Ski-Legende Roger Staub verstarb vor 50 Jahren
Witwe Lilo erinnert sich an verrücktes Leben

Olympiasieger Roger Staub bleibt auch 50 Jahre nach seinem Tod unvergessen. Hier spricht seine Witwe Lilo Staub über seinen tödlichen Unfall von 1974 und räumt mit einem Mythos auf.
Publiziert: 08.07.2024 um 14:55 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2024 um 16:03 Uhr
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Charmeur und der Liebling aller: So kannte man Roger Staub.
Foto: Blick
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Daniel LeuStv. Sportchef

Wenn heutzutage mal wieder sein Name fällt, dann häufig in einem speziellen Zusammenhang. «Gesucht wird ein Bankräuber. Er trug beim Überfall eine Roger-Staub-Mütze» – so oder ähnlich stehts dann jeweils in den Polizeimeldungen geschrieben. Das Vermächtnis von Roger Staub ist aber weit grösser als nur seine Kopfbedeckung. Er war Schweizer Meister im Eishockey und Wasserski, er wurde als Skirennfahrer Olympiasieger, er erfand den Skistopper, er war «Everybody’s Darling». Doch am 30. Juni vor 50 Jahren ging sein Leben im Alter von 38 Jahren viel zu früh zu Ende.

Wer mehr über sein verrücktes Leben wissen möchte, muss mit Rogers Witwe Lilo Staub, geborene Haussener, reden. Auch sie war einst ein Star und arbeitete in den 60ern beim Schweizer Fernsehen als TV-Ansagerin. Diese galten in jener Zeit als die Schätzchen der Nation und zählten hierzulande zu den ersten weiblichen Prominenten.

Heute ist Staub 84 Jahre alt. Im Gespräch mit Blick erzählt sie, wie sie sich damals in Roger verliebte. «Ich lernte ihn im Frühling 1966 an einer Party im Zürcher Hotel Kindli kennen, wo Willy Schmid auftrat. Er war auf der Durchreise von Australien in die USA. Danach blieben wir in Kontakt, und im September des gleichen Jahres gingen wir gemeinsam nach Acapulco in die Ferien. Dort fragte er mich aus dem Nichts, ob ich seine Frau werden wolle, und plötzlich war ich verheiratet.»

«Alle haben immer von ihm geschwärmt»

Roger Staub war schon damals eine schillernde Figur. Der Bündner wurde in den 50ern mit dem EHC Arosa zwei Mal Meister. Mit 19 setzte er aber auf die Karte Ski. Ein Plan, der aufging. An der WM 1958 in Bad Gastein holte er sich drei Medaillen, und 1960 an den Olympischen Spielen in Squaw Valley gewann er Gold im Riesenslalom. Doch bereits 1961 beendete er auch diese Karriere, baute eine Skischule auf, arbeitete in einem Ski-Resort in Vail, wo später nach seinem Tod in Gedenken an ihn eine Skipiste («Roger’s Run») und ein Park («Roger Staub Park») errichtet wurde, und, und, und.

«Roger kannte in jeder Stadt auf dieser Welt Menschen», erzählt Lilo Staub, «er war befreundet mit Tennis-Legende Rod Laver, fuhr häufig mit dem Schah von Persien Ski, an Silvester wurden wir jeweils von den Kennedys eingeladen, und wenn wir in Las Vegas weilten, bekamen wir im Hotel die Suite von Frank Sinatra, weil Roger auch mit ihm bekannt war. Alle haben immer von ihm geschwärmt.» Gleichzeitig sei er aber keiner gewesen, der mit seinen Kontakten angegeben habe. «Er war nie hochnäsig und immer freundlich. Ich kenne niemanden, der ihn nicht mochte.»

