Für Sie degustiert: Mondial des Pinots
Ein Churer putzt zum Start der grossen Openair-Gala

Wer hätte das gedacht? Ein Wein von Cottinelli aus einer Lage in Chur stiehlt allen Arrivierten die Show. Und nun heisst es: Vorhang auf für zwei Tage Wein-Show in Sierre.
Publiziert: 01.09.2017 um 14:00 Uhr
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Aktualisiert: 20.01.2022 um 12:18 Uhr
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Alain KunzWein-Kolumnist

Nein, Gaudenz Thürer kann es kaum fassen. Der Wein von Cottinelli Weinbau in Malans, ein Tochterunternehmen der Plozza Wine Group, die der Familie Zanolari gehört und in Brusio GR zuhause ist, wird als bester Wein unter den 1298 eingereichten Gewächsen ausgezeichnet.

Der Walliser Branchenverbands-Direktor Gérard-Philippe Mabillard gratuliert Gaudenz Thürer zu dessen Erfolg.
Foto: Alain Kunz

Das spannende daran: Die Lagen für den Halde liegen oberhalb von Chur, an der Strasse auf dem Weg nach Arosa. «Diese Lagen gibt es schon seit Urzeiten», sagt Thürer. «Diesen Wein machen wir seit 2011. Wir wollen damit den Namen Chur hinaustragen in die Weinwelt. Chur ist immerhin eine der ältesten Schweizer Städte. Und eine der schönsten», sagt der ausgebildete Winzer und Weintechnologe schmunzelnd und gleichzeitig mächtig stolz. «Das haben wir definitiv nicht erwartet!»

Aber ganz zu Unrecht hat der Halde Chur Pinot Noir Réserve 2015 (Foto) nicht gewonnen. In der Nase ist er enorm ausladend und rotbeerig, Himbeeren, im Gaumen ist er kräftig, hat Power und Druck, ist verführerisch füllig, frisch und schön lang. Es ist vor allem diese Fruchtsüsse, die betört und die Jury dazu verleitet hat, im Schnitt 94,4 Punkte zu vergeben. Ich gebe 17,5 auf der 20er-Skala (CHF 46.--. www.cottinelli.ch).

Durchaus lohnend ist auch ein Blick auf den zweiten eingereichten Cottinelli-Wein, den Marschallgut Maienfeld Pinot Noir Réserve 2015. Die Nase ist eher zurückhaltend, im Gaumen ist er sehr präzis gemacht. Kräftig-fruchtig, hat eine perfekte Struktur, etwas Holzkohle, ist frisch und recht lang. 17 Punkte (Derzeit nur der Jahrgang 2013 als Magnum lieferbar für CHF 63.--. www.cottinelli.ch).

Die Preise wurden im altehrwürdigen Château Mercier hoch über Sierre verliehen.
Foto: Alain Kunz

Insgesamt haben sechs Weine Grosses Gold gewonnen am Mondial des Pinots 2017. Es sind dies zwei Ausländer und vier Schweizer. Hier die weiteren fünf neben dem Churer Halde:

  • Weingut Werner Anselmann & Gebrüder Anselmann GmbH aus Edesheim in der Pfalz für ihren Rosé.
  • Saint Clair Vicar’s Choice Pinot Noir 2016 des Saint Clair Family Estates aus Blenheim, Marlborough in Neuseeland.
  • Pinot Noir Larme de Cerf der Cave du Vieux Village aus Noës VS.
  • Pinot Noir 2015 von Bechtel Weine aus Eglisau ZH.
  • Pinot Noir Barrique 2015 der Schweizer Weimanufaktur in Wolfhausen ZH

Schauen wir uns die beiden Zürcher Weine etwas genauer an. Es lohnt sich, zumal beide Betriebe mit einem aussergewöhnlichen Rosé bzw. Blanc de Noir brillieren.

