stützende Säure und gute Länge. (28.50 Franken. www.domainedesmuses.ch).
In die Kategorie Ikonen gehören Anne-Catherine und Denis Mercier, auch aus Sierre. Zum einen für ihren Cornalin. Dem 14er gaben wir 17 Punkte, wie auch dem 15er Petite Arvine. Zum anderen für den Syrah. Ein Walliser Monument! Der 14er kommt mit etwas Schwefel in der Nase daher, ist würzig, dunkel, riecht nach verbranntem Holz, im Gaumen hat er dann viel Frucht, Volumen, Minze, ist äusserst frisch, elegant und der Abgang ist wunderbar lang. (45 Franken. www.mercier-vins.ch).
Dass im Wallis Merlot wunderbar reift, ist nicht gerade eine Sensationsansage. Nur wird dort die Tessiner Vorzeigetraube nicht allzu aggressiv beworben. Weil sie standardmässig ins Ticino gehört. Und wegen der vielen autochthonen Walliser Sorten, dem traditionellem Pinot Noir sowie der mittlerweile fast schon adoptierten Syrah-Traube. Schade. Was uns Provins mit der Titan-Linie ein weiteres Mal beweist. Das ist jene Linie, für welche die Weine im Innern der Staumauer Grande Dixence (der höchsten der Welt mit 285 Metern!) auf 1500 Meter ü.M. bei konstant 7 Grad Lufttemperatur reifen. Der Merlot 2013 also ist der schönste der fünf Weine der aktuellen Linie. Er hat eine kirschige Nase, auch Heidelbeeren finden sich, Pflaumen, Würze, etwas Holznoten, der Körper ist schön, die Tannine reif, eine leichte Adstringenz offenbart sich, Schmelz und Eleganz auch, er ist frisch, mit einem Bittermandel-Finale, und recht lang! (38.90 Franken. www.provins.ch).
Nur zu einem Viertel ist der «4 Elements» ein Walliser Wein, denn er ist ein Gemeinschaftswerk von zwei Waadtländer Winzern und je einem aus Genf und dem Wallis. Dieser ist Christophe Jacquod und kommt aus Bramois. Um die Assemblage aus drei Schweizer Weinregionen wird ein Geheimnis gemacht. Der Wein geht denn auch als Vin Suisse und ohne Jahrgang durch, damit die Winzer sich alle Optionen offenhalten können! Due Nummer III habe ich degustiert – und war baff! Die Nase ist fruchtig, Johannisbeeren, Cassis, im Gaumen Schmelz, er ist geradlinig, die Tannine reif, enorm frisch-süffig, knackig, mit Pfefferminznoten im langen Finale. Für den weissen «4 Elements» gibts übrigens 16 Punkte. Das ist insofern relevant, als es die beiden ganz speziellen Flaschen nur gemeinsam und nur im Magnumformat in einer wunderschönen Holzkiste gibt. Diese kostet 140 Franken. Erhältlich bei u.a.: www.jacquod-vins.ch.