Würden die zwölf Super-Ligisten eine Schulklasse bilden, der FCSG wäre der Streber. Mit Peter Zeidler (61) steht ein ehemaliger Französischlehrer an der Seitenlinie. Mit Matthias Hüppi (65) hat ein Mann das Sagen, der in seinen fünf Jahren im Verein gefühlt noch keinen Tolggen im Reinheft hat. Mit begrenzten Mitteln streben die Espen zur Perfektion. Es ist zu schön, um wahr zu sein. Der Kybunpark ist praktisch immer voll, eine ganze Region trägt Grün-Weiss. Und in der Tabelle liegt man vor dem Duell am Mittwoch gegen Yverdon bloss drei Punkte hinter Leader FCZ.
Was bei der ganzen Heiterkeit aber vergessen geht: Im Sportunterricht hat der Streber in den vergangenen fünf Jahren ungenügend abgeschnitten. Nur einmal qualifizierte sich der Klub unter Zeidlers Ägide für den Europacup. Sinnbildlich steht die vergangene Saison. Selten war die Chance aufgrund der schwächelnden Konkurrenz grösser, sich unters europäische Scheinwerferlicht zu stellen. Am Ende aber landete man bloss auf dem sechsten Platz. Unter anderem, weil man von den vier Spielen gegen Aufsteiger Winterthur drei verloren hat.
Klassensprecher Lukas Görtler stieg auch aus diesem Grund im Sommer auf die Barrikaden, lehnte sich zusammen mit seinen Mitspielern gegen seinen Lehrer Zeidler auf. Görtler sagte damals, als der Zoff publik wurde: «Ich kann mich nicht hinstellen und sagen, es hätte keine intensiven Gespräche gegeben.» Unter anderem soll es laut «Tagblatt» um die Entwicklung der Mannschaft gegangen sein, um taktische Fragen. Die Kritik soll auch das Videostudium und die Vorbesprechung der Gegner betroffen haben. Ganz grundsätzlich sei es um die Gestaltung eines Profibetriebs gegangen. Allgemein sollen die Art von Zeidler und seine Methoden infrage gestellt worden sein.
Görtler ist ein Reisser
Nun, ein halbes Jahr später, liegt der FCSG bloss drei Zähler hinter Leader Zürich. Und er hat in jenen neun Spielen, die man ohne den am Fuss verletzten Lukas Görtler absolviert hat, starke 19 Punkte geholt. Jetzt ist der Leitwolf zurück, steht gegen Yverdon wohl vor seinem Comeback in der Startelf. Und die Frage lautet: Brauchts den von den Fans als Fussballgott verehrten Görtler überhaupt?
Ja, wie ein detaillierter Blick auf die Statistik zeigt. Obwohl er in der laufenden Saison nur sechs Mal auf dem Platz gestanden hat, ist sein Einfluss enorm. Einzig Julian von Moos (22) verzeichnet im Schnitt – bei mehr als doppelt so viel Einsätzen – mehr Schlüsselpässe als Lukas Görtler. Und damit also jene Zuspiele, die einen Mitspieler in Abschlussposition bringen. Steht der Captain auf dem Rasen, ist er als Dreh- und Angelpunkt extrem einflussreich und entscheidend für die Chancenkreation. Kein anderer Mittelfeldspieler bei den Espen kann ein vergleichbares Gewicht fürs Spiel entwickeln.
Statistiken werden im Fussball immer wichtiger. In der Spielanalyse und im Scouting geht heutzutage fast nichts mehr ohne Daten. Doch was sollen die einzelnen Metriken genau bedeuten?
Expected Goals (xG): Ein Modell, das für jeden Torabschluss die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolgs errechnet. Entscheidend sind die exakte Abschlussposition und die Distanz zum Tor – aber auch andere Faktoren wie die Art des Abschlusses (Fuss oder Kopf) oder die Spielsituation (Standard, Konter etc.) fliessen mit ein. Jedem einzelnen Abschluss wird so eine Torwahrscheinlichkeit zugewiesen, die zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor) liegt.
Expected Goals Against (xGA): Das Expected-Goals-Modell kann nicht nur für die Offensive, sondern auch für die Defensive angewandt werden. Mithilfe der Expected Goals Against wird auf Basis derselben Faktoren errechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores per abgegebenem Abschluss des Gegners ist. Durch xGA lässt sich kalkulieren, wie stabil eine Abwehr steht. Je geringer der Wert, desto weniger lässt sie zu.
Expected Assists (xA): Basierend auf dem xG-Modell wird jeder Schussvorlage die Wahrscheinlichkeit eines Treffers zugeordnet – zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor). Der erwartete Assist-Wert (xA) einer Schussvorlage ist also der Wert der erwarteten Tore (xG) des Abschlusses, zu dem diese Vorlage geführt hat.
