Für Sie degustiert: Weine aus «Tirol»
Hotelier und Winzer spannen zusammen

Tirol? Nein. Wein gibts dort nicht. Wohl aber Besitzer von Weingärten wie die Hoteliersfamilie Reiter. Die hat zusammengespannt mit Kultwinzer Johann Schwarz. Das Resultat ist im Fluss.
Publiziert: 26.10.2017 um 15:18 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 06:05 Uhr
Furchteinflössend wie in «Hostel» – nicht? Johann Schwarz posiert für die Kultetikette seiner Weinlinie namens «The Butcher».
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Alain KunzWein-Kolumnist

Karl Reiter ist Hotelier. 1982 begann er damit, das Posthotel Achenkirch, irgendwo zwischen dem österreichischen Zillertal und der bayerischen Ski-Hochburg Lenggries gelegen, in eine Wohlfühloase umzuwandeln. Heute steht das Haus für puren Luxus. Doch Reiter ist auch Weinfan, wollte seine eigenen Weine. Weil das im Tirol – klimatisch bedingt – nicht eben gut geht, erwirbt er Weingärten im Leithagebirge, dem Hügelzug, der Wien von Neusiedlersee trennt. Ein 400 Meterchen hoher Zug, nach wissenschaftlicher Doktrin dennoch ein Ausläufer der Alpen, der sich vor fünf Millionen Jahren aus dem Urmeer erhob. Für die Österreicher die spannendste Weinbauregion des Landes.

Die Panta-Rhei-Weine sind das Ergebnis des Zusammenspannens der Hotelierfamilie Reiter und von Kultwinzer Schwarz.
Foto: Alain Kunz

«Der Karl kam eines Tages zu mir sagte und fragte mich, ob ich die Weine aus den Reben vinifizieren wolle, die er gekauft habe. Klar sagte ich zu», erinnert sich Schwarz an die Anfänge der Zusammenarbeit. Das Projekt Panta Rhei ward geboren. Panta Rhei, das ist die Flussformel des griechischen Philosophen Heraklit. Vor 2500 erkannte der, die Welt sei in permanenter Veränderung, im Fluss. Im Zusammenfliessen der Elemente entstehe beständig Neues: Hitze und Kühle. See und mineralische Böden. Die Visionen der Winzer sollen zu einem Wein verschmelzen voller Kraft und Harmonie. Und: Kein Jahrgang ist wie ein anderer. Kein einziger!

Karl C. Reiter, Chef des Posthotels Achenkirch, erzählt, wie sein Vater und Johann Schwarz sich fanden.
Foto: ZVG

Seit 204 führt Sohn Karl C. das Haus am Achensee. Er erzählt die Geschichte von Panta Rhei nach: «Als ich das Haus hier übernahm, ging mein Vater, der 1976 Sommelier im Pariser Sternerestaurant Tour d’Argent in Paris war, ins Burgenland, um sich dort ein Hotelimperium aufzubauen. Dort ist man dem Wein näher. Er hatte schon damals eine grosse Weinkarte. Fast als einziger, denn in den 80er-Jahren gabs bei uns vor allem Vernatsch und Kalterersee.»

So erwirbt Reiter die Reben im Burgenland. Chardonnay-Spezialist Heinz Velich aus Apetlon, der sich mittlerweile von Projekt zurückgezogen hat, und Schwarz aus Andau am Neusiedlersee wurden mit der Vinifizierung betraut. Die Reben gehören zu hundert Prozent der Familie Reiter. «Die Ernte teilen wir uns. Das ist mein Anteil», verrät Schwarz. Neben den Panta-Rhei-Weinen werden daraus Spezialabfüllungen für die diversen Reiter-Hotels gekeltert und gehen zumindest teilweise in Schwarz’ Kultzweitwein-Linie «The Butcher» ein. Jene Linie mit der Etikette (Foto) mit dem Metzger mit Schweinekopf, Beil und Weinflasche in der Hand drauf. Sieht aus wie eine Szene aus dem Horrorfilm «Hostel».

Johann Schwarz auf Stippvisite in der Schweiz: An der Weinmesse im Papiersaal Sihlcity schenkt er Mövenpick-Wein-CEO Gernot Haack reinen Wein ein.
Foto: Alain Kunz

Das ist der populärste Wein des Mannes, der vor zehn Jahren noch zu 80 Prozent als Metzger und zu 20 Prozent als Winzer arbeitete. Mittlerweile sind die Prozentverhältnisse umgekehrt. Schwarz jettet um die ganze Welt, um seine Weine zu propagieren. Das tönt dann bei Unikum Schwarz so: «Der ‘Schwarz Mann’ ist eine Einstiegsdroge. Mein Nudelwein. Der passt perfekt zu Pasta. Und wenn man den trinkt, braucht man nicht nachdenken…»

Oder dann so, als es um sein Flaggschiff geht, den Schwarz Rot: «Der schluckt das Holz weg, das glaubt die Geiss gar nicht!»

Zu den Schwarzweinen im Detail: Die weisse Cuvée Schwarz Weiss 2015 aus 60% Chardonnay und 40% Grünem Veltliner weist Zedernholznoten auf, ist ausladend-exotisch, Mango, sehr mineralisch, hat Power, ist dicht, trinkig und recht langt. Score: 17,5/20 (CHF 44.--). Besagte Einstiegsdroge Schwarz Mann 2013 (Foto) aus vor allem Zweigelt ist rotbeerig-frisch, fruchtig, mineralisch, unkompliziert, süffig, dunkel, holzkohlig, macht bedingungslos Spass. Ein Preis-/Leistungs-Topwein! Score: 17/20 (CHF 17.50).

Der Butcher 2013 aus 100% Blaufränkisch ist sehr fruchtig, Holzkohle schimmert durch, er ist rauchig, äusserst mineralisch, trinkig, etwas herb und mittellang. Score: 16,5/20 (CHF 29.80). Weniger gut gefallen hat mir hingegen die Butcher-Cuvée 2013 aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Franc. Sie ist wohl fruchtig, mit Johannisbeeren, kräuterig, Ricola-Noten, aber etwas gar einfach gestrickt. Süffig, ja, aber nicht viel mehr. Score: 14,5/20 (CHF 26.60. www.ullrich.ch).

 

Der Flaggschiff-Wein des Teilzeit-Metzgers Schwarz Rot 2015 (Foto) aus 100% Zweigelt, der 15 bis 17 Monate in Barriques reift, ist in der Nase komplex, die Früchte eher rot, das Holz leicht spürbar, er ist elegant, füllig, dicht, bleibt dabei aber immer leichtfüssig, die Länge ist toll. Score: 18/20 (CHF 59.--). Schön auch der Strohwein Schwarz Gold 2015 aus Muskat, weil er unaufdringlich und damit trinkig bleibt. Score: 17,5/20 (CHF 79.--).

(Die Weine von Schwarz gibts bei www.moevenpick-wein.com).

 

 

Nun zu den drei degustierten Panta Rheis. Der weisse, ein Chardonnay des Jahrgangs 2014, weist doch schon einige Altersnoten auf, etwa Nagellackentferner, die Säure ist enorm, viel Tabak auch, dennoch bleibt er feingliedrig, ist spannend, Schellack, das Finale ist mittellang. Score. 16,5/20 (CHF 46.--- für Jahrgang 2011. www.gerstl.ch).

Der Caberhei 2010 aus Cabernet Sauvignon und Franc sowie Merlot hat eine tolle, parfümierte Nase, einen Hauch Stall- und Ledernoten, die Früchte - vor allem Chriesi - sind kräftig, er hat Power, Mundfülle, Eleganz und ist lang. Score: 17,5/20 (CHF 56.—Derzeit ausverkauft bei www.gerstl.ch. Den Jahrgang 2009 gibts für CHF 49.90 bei www.weinheld.ch). Der Cabernet Sauvignon 2011 hat typische Lakritzearomen, ist leicht kräuterig, kirschig, Thymian, etwas Vanille und Tabak, Parfüm gegen Ende, recht langes Finish. Score: 17/20 (CHF 43.50 bei www.weinheld.ch).

Im Weinkeller des Posthotels Achenkirch lagern viele Preziosen.
Foto: Alain Kunz

Im Posthotel Achenkirch kann man natürlich auch vorzüglich Weine degustieren. 60 000 Flaschen lagern im urigen Gewölbe des Weinkellers. Über 200 offene Weine aus Österreich. Logisch organisiert das Hotel auch Verkostungen mit Spitzen-Sommeliers. Wir haben im Angebot des Hauses einige Perlen entdeckt und die neuen Jahrgänge bewährter Gewächse. Das Ergebnis der Degustation:

 

Weiss: Der Grüne Veltliner Smaragd 2013 des Weinguts Donabaum ist sehr mineralisch, Schiefer, Vanille, Schmelz, knackige Säure, Bananenschalen, recht lang. Score: 17/20 (CHF 31.--. www.martel.ch). Der Riesling Pletzenberg 2015 von Shooting-Star Tom Dockner aus dem Traisental ist leicht metallisch, floral, die Frucht ist dezent, die Säure knackig, Schmelz, Pfeffer, etwas Limette, schönes Finale. Score: 17/20 (CHF 24.--. www.tanner.feinweinsein.ch).

Rot: Weitverbreitet ist der Unplugged von Hannes Reeh vom Heideboden. Der 15er ist unfassbar dicht, die Farbe unglaublich dunkel, viel Rauchnoten, Edelhölzer, dunkle Frucht, Würze, Landwein-Stilistik, füllig, rechte Tannine, schönes Finish. Score: 17/20 (CHF 21.--. www.hoferweine.ch). Der Praittenbrunn 2011 von Scheiblhofer & Gayer (Foto) aus Cabernet Sauvignon und Merlot ist dunkelschwarz, dicht, komplex, etwas Lakritze, Schokolade, Kaffee, enorme Power, Fruchtsüsse, schöne Säure, die das Monstrum gerade noch so rettet, mit Luftzufuhr starke Verbesserung in Richtung Eleganz, langes Finale. Score: 17,5/20 (CHF 54.—für Jahrgang 2012. www.moevenpick-weine.ch).

POSTHOTEL ACHENKIRCH: DAS TRAUMHAUS

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Der beheizte Aussenpool des Posthotels im Winter: Baden unter Sternenhimmel.
Foto: ZVG

Es ist ein Haus, das wenige Wünsche offenlässt. Eigentlich nullkommanull! Was auch immer ihr Herz begehrt - Sie finden es. So in den acht (!) Restaurants. Oder in der asiatisch inspirierten Sauna- und Ruhewelt, in welcher Karl C. Reiter seine Ideen eines versunkenen Tempels auslebte.

Karl C. Reiter.
Foto: Alain Kunz

Ebenso beeindruckend: Der ganzjährig beheizte Ying-Yang-Aussenpool unter freiem Himmel, in welchem auch in kaltem Wasser geschwommen werden kann. Das Credo des Hoteliers: Das Haus ist ein Erwachsenenhotel (Kinder sind ab 14 willkommen), in welchem die Gäste in vollkommener Ruhe entspannen können. «Da soll jeder das Kind in sich wiederentdecken und zu sich selbst finden können», so Reiter. Das Kurzmotto: «Wo die Reise beginnt». Und wo endet sie? Vielleicht auf dem hauseigenen Neun-Loch-Golfplatz? Im Lipizzanergestüt? Oder in den Teslas, die in der Garage ebenso auf Ausritte warten wie die kompromisslos stylischen E-Motorräder von Johammer. Zwei J1 der österreichischen Marke stehen zur Verfügung.

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WEIN DER WOCHE: SONDRAIA VON POGGIO AL TESORO

Toplagen in Bolgheri: Die Reben von Poggio al Tesoro sind Nachbarn sowohl von Sassicaia wie auch Ornellaia.
Foto: Alain Kunz

Bolgheri ist teuer, ganz generell. Die Superiore-Weine der kleinen Prestige-DOC an der etruskischen Küste sind in der Regel sogar sehr teuer. Dennoch findet man ganz wenige, die preislich verhältnismässig tief angesiedelt sind, aber denselben Trinkspass bereiten wie Weine um die hundert Franken. Solch ein Beispiel ist der Sondraia 2013 von Poggio al Tesoro, das Gut der Valpolicella-Starwinzer-Familie Allegrini. Mit dem fantastischen und raren Hundert-Prozent-Cabernet-Franc Dedicato a Walter haben sie ein Preis-Kampfschiff in ihrer Flotte. Da kann der «normale» Superiore durchaus günstiger sein.

Der Sondraia 2013 besticht durch eine enorm fruchtige und ausladende Nase, ist leicht kräuterig, Veilchen, Mittelmeerfrische, Power, Eleganz, gewisse Opulenz, ein aristokratischer Wein, vielleicht der beste Preis-/Leistungs-Bolgheri-Superiore überhaupt! Score: 18/20 (CHF 38.--. www.moevenpick-wein.com).

 

BUCHTIPP: STREET FOOD

Essen ist in. Spannend essen noch mehr. Das Zauberwort: Streetfood! Eben war ich in Saigon auf Streetfood-Tour auf einer Vespa. Das ist gar hoch spannend (nicht nur wegen des Foods…). Wenn ich durch das Buch aus der Reihe mit dem Untertitel «Macht. Gute. Laune.» stöbere, werden unweigerlich Erinnerungen wach. In «Street Food» werden ebenso Klassiker in neuem Gewand wie Burger, Tapas und Döner vorgestellt wie exotischere Gerichte, die man auf den Strassen dieser Welt antrifft wie Randen-Falafel oder syrische Muhammara, Yaki Udon oder Piroschki. Dazu gibts die wichtigsten Streetfood-Adressen aus den grössten deutschen Städten sowie Wien und Zürich.

(Street Food. Mach’s doch einfach. 128 Seiten. 80 Abbildungen. Gräfe & Unzer. ISBN 078-3-8338-6211-3. CHF 14.90 bei www.buch.ch).

 

WO GIBTS WAS ZU DEGUSTIEREN?

  • 26. Oktober. 16 bis 20 Uhr. Spanien und Portugal in Zürich. Viele Winzer sind persönlich anwesend. Gratis. Wirtschaft Neumarkt, Zürich. Anmeldung erwünscht unter www.gerstl.ch.
  • 27. Und 28. Oktober. Ab 18 Uhr. Spanien und Portugal in St. Gallen. Viele Winzer sind persönlich anwesend. Gratis. Restaurant 17333, Weinlokal St. Gallen. Anmeldung erwünscht unter www.gerstl.ch.
  • 27. und 28. Oktober. Freitag 16 bis 21 Uhr, Samstag 11 bis 17 Uhr. Riegger-Fest Herbst 2017. Das Resultat der Jagd nach önologischen Trends. Über 50 Weine, vorgestellt von den Produzenten. Dazu Spezialitätenmarkt vor dem Haus. Gratis. Weinkeller Riegger, Langgass, Birrhard. www.riegger.ch.
  • 28. Oktober. 10 bis 18 Uhr. Wilde Herbstdegustation. Im Fokus stehen kräftige Rotweine zum Beispiel aus Pinotage oder Shiraz. Dazu Braai, also Fleischspezialitäten vom Grill, die perfekt zu den Tropfen passen. 10% auf alle Weine. Kapweine, Rütibüelstrasse 17, Wädenswil. www.kapweine.ch.

DIE SCHIFFE SIND VERTÄUT FÜR DIE 64. EXPOVINA

Zwölf Schiffe, 4000 Weine: Die Expovina ist gigantisch!
Foto: ZVG

Die Zürcher Weinausstellung Expovina ist die grösste Publikums-Weinmesse der Welt! Vom 2. bis 16. November kann man auf 12 Schiffen über 4000 Weine aus 25 Ländern verkosten! Erfreulich: Schweizer Weine dominieren das Angebot. Über 1000 Gewächse aus 15 Kantonen stellen die Speerspitze einheimischen Schaffens dar. Nummer eins ist das Wallis, gefolgt von der Waadt, der Deutschschweiz und dem Tessin. Unbestrittener ausländischer Spitzenreiter ist Italien, vor allem die Klassiker aus dem Norden. Mehr zur Expovina nächste Woche an dieser Stelle!

(Die Expovina am Bürkliplatz in Zürich ist geöffnet Montag bis Samstag von 13 bis 21 Uhr und am Sonntag von 11 bis 19 Uhr. Eintritt: CHF 25.--. www.expovina.ch)

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