Für Sie degustiert: Piemont-Tradition
Bei Renato Ratti wird am Wein gehobelt

300 000 und 400 000 Flaschen produzieren die Güter von Innovator Renato Ratti und dem Stadtwinzer aus Alba, Pio Cesare. Neben der beachtlichen Grösse eint sie noch etwas: Noble Baroli! Dazu: Ein Super-Tipp für gerade mal 15.50 Franken aus Südfrankreich.
Publiziert: 17.06.2017 um 13:46 Uhr
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Aktualisiert: 21.09.2021 um 19:50 Uhr
Science-Fiction? Nein, ein Fass wird nach einigen Einsatzjahren mal wieder innen abgehobelt.
Foto: Alain Kunz
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Alain KunzWein-Kolumnist

La Morra ist eine der elf verheissenen Gemeinden. Mehr gibt es nicht. Nur wer in den famosen Elf seine Rebberge stehen hat, darf das, was er aus Nebbiolo keltert, Barolo nennen. La Morra ist klar die Nummer eins, was die Grösse angeht. Fast ein Drittel der Rebfläche für den König des Piemonts-Weins befindet sich hier. Auch der Betrieb von Renato Ratti.

Vor der Cantina Renato Ratti aus dem Jahr 2002.
Foto: Alain Kunz

Ein Innovator! Weniger, was die Vinifizierung angeht. Ratti hat sich sonst viele Gedanken um den Wein gemacht. So hat er 1976 die erste Lagenkarte erstellt, die eine präzise Bestimmung erstklassiger Einzellagen ermöglichte. Und er erfand die Flaschenform Albeisa. «Es ist eine Art abgerundete Burgunderflaschen-Form», erklärt Renatos Sohn Pietro Ratti, der den Laden heute schmeisst.

Pietro Ratti: «Mein Vater Renato war ein Innovator.»
Foto: Alain Kunz

Vor 50 Jahren kaufte der 1988 allzu früh verstorebene Papa Renato die Einzellage Concà und legte den Grundstein für die Cantina. «Einen Lagenwein zu machen war etwas Neues für die Region», erinnert sich Pietro, der zehn Jahre lang in Brasilien für Cinzano gearbeitet hat. «Damals wurden die Trauben mehrheitlich verkauft. Ohne Herkunftsbezeichnung. Eine Einzellage in der Flasche? Nein, undenkbar.»

Das Innenleben eines Fasses: Hier ist Abhobeln mal wieder vonnöten.
Foto: Alain Kunz

Hute ist das Normalität. Und die Stärke der Region. Der Betrieb der Rattis – 2002 wurde ein neuer Keller gebaut, in der vollständig mit Schwerkraft gearbeitet werden kann - ist nicht deswegen bekannt, sondern wegen seiner Etiketten, die einen hohen Wiedererkennungseffekt haben. Nicht die Lagen-Baroli. Die haben eine traditionelle Etikette mit Familienwappen. Aber die übrigen Weine. Darauf sind historische Soldaten zu sehen.

Pietro Ratti zeigt, wie in einem Fass sanft mit dem Handgerät geschliffen wird.
Foto: Alain Kunz

Widmen wir uns dem Inhalt dieser Flaschen und starten mit den Barbera. Derjenige aus Alba namens Battaglione, Jahrgang 2015, ist enorm würzig, hat viel rote Frucht, ist sehr typisch. 16/20 (CHF 16.50). Der Barbera aus Asti, hier haben wir den Jahrgang 2013 verkostet, ist kräftiger, im Gaumen aber eher schlank, kräuterig und minzig im Finale. 16,5/20. Sehr populär und im Piemont weit verbreitet ist der Nebbiolo Ochetti (Foto). Der Jahrgang 2015 ist enorm rotfruchtig, schmeckt nach Himbeere, ist zältlig, hat Bonbon-Süsse, kaum Tannine, ist deshalb spannend. 16/20 (CHF 19.50). Zu guter Letzt der Monferrato Villa Pattono, eine Assemblage aus Barbera, Merlot und einem Hauch Nebbiolo. Der Jahrgang 2014 ist enorm rauchig, mineralisch, weich, easy drinking und süffig. 16/20 (CHF 22.--).