Expected Points (xP): Dieses Modell drückt aus, wie viele Punkte ein Team pro Spiel oder über einen längeren Zeitraum einfahren sollte, wenn sämtliche xG-Werte eingetroffen wären. Die erwartete Punktzahl setzt sich also aus der Differenz der Variablen xG und xGA zusammen. Ab circa 0,35 xG mehr als der Gegner wird ein Sieg erwartet – und dem Team entsprechend ein Wert von 3 «Expected Points» zugewiesen.
Konstruktionsstatistiken:
- Pässe ins letzte Drittel: Wie viele Bälle bringt ein Team in die gefährliche Zone?
- Schlüsselpässe: Zuspiele, nach denen der Angespielte in eine Abschlussgelegenheit kommt.
- Progressive Pässe: Pässe, nach denen Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
- Progressive Läufe: Läufe mit Ball am Fuss, durch die Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
Statistiken werden im Fussball immer wichtiger. In der Spielanalyse und im Scouting geht heutzutage fast nichts mehr ohne Daten. Doch was sollen die einzelnen Metriken genau bedeuten?
Expected Goals (xG): Ein Modell, das für jeden Torabschluss die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolgs errechnet. Entscheidend sind die exakte Abschlussposition und die Distanz zum Tor – aber auch andere Faktoren wie die Art des Abschlusses (Fuss oder Kopf) oder die Spielsituation (Standard, Konter etc.) fliessen mit ein. Jedem einzelnen Abschluss wird so eine Torwahrscheinlichkeit zugewiesen, die zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor) liegt.
Expected Goals Against (xGA): Das Expected-Goals-Modell kann nicht nur für die Offensive, sondern auch für die Defensive angewandt werden. Mithilfe der Expected Goals Against wird auf Basis derselben Faktoren errechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores per abgegebenem Abschluss des Gegners ist. Durch xGA lässt sich kalkulieren, wie stabil eine Abwehr steht. Je geringer der Wert, desto weniger lässt sie zu.
Expected Assists (xA): Basierend auf dem xG-Modell wird jeder Schussvorlage die Wahrscheinlichkeit eines Treffers zugeordnet – zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor). Der erwartete Assist-Wert (xA) einer Schussvorlage ist also der Wert der erwarteten Tore (xG) des Abschlusses, zu dem diese Vorlage geführt hat.
Expected Points (xP): Dieses Modell drückt aus, wie viele Punkte ein Team pro Spiel oder über einen längeren Zeitraum einfahren sollte, wenn sämtliche xG-Werte eingetroffen wären. Die erwartete Punktzahl setzt sich also aus der Differenz der Variablen xG und xGA zusammen. Ab circa 0,35 xG mehr als der Gegner wird ein Sieg erwartet – und dem Team entsprechend ein Wert von 3 «Expected Points» zugewiesen.
Konstruktionsstatistiken:
- Pässe ins letzte Drittel: Wie viele Bälle bringt ein Team in die gefährliche Zone?
- Schlüsselpässe: Zuspiele, nach denen der Angespielte in eine Abschlussgelegenheit kommt.
- Progressive Pässe: Pässe, nach denen Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
- Progressive Läufe: Läufe mit Ball am Fuss, durch die Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
Seit über vier Jahren spielt Görtler schon beim FCSG. Und immer hat er gerissen. In drei von vier Saisons ist er statistisch der beste zentrale Mittelfeldspieler der Liga. Einzig in der Saison 2020/21 wird er von Lausannes Cameron Puertas (25) übertrumpft. In Sachen Schlüsselpässe ist er in all seinen vier Saisons stets ligaweit in den Top 3, wird immer nur von Servettes Assistkönig Miroslav Stevanovic (33) und teilweise auch von YB-Verteidiger Ulisses Garcia (27) überflügelt. In jeder einzelnen Spielzeit seit seiner Ankunft hat Görtler stets ligaweit die meisten Pässe hinter die Abwehrkette geschlagen. Und auch in Sachen Expected Assists, also erwartbaren Assists gemessen an der Qualität des Zuspiels, gehört der Deutsche zur Ligaspitze. Herausragend.
Anders gesagt: Sportlich ist Görtler beim FCSG nicht zu ersetzen. Das sieht auch sein Lehrer Peter Zeidler so: «Wir haben auch ohne ihn eine sehr gute Punktausbeute, aber wir haben es natürlich lieber, wenn er dabei ist. Er ist ein vorbildlicher Captain, was die Einstellung angeht, und er überträgt seine Energie auf die Kollegen. Wir brauchen ihn, und das weiss er.»
Am vergangenen Wochenende kam Görtler zur Pause, nun dürfte der Captain gegen Yverdon – das Spiel wird wegen massiven Schneefalls neu am Mittwochabend ausgetragen – wieder in die Startelf zurückkehren. Und das, obwohl er noch nicht ganz bei 100 Prozent sei, so Zeidler: «Das ist eine wichtige Voraussetzung für sein Spiel, dass er vor- und zurückgeht. Er trainiert zwar erst seit zehn Tagen wieder mit der Mannschaft, aber er ist konditionell auf sehr gutem Weg.»
Und in Sachen Passspiel ist der Klassensprecher sowieso ein Streber.
* Datenquelle Wyscout
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |