Samstagnachmittag, kurz vor 17 Uhr, hoch oben auf dem Weissenstein. Die Anspannung im Nordwestschweizer Schwingerverband ist spürbar. Erst einen einzigen Kranz hat der NWSV an seinem Heim-Bergfest auf sicher, den des erst 18-jährigen Tim Roth. Auf die Eidgenossen ist nicht mehr zu zählen. Allerdings könnte sich einer den Bergkranz schnappen, den am Morgen wohl keiner auf der Rechnung hatte. Jonas Odermatt (19), der jüngere Bruder des Liesberger Eidgenossen Adrian Odermatt (22).
Sein letzter Gang gegen den Berner Gast Gustav Steffen (27) endet gestellt. «Ich wollte einfach auf keinen Fall verlieren, und ihm das Leben so schwer wie möglich machen», erzählt Odermatt. Noch ist er nicht zu 100 Prozent sicher, dass seine 56,25 Punkte tatsächlich für den Kranzgewinn gereicht haben. Seine Freude wird darum auch noch von einer Spur Ungewissheit zurückgebunden. Aber Bruder Adrian, der das Fest von den Zuschauerrängen aus verfolgt hat, versucht zu beruhigen: «Doch, doch, das reicht schon.» Er wird recht behalten.
Mitleiden mit dem Bruder
Für den älteren der Odermatt-Gebrüder ist es eine spezielle Situation. Seit er sich am Oberaargauischen Schwingfest Ende Mai den Brustmuskel abgerissen hat, ist er zum Zuschauen verdammt. «Ich würde natürlich am liebsten gleich mitschwingen. Aber da bin ich noch weit davon entfernt. Zuerst muss dieser Muskel wieder anwachsen.» Und das dauert. Im Moment liegt nur wenig Sport drin. Im Spätjahr dann kann Odermatt mit dem Aufbau beginnen. Aber ins Sägemehl wird er erst im Januar wieder steigen.
Mehr zum Schwingen auf dem Weissenstein
Bis dann feuert er seinen Bruder an. «Das ist jetzt mein drittes Fest, bei dem ich Jonas zuschaue. Einfach ist es nicht geworden. Ich leide wirklich mit ihm mit und würde am liebsten irgendwie helfen.» Jonas schätzt die brüderliche Unterstützung. «Eine helfende Hand zur Seite zu haben, ist schon cool. Und wenn ich im Kampf höre, wie ich von aussen angespornt werde, gibt das schon nochmal einen Extra-Schub an Motivation.»
Teurer Wetteinsatz
Auf dem Weissenstein war diese Motivation wohl genau der entscheidende Baustein. Über den ersten Bergkranz seines Bruders freut sich der Eidgenosse Odermatt riesig. Obschon es ihn ganz schön teuer zu stehen kommt: «Ich habe am Freitag vor dem Fest dummerweise noch gesagt, dass der ganze Abend auf mich geht, sollte Jonas den Kranz holen. Das könnte schon noch ins Geld gehen», erzählt Adrian und fügt grinsend an, dass er in diesem Fall noch so gerne zu seinem Wort stehen werde.