 

Doch nun zum Big Thing, zu den Baroli. Wir beginnen mit dem «einfachsten», dem Mercenasco. Der Jahrgang 2013 ist floral, die Früchte sind rot, v.a. Chriesi, im Gaumen ist er recht süss, die Tannine sind massiv, er hat wohl Power, wirkt aber ein bisschen heterogen. Das Finale ist lang. 17/20 (CHF 45.--). Der Barolo Concà 2011 ist in der Nase recht erdig-pilzig, aber auch mineralisch, hat rechte Tannine und Adstringenz, ist leichtfüssig und mittellang. Ratti sagt dazu: «Er hat so Milcharomen, geschlagener Rahm.» 16,5/20 (CHF 59.--). Last but not least das Schlachtross des Betriebs, der Barolo Rocche Dell’Annunziata. Wir haben vier Jahrgänge verkostet. Am besten gefallen hat mir der Jahrgang 2008 (Foto). Ein Wein mit minimen Tertiäraromen nach Leder und Pilzen, aber auch Kräuter, Rosen und Erdbeeren blitzen auf, er ist hoch typisch, enorm frisch, ausladend, hat Power, bleibt immer frisch, ist saftig, Minze, die Tannine sind immer noch recht prägend, die Länge ist toll. Ein Wein, der noch nicht auf dem Höhepunkt angekommen ist. 18,5/20 (CHF 69.— für Jahrgang 2013).

Grossartige Weine: Die Baroli von Renato Ratti.
Foto: Alain Kunz

 

Die weiteren degustierten Jahrgänge:

  • 2007: 16/20 (medizinal, erdig, komisch)
  • 2010: 17/20 (Cassis, krasse Tannine, rote Frucht)
  • 2011: 18/20 (Trüffel, Schmelz, frisch, floral, hat grosses Potenzial)

(Die Weine von Renato Ratti gibts bei www.buonvini.ch)

 

WINZER DER WOCHE: PIO CESARE – DIE STADTKELLEREI

Der Pass von Pio Cesare.

Auch zur Barolo-Notorietät gehört Pio Cesare. 1881 vom gleichnamigen Unternehmer ins Leben gerufen, besteht der Familienbetrieb aus der Stadt Alba in fünfter Generation. Er steht für einen grossen Barolo, den Ornate, der heuer zum zehnten Mal die begehrten Tre Bicchieri von Gambero Rosse erhalten hat, weshalb fortan hinter dem Namen Pio Cesare im Führer Vini d’Italia auf alle Ewigkeit (mindestens) ein Stern steht.

Fabio Bosio vom Verkäuferteam von Pio Cesare (l.) und Felice Di Cugno, Verkäuferlegende von Importeur Zanini.
Foto: ZVG

Schon vor längerem habe ich den Arneis degustiert, es handelte sich um den 13er, der sich als recht sauer, trocken und nicht sehr anschmiegsam herausstellte. 15/20 (CHF 23.--). Viel besser ist da der Barbera d’Alba, einer der absolut schönsten aus Alba, der durchaus mit den besten aus Asti mithalten kann, der Vorzeige-Barbera-Region schlechthin. Der 2014 Einzellagen-Barbera namens Fides ist rauchig, dunkelbeerig, parfümig, trinkig und lang. 17/20. Kostet leider auch entsprechend: 39 Franken… Viel günstiger ist der Basis-Barbera, dessen Jahrgang 2011 ich 2014 verkostet habe: Kirschig, typisch, klassisch, Frucht, Eleganz, lang. Dafür gabs damals ebenfalls 17/20 Punkten. (CHF 22.--).

 

Zum Barbaresco. Der 13er Basisversion ist floral, typisch, expressiv, fruchtig, kräuterig, mittellang. 16,5/20 (CHF 59.50). Der Lagen-Barbaresco Il Bricco 2013 ist zugänglich, die Tannine sind präsent, er hat Power, ist ein Schmeichler, gefällig und recht lang. 17,5/20 (CHF 99.--).