Mathias Bechtel freut sich über sein Grosses Gold.
Foto: Alain Kunz

Dass Mathias Bechtel einen derart tollen Pinot Noir keltert, vermag nicht gross zu erstaunen. Er ist in Eglisau an den steilen Lagen entlang des Rheins Nachbar des arrivierten Urs Pircher. Mathias war Kellermeister bei Pircher und kelterte seinen ersten Wein 2007. Damals natürlich im Betrieb von Pircher. Die Parzelle für seinen Pinot Noir konnte er von der Staatskellerei übernehmen. «Mittlerweile habe ich seit ein paar wenigen Monaten meinen eigenen Keller im Städtli», sagt Bechtel.

Zu den Weinen: Der Saignée 2015 ist ein reiner Saftabzug von Bechtels besten Pinot Noir und im Doppel-Barrique ausgebaut. Ein «richtiger» Wein, der blind kaum als Rosé erkannt werden würde. Er ist enorm kräftig, würzig, hat Druck, ist füllig, hat eine schöne Säure, ein mittleres Finish. Fast schon zu mächtig... 16,5 Punkte (CHF 23.--. www.bechtel-weine.ch). Der Pinot Noir 2015 (Foto), der 15 Monate in gebrauchten Barriques schlummerte, hat ein kräftiges Parfüm, Fruchtsüsse, ist filigra, würzig und irgendwie doch recht hart, burgundisch-mineralisch, frisch, leise und mittellang. 17 Punkte (CHF 26.--. www.bechtel-weine.ch).

Bei der Schweizer Weinmanufaktur hat man gut lachen und degustieren nach dem Gewinn von Grossem Gold mit dem Frischlingsjahrgang eines Weins.
Foto: Alain Kunz

Ein Newcomer ist auch Remo Pirovino von der Schweizer Weinmanufaktur. Was übrigens nicht mit Grössenwahn zu tun hat, das der Betrieb diesen Namen trägt, nein, der Besitzer der Rebberge heisst Daniel Schweizer. Sie liegen vornehmlich in der Lage Sternenhalde am Zürichsee in Stäfa-Uerikon, die gegen Süden ausgerichtet ist. Auch Pirovino macht einen kräftigen Rosé, den er auf keinen Fall unter diesem Oberbegriff subsumiert haben will. «Das ist ein Blanc de Noirs nach bester burgundischer Tradition. Also ein Weisswein», sagt Pirovino, auch wenn die Farbe von dunklem Lachs eine andere Sprache spricht. Nix blanc. Ist ja auch egal. Spannend ist, dass Pirovino den Saft aus physiologisch voll ausgereiften Pinot-Noir-Trauben ein halbes Jahr in neuen (!) Barriques belässt. Das Resultat? Der Blanc de Noirs Barrique 2015 hat im Gaumen viel Fruchtsüsse, Struktur und Power, ist frisch und vor allem unfassbar lang! Dank diesem Abgang schaukelt er sich auf für einen Rosé sensationelle 17 Punkte rauf. Ach ja, ist ja gar kein Rosé... (CHF 24.--. www.schweizer-weinmanufaktur.swiss).

Und der mit 93,4 Punkten sehr hoch bewertete Pinot Noir Daniel Schweizer Barrique 2015 (Foto)? Bemerkenswert: Es ist der erste Jahrgang überhaupt, den Pirovino von diesem Wein keltert aus einem Rebberg, den Schweizer einem anderen Betrieb abkaufen konnte. Vinifiziert werden die Weine übrigens bei Erich Meier, einem der besten Zürcher Winzer. Mit einem Hauch zu viel Holz kommt er im Moment daher, es duftet nach schwarzen Chriesi, nach Holzkohle, im Gaumen ist er enorm sauber und präzis, hat eine tolle Struktur, ist würzig, frisch, mundfüllend und lang. Super! 18 Punkte – Tageshöchstwert! (CHF 28.--. www.schweizer-weinmanufaktur.swiss).

Jung-Önologe Morgan Meier von der Domaine des Landions stellt seine Weine an der Vinea vor.
Foto: Alain Kunz

Zu guter Letzt: Ein Bummel durch die Vinea-Zelte am Vortag der offiziellen Eröffnung der Ausstellung und ein Tasting weiterer Goldmedaillenträger führt zur kurzen Vorstellung von drei weiteren äusserst spannenden Weinen:

  • Pinot Noir Les Cailloutis 2015 der Domaine des Landions aus Colombier NE (Foto): Sortentypische rotbeerige Nase, etwas Holzkohle, Struktur, Druck, Kräuter, trinkig, sehr frisch, füllig und schöne lang. 17 Punkte (CHF 29.--. www.meiervin.ch). PS. Dieselbe Punktzahl gibt’s für den Pinot Noir Clos du Château 2015. Nur kostet der fast das doppelte: 55 Franken.

  • Ein Schaumwein, die Cuvée Bel-Héritage 2012 des Schaumweinspezialisten Mauler in Môtiers NE. Das ist der vielleicht beste in der Schweiz hergestellte Sprudelwein. Letztes Jahr gewann er am Grand Prix du Vin Suisse. Auch dieses Jahr ist er Finalist. Und in Sierre war er der beste Schaumwein. Warum? Weil er eine tolle zitronige Nase hat, Hefe, Brot, später Brioche, eine Super-Perlage, Himbeeren, Fülle und Länge. 17,5 Punkte (CHF 33.--. www.mauler.ch).

  • Pinot Noir Barrique 2015 des Weinguts von Andreas Schwarz in Freienstein ZH. Der Wein ist etwas stark parfümiert von etwas zu viel Neuholz, mächtig, vanillig, hat Fruchtsüsse, ist trinkig – aber halt schon sehr, sehr modern. 17 Punkte (CHF 26.--. www.weingutschwarz.ch)

Auch die Beiden haben gut Lachen: Boss Don Diego Mathier (r.) und sein Önologe Cédric Leyat haben am Mondial des Pinots vier Mal Gold abgeräumt - das hat sonst niemand geschafft!
Foto: Alain Kunz

Und last but not least: Der Abräumer des Tages: Jahrzehnt-Winzer Diego Mathier von Adrian & Diego Mathier Nouveau Salquenen aus Sierres Nachbardorf Salgesch VS und sein Önologe Cédric Leyat konnten sich über die meisten Trophäen für Goldmedaillen freuen. Sie gewannen nicht weniger als vier Stück: Jeweils für den Ambassadeur des Domaines Diego Mathier rot 2014 und 2015, den Pinot Noir Réserve de Salquenen 2014 und den Oeil-de-Perdrix La Matze 2015. Na dann – Cheers!


DER TOTALE WEINEVENT

Nicht so viel Sonnenschein wie in den Vorjahren, aber doch noch einigermassen Wetterglück für den Salon Vinea 2017.
Foto: Alain Kunz

Es geht Schlag auf Schlag mit den Weinhöhepunkten Ende Sommer 2017. Nur gerade vier Tage nach dem Swiss Tasting von Mémoire & Friends steigt in Sierre der traditionsreiche Freiluft-Salon Vinea.

Doch das mit der Tradition? Da sind Brüche gang und gäbe – hin zum Positiven. Denn der Salon ist mittlerweile zu einem totalen Weinevent geworden. Die klassische Degu mit 130 Ausstellern und 800 Weinen wird vervollständigt durch den Besuch der Fondation Rilke oder des Walliser Reb- und Weinbau-Museums, filmische Eskapaden rund um den Wein, thematische Degustationsateliers oder Verkostungen von Schweizer Prestigeweinen.

Der Salon im Überblick:

  • Freitag, 1. Und 2. September. 11 bis 19 Uhr: Salon Vinea. Im Preis inbegriffen: Degu-Glas und -Notizblock, Eintritt ins Weinmuseum, Gratiszutritt zu den Kinovorstellungen, Afterparty in den Gärten des Hôtel de Ville von 19 bis 23 Uhr mit Weinbars, Fondue und Sounds.

  • Vergünstigte Tickets, Reservationsmöglichkeit für die thematischen Degustationsateliers sowie zur Präsentation der Swiss Iconic Wines by Paolo Basso, weltbester Sommelier 2013, am 2. September um 11 Uhr im Château Mercier in Sierre (CHF 300.--) finden Sie unter www.billetterie.salonvinea.ch.


WO GIBTS WAS ZU DEGUSTIEREN?

  • 1. September. 17 bis 21 Uhr. Vino e pane. Das exklusive Festival von Vergani mit italienischem Flair. Vinophile und kulinarische Köstlichkeiten am langen Tisch. Und Musica italiana. Eintritt: CHF 10.— (inkl. zwei Gläser). Vini Vergani, Zentralstrasse 141, Zürich. www.vergani.ch.

  • 1. September. 16.30 bis 21.30 Uhr. Grosse Deutschland-Degustation von Boucherville. Unter anderem mit Günther Jauch (Foto oben). Die TV-Legende ist auch Weingutsbesitzer und stellt seine aktuellen Grossen Gewächse ebenso vor wie 20 weitere deutsche Topwinzer. Eintritt: CHF 20.-- (wird bei einem Einkauf ab CHF 200.-- angerechnet). Bistro Spitz, Zürich (beim Landesmuseum). www.boucherville.ch.

  • 2. September. 11 bis 17 Uhr. Grosse Herbstdegustation von Schüwo. Über 80 auserlesene Weine. 10 bis 30 Prozent auf alle Weine. Gratis. Schüwo Wein- und Getränkemarkt Wohlen. www.schuewo.ch.

  • 3. und 4. September. 14 bis 19 Uhr. Concerto del vino italiano. 40 Topproduzenten aus Italien finden sich in Zürich ein. Hunderte von Weinen, berüühmte Namen und unentdeckte Kostbarkeiten, raffinierte Assemblagen und königliche Lagenweine, teure Preziosen und einfache Tischweine. Dazu Workshops zum Thema Merlot, Bruno Rocca und eine Vertikale Sodi di San Niccolo. Eintritt CHF 20.— (ohne Workshops). The Dolder Grand, Zürich. www.caratello.ch.

  • 4. September. 14 bis 21 Uhr. Open Bottle Day von Smith&Smith. Neuzugänge und Angebotsweine. Viele Winzer sind persönlich zugegen. Oona-Kaviar. Luma-Fleisch. Dazu hält «Schöner Saufen» um 15 und um 18 Uhr eine Masterclass zum Thema Sherry ab (Preis: CHF 75.--). Mit Kinderecke! Gratis. In der neuen Zürcher Weinzentrale Smith and de Luma an der Grubenstrasse 27. www.smithandsmith.ch.

  • 6. September. 16 bis 20 Uhr. Die Weine von Antonio Figuero. Aus einer Traubensorte entstehen in 34 Weingärten im Herzen des Ribera del Duero Spitzenweine ganz unterschiedlichen Charakters. Figuero ist persönlich anwesend. Dazu gibts spanische Spezialiäten von Die Aufschneider. Gratis. Baur au lac vins, Filiale Männedorf. www.bauraulacvins.ch.

  • 7. bis 9. September. Donnerstag und Freitag bis 20 Uhr, Samstag bis 20 Uhr. Mövenpick-Weinspektakel Herbst. (Fast) alle Weine aus dem aktuellen Mailing (dieses finden Sie hier) stehen zur Degustation bereit. 7. September 16 bis 20 Uhr Blind Date #2: Es gilt den 2014er Certan de May de Certan unter fünf Weinen herauszufinden. 8. September 16 bis 20 Uhr Wein und Käse (gegen Unkostenbeitrag). Gratis. In allen Mövenpick-Weinkellern. www.moevenpick-wein.com.


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