An seiner Seite hat Lilo vieles erlebt. Sie war mit ihm dabei, als er am Mount Hood ein Racing Camp veranstaltete und sie – neben der First Lady des damaligen US-Präsidenten Lyndon B. Johnson – in der legendären Timberline Lodge wohnten, die später durch den Film «Shining» weltberühmt wurde. Und sie hat hautnah miterlebt, wie berühmt er war, als er einmal trotz seines vergessenen Passes problemlos von Zürich nach München fliegen konnte, weil ihn einfach alle kannten und er seinen Charme spielen liess.

Lilo Staub erinnert sich mit einem Lachen an die guten alten Zeiten zurück. «Vieles davon habe ich aber erst nach seinem Tod erfahren, weil er eher introvertiert war und er mit seinen Geschichten nicht angeben wollte. Und er war offenbar ein fairer Sportsmann. An den Olympischen Spielen 1960 soll er gar einem Franzosen vor dessen Start einen wichtigen Tipp gegeben haben, der seinen Konkurrenten zu Gold fahren liess. Wie beliebt er überall war, sah man später auch an seiner Beerdigung. Alle kamen, selbst die Österreicher.»

«Ich hatte immer ein ungutes Gefühl»

1969 kam ihr gemeinsamer Sohn Yuri zur Welt. Das Glück schien perfekt zu sein. Bis zu jenem verhängnisvollen Sommertag 1974. «Roger vertrieb damals in Europa Deltasegel und war ein leidenschaftlicher Deltasegler. Ich hatte dabei immer ein ungutes Gefühl. Vielleicht war es Intuition», erinnert sich Lilo Staub.

Am 30. Juni passierte, was Lilo immer insgeheim befürchtet hatte. Roger stürzte in Verbier beim Test eines neuen Modells aus 150 Metern Höhe ab und brach sich dabei das Genick. Ein Augenzeuge erklärte damals Blick: «Plötzlich geriet der Drachenfürgler in gefährliche Schräglage. Ich sah, wie sich Roger mit aller Kraft wehrte, wie er mit den Beinen ruderte, um wieder eine normale Fluglage zu gewinnen. Aber umsonst …»

Auch heute noch spricht Lilo Staub ungern über diesen tragischen Tag vor 50 Jahren. «Ich war in Zürich, und unser Kind spielte bei den Nachbarn. Die schauten dort mit den Erwachsenen am Nachmittag die ‹Tagesschau› und erfuhren dadurch, dass Roger gestorben ist. Als sie es mir dann auch mitteilten, konnte ich das zuerst gar nicht glauben, denn Roger war zwar schon immer ein Abenteurer gewesen, aber zuvor hatte er sich dabei noch nie auch nur einen Knochen gebrochen.»

In den Tagen danach stürzte vieles auf Lilo ein. Die Beerdigung in der Zürcher Fraumünsterkirche glich einem Staatsbegräbnis. Blick schrieb damals: «Lilo Staub war am Ende ihrer Kräfte, als sie nach knapp einer Stunde die Fraumünsterkirche verliess. Die vergangenen, schicksalsschweren Stunden und Tage haben das Gesicht der jungen Witwe schwer gezeichnet.» Heute sagt sie dazu: «Ich stand damals noch immer unter Schock und habe kaum etwas mitgekriegt.»

Mittlerweile ist das Grab von Roger Staub längst aufgehoben. Die Urne steht bei ihrem Sohn Yuri. «Yuri sagte mir mal, er wolle ihn bei sich haben.»

«Er hat sie nicht erfunden»

Bleibt nur noch eine Frage zu klären: Wie war das noch mal mit der Roger-Staub-Mütze? «Die Mär, dass er sie erfunden hat, stimmt nicht», erklärt Lilo, «ein Lehrer schenkte ihm einst eine solche alte Armeemütze als Glücksbringer. Als er damit gleich das Rennen gewann, liess er die Mützen, die man übers Gesicht runterziehen konnte und die dann nur noch einen Schlitz für die Augen frei hatten, mit anderer Wolle und Farbe herstellen und vertreiben.»

Der Mythos um Roger Staub und dessen Mütze – er hält bis heute an. Den Räubern sei Dank.

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