Zum Barolo. Der Basis-Barolo 2013 ist floral, easy-drinking, hat Frucht, Frische und Länge. Ein Barolo, der durchaus geeignet ist, die schwierige Nebbiolo-Traube Newcomern bekannt zu machen. 17/20 (CHF 59.50). Vom Ornato (Foto) habe ich den Jahrgang 2010 probiert. Er ist floral, riecht nach Rosenblüten, hat Frucht, ist im Gaumen kräftig, elegant, erst gegen Ende leicht austrocknend, ein aristokratisches Geschöpf mit viel Frische und schöner Länge. 17,5/20 (CHF 99.—für Jahrgang 2011).

(Die Weine von Pio Cesare gibts bei www.zanini.ch)


WEIN DER WOCHE: DE LA JASSE AUS DEM PAYS D’OC

Das sind doch die schönen Momente: Einen Wein blind zu degustieren. Nicht mehr darüber wissend als das Land, vielleicht noch die Region, aus der er kommt. Am Ende gibts eine Punktierung, die keine Zweifel offenlässt: 17 Punkte. Ohne Wenn und Aber. Hochverdient. Kosten? Müssten so um die 30 Franken sein für diese Qualität, denke ich mir. Und schaue dann nach. Erste Überraschung. Die Kreation kommt aus dem Pays d’Oc. Das ist jene Region im Süden Frankreichs, die das gesamte Languedoc-Roussillon sowie Teile der südlichen Rhône umfasst. Gigantisch! Die IGP Pays d’Oc ist der grösste Weinexporteur Europas. Die Jahresproduktion beträgt 770 Millionen Flaschen. Fast 1800 private Weingüter und über 200 Genossenschaftskellereien machen dort Wein. 90 000 Hektaren stehen unter Reben. Wow! Erstmal sacken lassen, diese gigantomanischen Zahlen.

Okay, das beweist uns mal: Nur weil «bloss» die Grossgebiets-Appellation Pays d’Oc draufsteht, heisst es noch nicht, dass man vorgängig schon mal die Nase rümpfen muss. Wie gesagt: 17 Punkte. Hochverdient!

Nun zum Preis. 15.50 Franken. Halb so viel wie gedacht. Hochverdiente 17 Punkte für läppische 15.50 Franken. Zweites Wow! Denn der Vieille Vigne de la Jasse 2014 ist wunderschön kräuterig-zältlig, im positiven Sinn, er hat Ricola-Noten, auch Chriesi, etwas Holz, ja selbst Parfüm, die Säure ist mineralisch, Thymiannoten scheinen auf, er ist mediterran (das Gut liegt bloss 15 Kilometer von Montpellier entfernt), süffig und mittellang. 17/20 (CHF 15.50)! (www.landolt-weine.ch).


SPARGEL GEHT AUCH AUF DEM GRILL!

Komme ich zu spät? Ich befürchte für dieses Jahr: Ja. Es ist Sommer und alles spricht nur noch vom Grill. Die Spargelsaison ist vorbei. Ganz? Noch nicht ganz. Und Spargeln kann man ja auch auf den Grill legen. Oder sie an Spiesse stecken. Oder als Cole Slaw zu Spareribs reichen. Kann man alles, ja. Wie das geht? Das GU-Standard-Kochbüchlein «Spargel – stangenweise Frühlingsglück» erklärts. Mit allen Basic-Rezepten zum Thema Stangen. Mit Spargel für Veggies, Fleischtiger oder Fischischisten. Alles kreativ und leicht nachzukochen. Toll: Man kann die Rezepte mit der Gratis-App problemlos auf sein Handy bringen. Diese Reihe begeistert!

(Spargel – stangenweise Frühlingsglück. Von Ira König. GU -Küchenratgeber. 64 Seiten. 60 Fotos. ISBN 978-3-8338-5937-3. CHF 12.90. www.buch.ch)


WO GIBTS WAS ZU DEGUSTIEREN?

