Für Sie degustiert: Unbekanntes Südafrika
Ein burgundischer Syrah und ein Keller mitten in Kapstadt

Die Big Player am Kap sind mittlerweile jedem Weinfreund bekannt: Vergelegen, Kanonkop etc. Doch immer mehr kleine Weingüter drängen unaufhaltsam an die Spitze. Wir stellen Ihnen zwei vor. Und einen alten Bekannten.
Publiziert: 02.02.2018 um 15:58 Uhr
|
Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:46 Uhr
Richard Kershaw: Master of Wine, Kreator meisterhafter Weine – und Spassvogel per excellence.
Foto: Alain Kunz
RMS_Portrait_AUTOR_718.JPG
Alain KunzWein-Kolumnist

Die Geschichte des Engländers Richard Kershaw ist ziemlich verrückt. Zuerst ist er Koch, mit hoher Affinität zu Wein. Dann reist er herum, kommt 1999 nach Südafrika, verliebt sich, wie so viele. 2009 wird er Weinmacher der Mulderbosch- und Kanu-Gruppe. 2012 realisiert er seinen Traum vom eigenen Weingut in Elgin, in der kühlsten Weinregion Südafrikas. Sie ist höher gelegen als die anderen. Der Ozean ist nahe. Oft hängen dort Wolken im Himmel. Und, ja: Richard findet auch noch Zeit, sich der härtesten Weinprüfung der Welt zu stellen – und wird Master of Wine!

Zwei kleine Vertikälchen: Kershaws Chardonnays und Syrahs.
Foto: Alain Kunz

«Ich arbeite ohne jegliche Tricks», sagt der Spassvogel. «Es ist eine Mikro-Vinifizierung, die hier stattfindet.» Und alles nach burgundischem Vorbild: Er benutzt Dijon-Klone. 228-Liter-Pièces, oft auch 500-Liter-Fässer verschiedenen Alters und Toastings. Das einzige, was nicht burgundisch ist, ist seine Wahl der roten Traube: Syrah! «Überall baut man Syrah in warmen Regionen an. Aber wahre Eleganz findet man erst in kühleren Regionen», ist Richard überzeugt.

Selfie mit Mütze: Kapweine-Chef Andy Zimmermann, Richard Kershaw in anderem Outfit, BLICK-Redaktor Alain Kunz.
Foto: Alain Kunz

Er hat zehn eigene Parzellen und elf verschiedene Produzenten, die ihm Trauben liefern. «Mit diesen unzähligen Parametern spiele ich dann. Das ist wahrscheinlich komplett lächerlich – aber es ist eine massive Matrix mit unbeschränkten Möglichkeiten.» Als entscheidend betrachtete er den Abfüllungszeitpunkt. «Ich degustiere die Fassinhalte deshalb jeden Monat.» Mittlerweile hat Richard derart Erfolg, dass er seine Weine in Frankreich verkauft, auf dem härtesten Markt der Welt für ausländische Weine. «Sie sind in der Champagne, in Bordeaux zu finden, aber auch in der Burgunder-Metropole Beaune, im Golfrestaurant…» Die Weine:

  • Chardonnay 2015: Rechte Butter- und Vanillenoten, eingekochte Birne, Honig, Power, tolle Struktur, Druck unglaublich elegant, Säure, Fische, Superlänge. burgundisch, wunderbar. Score: 18/20 (CHF 49.--).
  • Chardonnay 2014 (Foto): Immer noch präsente Holznoten, enorm subtil, richtig burgundisch, der Spagat zwischen Kraft und Eleganz gelingt perfekt, auch das Säure-/Süssespiel, und das Finale ist enorm lang und frisch. Wow! Score: 18,5/20 (CHF 44.--).

 

  • Syrah 2014 (Foto): Würzige Nase, ausladend, reife Früchte, elegant, ja filigran, Mineralität, trinkig, läuft wunderbar die Kehle runter, enorm frisch, schöne Länge. Score: 17/20 (CHF 49.--).
  • Syrah 2013: Verschlossen, wunderbare Struktur, Würze, viel Frucht, reife Tannine aristokratisches Gewächs mit Power, lang. Toll! Score: 18/20 (ausverkauft).
  • Syrah 2012: Das war der erste Jahrgang – und was für einer! Würze, Mineralität, Frucht, Eleganz, schlank, frisch, trinkig, unendlich lang. Da bleibt einem die Spucke weg! Score: 18,5/20 (ausverkauft).

(Die Weine gibts bei www.kapweine.ch)

SAVAGE: EIN STADTKELLER IN KAPSTADT

Hobbysurfer Duncan Savage: Verliebt in seine Parzellen.
Foto: Alain Kunz

«Das ist ein Exploration Project», sagt Duncan Savage. Salopp übersetzt: Südafrikanische Jugend forscht… Es begann mit je einem weissen und roten Wein, den Duncan mit den Trauben von 30 Weinbauern in die Flaschen abfüllte. Wie man das macht, in kühleren Regionen, das wusste Duncan natürlich ganz genau, stand er doch am Anfang des vielgerühmten Isleidh-Weissweins bei Cape Point. Zehn Jahre klang macht er dort die Weine. Und heute? Sind es drei Weine, einer mehr als 2006, als Duncan loslegte. Und es werden mehr werden. «Dieses Jahr werde ich sieben Weine abfüllen. Einer wird Nachtdieb heissen», verrät Duncan und grinst. «Ich habe mich halt in diese Parzellen verliebt.» Seine Reben liegen an der Westküste, der Keller ist in Salt River, mitten in der Millionenmetropole Kapstadt. Urban Cellar nennt sich das dann. «Ich hatte kein Geld für eine Farm auf dem Land. Also habe ich mich hier eingemietet. Und investiere das Geld lieber in meine Produzenten. Denn ohne perfektes Traubenmaterial kann ich einpacken.» Macht er nicht. Zum Glück.

  • Savage white 2015 (Sauvignon Blanc, Sémillon, Clairette blanche, Chenin blanc): Wunderschön ausladende Nase, rechtes Holz, Pfirsich, Butter, Hefenoten, mineralisch, schöne Struktur, Frische, noch etwas holzig im langen Abgang. Score: 17/20 (CHF 29.90 für Jahrgang 2016).
  • Savage Follow the Line 2015 (Cinsault, Grenache, Syrah): recht schweflige Nase, dahinter Frucht, vor allem rote Beeren, süffig, etwas rau, easy-drinking, sauber, mittleres Finish. Score: 16,5/20 (CHF 29.90 für Jahrgang 2016).
  • Savage red 2014 (Foto, Syrah, Grenache, Touriga Nacional, Cinsault): Dezente, recht komplexe Nase, Pfeffer, Würze, dunkle Früchte, im Gaumen präsente Tannine, Eleganz, etwas harsch-rustikal, aber viel Potenzial, wenn der Wein seine wilde Jugend hinter sich hat und sich findet. Im Moment gehts noch in alle Richtungen, mittlerer Abgang. Score: 17,5/20 (CHF 29.90 für Jahrgang 2016).

(Die Weine gibts bei www.kapweine.ch)

HAMILTON RUSSELL – DER ALTE BEKANNTE

Talita Engelbrecht, Marketingchefin von Hamilton Russell: «Mit unserem Pinotage wollen wir in neue Sphären gelangen.»
Foto: Alain Kunz

Das ist ein echter Pionierbetrieb. Tim Hamilton Russell gründet das Gut 1975, als noch niemand daran dachte, irgendwo zwischen Himmel und Erde Wein anzupflanzen. Hemel-en-Aarde heisst das Tal, in welchem Hamilton Russell sich niederlässt. Der Einfluss des Atlantiks sorgt für eine Cool-Wine-Stilistik, an welche zur Gründungszeit des Gutes noch niemand dachte. Doch die Hamilton Russells – 1991 übernahm Sohn Anthony die Geschicke - behielten recht. Genau diese Weine wurden irgendwann gesucht. Und so wurde ihr Chardonnay zur absoluten Südafrika-Ikone. Und der Pinot Noir zum Vorzeigewein aus dieser Traube. Doch darauf ausruhen will man sich nicht. Die Pläne mit der autochthonen südafrikanischen Pinotage-Traube sind hochtrabend. Man wolle, so Marketingchefin Talita Engelbrecht, einen Lagen-Pinotage herausbringen, der auf dem Niveau der besten Weine von Pinotage-Gigant Kanonkop sei. Und annähernd in der gleichen Preiskategorie spiele wie deren Black Label. Der kostet bei uns unfassbare 180 Franken…). Wir sind gespannt!

Zwischen Himmel und Erde: Das Degustationshüttchen von Hamilton Russell in der Walker Bay.
Foto: ZVG

Die Weine: Hamilton Russel macht drei Linien. Ashbourne steht für die einfacheren Gewächse, Southern Right für die gute Mitte und die angesprochenen Chardonnay und Pinot Noir sind die Flaggschiffe des Betriebs.

PS. Ich habe noch einige Flaschen 1999er-Chardonnay in meinem Keller, degustiere die regelmässig. Das Ergebnis: Der nackte Wahnsinn! Zuletzt zückte ich 18,5 Punkte für diesen perfekt gereiften Chardonnay, der nullkommanull an Frische eingebüsst hat…

  • Der Sauvignon Blanc 2017 aus der Ashbourne-Linie ist fruchtig, zitronig, nasses Gras, nicht überbordend, etwas süsslich, Mango, ein Spasswein. Score: 16/20 (CHF 16.50).
  • Der Sauvignon Blanc 2016 aus der Southern-Right-Kollektion ist viel mineralischer, Lemongrass, dicht, knackige Säure, trinkig, harmonisch, das ist wahre Sauvignon-Qualität! Score: 17/20 (CHF 19.80).
  • Der Chardonnay 2016 (Foto) ist mineralisch, nur minime Exotik-Aromatik, dezente Holznoten, die im Gaumen ausgeprägter daherkommen, schlank, ein Understatement-Chardonnay, puristisch, saubere Frucht, Ananas, Äpfel, Frische, langes Finale. Score: 17,5/20 (CHF 43.--).
  • Der Southern Right Pinotage 2016 ist rauchig, leichtfüssig-frisch, sortentypisch, Bananen, geht in Richtung Pinot Noir, seidige Textur, mittleres Finish. Positive Überraschung! Score: 17/20 (CHF 26.--).
  • Last but not least der Pinot Noir 2016: Dezente Nase, kräuterig, rauchig-mineralisch im Gaumen, Power, Chriesi, sortentypisch, etwas spitz, mittleres Finale. Ein schöner Pinot Noir. Aber auch nicht mehr. Score: 16,5/20 (CHF 56.--).

(Die Weine von Hamilton Russell gibts bei www.moevenpick-wein.com)

WEIN DER WOCHE: COLUMELLA VON EBEN SADIE

Der Wein ist schon länger eine Südafrika-Ikone. Letztes Jahr durfte ich wieder mal den 2009er Columella der Sadie Family probieren.

Zu Besuch in Swartland: BLICK-Kunz im Gespräch mit Hobbysurfer Eben Sadie.
Foto: MKV

Und das war eine Offenbarung! Halleluja! Der beste südafrikanische Wein, den ich 2017 degustiert habe. Und um diese Auszeichnung zu erhalten, reichen 19 Punkte heutzutage nicht mehr. Da braucht es Nähe zur Perfektion. An dieser kratzt dieser Wein, der mehrheitlich aus Syrah besteht. In der Nase ist er sensationell komplex: Leichte Parfümnoten von den Barriques, Frische, viel Frucht, im Gaumen Schmelz, Tannine, Chriesi, Zwetschgen, absolute Präzision, faszinierende Frische, Mineralik, unglaubliche Länge.- Ein unfassbar schöner Wein! Score: 19,5/20 (CHF 169.--. www.kapweine.ch).

PS. Für den enorm pfeffrigen und eukalyptisch-minzigen Columella 2014, der mit seiner Frische und Ricola-Opulenz (gibts!) begeistert, gibts übrigens auch enorm hohe 18,5 Punkte (CHF 99.--).

Und nun, nimmt es Euch Wunder, welche Südafrikaner 2017 mit 19 Punkten bedacht wurden? Okay, ich lasse das Katze aus dem Sack. Hier sind sie:

  • Lismore Chardonnay 2014 (Foto, CHF 29.90)
  • Mullineux Schist Syrah 2014 (CHF 95.—statt 109.--)
  • Vergelegen «V» 2001 (ausverkauft. Der Jahrgang 2011 kostet CHF 99.--)
  • Keermont Riverside Chenin Blanc 2014 (CHF 35.—statt 45.--)
  • Rust en Vrede Cabernet Sauvignon Single Vineyard 2012 (CHF 99.--)

(Alle Weine bei www.kapweine.ch)

 

WO GIBTS WAS ZU DEGUSTIEREN?