  • 17. und 18. Juni. Traubenblütenfest im Blauburgunderland. In den 13 Räbhüsli schenken die Winzer ihre Weine aus. Dazu gibts kulinarische Leckerbissen. Gratis. Hallau und Umgebung. www.blauburgunderland.ch.
  • 19. Juni. 19.30 bis 21.30 Uhr. Falstaff Afterwork: Elsass – das Besondere liegt so nahe! Zwei Thementische mit je fünf Weinen «Frisches von der anderen Rheinseite» und «Weinklassiker von der anderen Rheinseite». Mit Fingerfood. Eintritt CHF 10.-- für Falstaff-Abonnenten, 15.-- für Nichtabonnenten. Restaurant Carlton, Zürich, bei Schönwetter auf der Terrasse, Zürich. www.falstaff.ch.
  • 21. Juni. 17 bis 20 Uhr. After Work Tasting. Das neue Weingut des Jahres wird vorgestellt. Gratis. Baur au Lac Vins, Filiale Shopville HB Zürich. www.bauraulacvins.ch.
  • 22. Juni. 18.30 Uhr bis 23.30 Uhr. Save the Date for Taste the Party! Welcome Sparkling Drink, Weindegu, Snacks und Sound. Bis 21 Uhr in der Rive Gauche Bar und im Baur au Lac Vins Shop. Danach Party mit DJ Luke Burgundy im Shop mit ermässigten Gestränkepreisen. Eintritt: CHF 47.--. Baur au Lac Vins, Filiale Hotel, Zürich. www.bauraulacvins.ch.
  • 22. Juni. 17 bis 19 Uhr. Primeur-Degustation 2016. 14 Fassmuster des Jahrgangs 2016 können unter fachkundiger Anleitung in fünf ausgewählten Mövenpick-Weinkellern degustiert werden. Weinkeller: Bursins, Bern, Zürich-Enge, St. Gallen und Basel. Gratis. www.moevenpick-wein.com.
  • 23. und 24. Juni. Freitag 18 bis 21 Uhr, Samstag 10 bis 18 Uhr. Fête du Chasselas. Mehr als 200 Chasselas können degustiert werden. Darunter über 30 am Wettbewerb Mondial du Chasselas prämierte Weine. Mit Restauration und Musik. Eintritt: CHF 20.-- inkl. Degu-Glas. Château d'Aigle. www.mondialduchasselas.ch.
  • 24. Juni. 10 bis 18 Uhr Summertime Tasting mit Graill/Braai. Kobie Lochner von Steenberg ist ebenso zu Gast wie Monika Addis von Constantia Glen. 10% Eventrabatt. Gratis. Kapweine, Rütibüelstrasse 17, Wädenwsil. www.kapweine.ch.
  • 26. Juni. 16 bis 21 Uhr. Zürcher Weine goin' downtown. Rund 40 Zürcher Winzer präsentieren ausgewählte Spitzencrus im Kreuzgang des Fraumünsters direkt an der Limmat, wo es selbst im Hochsommer angenehm kühl ist. Dazu gibts Rohmilchkäse, Trockenfleisch, Rauchwürste und Backwaren aus dem Kanton Zürich. Eintritt: CHF 20.--. Anmeldung erwünscht. www.mettlervaterlaus.ch.
  • 29. Juni. 16 bis 20.30 Uhr. Barolo & Friends. Erstmals ist der berühmte Event zu Besuch in Basel. 15 hochwertige Produzenten präsentieren ihre Baroli und Co. 18 bis 19 Uhr Seminar «Die Kunst der Winzer – sechs Viticoltori interpretieren piemontesische Weine». Tasting CHF 15.--. Mit Seminar CHF 30.--. Im Schloss Binningen BL. www.baroloevent.com.
  • 12. Juli. 16 bis 19 Uhr. Alentejo - Vielfalt auf höchstem Niveau. Weine aus autochthonen und internationalen Traubensorten, in Amphoren oder Barriques vinifiziert, oft mit den Füssen gestampft. Spannend! 12 Alentejo-Winzer präsentieren ihre Crus. Fifa World Football Museum, Seestrasse 27, Zürich. Gratis. Anmeldung unter www.mettlervaterlaus.ch.

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