  • Freitag, 2. Februar. 17 bis 21 Uhr. Barolo, Barbaresco e Barbera. Einige Piemont-Topwinzer sind anwesend. Dazu gibts Agnolotti von Pasta Ines. Kosten: CHF 20.— (ohne Essen). Paul Ullrich AG, Schneidergasse 27, Basel. www.ullrich.ch.
  • Samstag, 3. Februar. 10 bis 18 Uhr. Rausverkauf-Event mit Grill/Braai. Über 60 Schnäppchen mit bis zu 50% Rabatt. 10% Event-Rabatt auf alle übrigen Weine. Ab 12 Uhr authentische Südafrika-Spezialitäten vom Grill. Gratis. Kapweine, Rütibüelstrasse 17. Wädenswil. www.kapweine.ch.
  • Donnerstag, 8. Februar. 17 bis 19.30 Uhr. After Work Tasting Bioweine und Natural Wines. Orange Wines und naturnahe Weine ohne oder mit geringer Schwefelzugabe. Gratis. Baur au Lac Vins, Filiale Regensdorf. www.bauraulacvins.ch.
  • Samstag, 10. Februar. 18 bis 23 Uhr. Winzerbattle. Österreich versus die Schweiz. Der ehemalige Metzger versus der Winzer in der Metzgerei. Johann Schwarz (Foto) vom Neusiedlersee versus Patrick Thalmann von der Winzerei zur Metzg im Zürcher Weinland. Zwei Topwinzer, zwei Terroirs, eine Frage: Wer gewinnt das Publikum? Kosten: CHF 160.--. Hotel Kameha Grand, Zürich. www.kamehagrandzuerich.ch.
Johann Schwarz, Ex-Metzger, tritt gegen Patrick Thalmann von der Winzerei zur Metzg an.
Foto: ZVG
  • Montag, 12. Februar. 15 bis 20 Uhr. VINUM-Leserpanel: Das Südtirol-Experiment. Degustieren und bewerten Sie Topweine aus den Rebsorten Weissburgunder, Sauvignon Blanc und Gewürztraminer. 15-18 Uhr freie Blindverkostung und Bewertung der Südtirol-Crus. 18-20 Uhr freie Verkostung von rund 40 anderen Weinen mit anwesenden Produzenten. Dazu Häppchen. Gratis. Hotel Kreuz, Bern. Anmeldung bis 9. Februar unter www.vinum.info.
  • Dienstag, 13. Februar. 17.30 bis 20 Uhr. Topcrus aus dem Südtirol. Das Beste aus Sauvignon, Lagrein und Weissburgunder. Neben den Leitsorten gibts Spitzen-Cuvées und Häppchen. Gratis. Kaufleuten Lounge, Zürich. Anmeldung unter www.mettlervaterlaus.ch.
  • Mittwoch, 21. Februar. 17 bis 20 Uhr. After Work Tasting. Sherry und Port – Klassiker des Südens. Baur au Lac Vins, Filiale Shopville Zürich Hauptbahnhof. www.bauraulacvins.ch.
Grösster Weinanlass der Schweiz: Bei Parkers Matter of Taste gibts 800 Topweine zu degustieren.
Foto: ZVG
  • Samstag, 24. Und Sonntag, 25. Februar. Samstag 10 bis 18, Sonntag 11 bis 17 Uhr. A Matter of Taste. Parker zum zweiten Mal zu Gast in Zürich! Über 800 Weine. Alle mit hohen Parker-Bewertungen. Darunter Premiers Grands Crus aus Bordeaux und rare Jahrgangs-Champagner. Einige mit dem Maximum von 100 Punkten. Der exklusivste Anlass der Schweiz. Näheres dazu demnächst an dieser Stelle! Und: viele spannende Masterclasses und das Grand Dinner am Samstagabend. Tagespass: CHF 99.--. Weekend-Pass: CHF 129.--. Hotel Dolder Grand, Zürich. www.a-matter-of-taste.com.
Mehr zum Thema
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?