Fit wie eh und je
So lebt Nati-Legende Zuberbühler heute

In seiner Bilderbuchkarriere stand er über 50-mal im Tor der Schweizer Fussball-Nati. Heute geht es der 53-Jährige kaum ruhiger an. Auf Trab halten ihn seine neunjährigen Zwillinge. Während der EM schreibt «Zubi» Kolumnen für die SI.
Publiziert: 20.06.2024 um 10:47 Uhr
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Aktualisiert: 20.06.2024 um 11:44 Uhr
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Zubi im Garten seines Zuhauses in Wallisellen ZH. Fürs Foto läuft der Rasenmäher nicht, drum sind auch keine Schuhe nötig.
Foto: Joseph Khakshouri
Nadine Gerber
Nadine Gerber
Schweizer Illustrierte

Er ist eine Erscheinung. Auch heute noch, 13 Jahre nach seinem Rücktritt. Der 1,97-Meter-Hüne aus dem Thurgau zieht die Blicke auf sich. 51-mal hütete Pascal «Zubi» Zuberbühler (53) das Tor der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft.

Auch bei der WM 2006 in Deutschland, dem «deutschen Sommermärchen», steht Zubi im Kasten. Eine denkwürdige WM, auch für ihn. Zum ersten Mal überhaupt scheidet ein Team in den Achtelfinals aus, ohne einen einzigen Gegentreffer. Zubi hält bis zum Penaltyschiessen gegen die Ukraine dicht und muss die Finalspiele dennoch daheim im Fernseher schauen. «Verrückt! Ich habe nicht verstanden: Warum sind wir zu Hause? Das war richtig schwierig zu akzeptieren.» Die Geschichte ist ihm bis heute präsent. Noch immer werde er weltweit auf den kuriosen Rekord angesprochen.

Trotzdem blickt Zubi auf eine Bilderbuchkarriere zurück. 20 Jahre Profifussball. Dabei ist diese so gar nicht absehbar. Der gelernte Bauspengler und Sanitärinstallateur rechnet eher damit, ein eigenes Geschäft zu eröffnen. Fussballerisches Talent habe er nicht gross gehabt, meint er ehrlich. «Dafür einen harten Kopf. Als ich meine Chance sah, wollte ich sie um jeden Preis packen.» Die Chance kommt für den Frauenfelder Teenager in der Person von Erich Vogel, zu dieser Zeit Sportchef bei GC. «Ich wusste, dass er bei unserem Spiel gegen Brüttisellen zuschauen würde – und war bereit, bei diesem Match alles zu geben.» Es klappt. Vogel holt Zubi zu GC. Für einen Bruttolohn, der nur marginal über dem eines ausgelernten Spengler/Installateurs liegt. «Nicht alles war früher besser», sagt Zuberbühler.

Späte Familiengründung bereut

Jetzt sitzt er entspannt in der Gartenlounge seines Zuhauses in Wallisellen ZH, trägt Jeans und ein Shirt seines Kleidersponsors. Schuhe oder Socken braucht er nicht. Hier wohnt er mit seiner gleichaltrigen Frau Beatriz und den fast zehnjährigen Zwillingen Nuria und Nevil. Im Garten ein grosses Trampolin, ein paar Fussballaccessoires, Idylle pur. Im Sommer kommen die Kinder in die vierte Klasse. Während Nevil zwar Fussball spielt, jedoch lieber Pilot werden möchte, liebt Nuria Jazzdance.

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Blick+ Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Zubi und Bea haben sich erst spät für Kinder entschieden. «Während meiner Karriere konnte ich mir das noch nicht so richtig vorstellen», sagt er. «Da kam mir wieder mein harter Kopf in die Quere.» Heute bereut er ein bisschen, sich nicht früher für eine Familie entschieden zu haben. «Es tut etwas weh, zu wissen, die beiden sind bald Teenager und haben alte Eltern. Wenn auch mit jungem Mindset. Andererseits geben sie mir natürlich den Anstoss, fit zu bleiben und jeden Quatsch mitzumachen. Ich will ihnen nicht mit dem Rollator hinterherlaufen.»

Darum trainiert Zubi zweimal pro Woche mit Personaltrainer und Bodybuilder Marco Laterza.

Für seine Kinder hält er sich fit.
Foto: Joseph Khakshouri

Der Ostschweizer kostet seine Fussballkarriere aus. Erst mit 40 Jahren tritt er zurück. Die letzten drei Jahre steht der langjährige GC-Torhüter beim Londoner Klub FC Fulham unter Vertrag. Ex-Nati-Trainer Roy Hodgson holt ihn auf die Insel – als offiziell zweiten Torhüter und mit dem Auftrag, die Nummer 1 zu trainieren. So gleitet er sanft in seine Karriere nach der Karriere. Der tiefe Fall bleibt aus. «Ein Torhütertrainer hat mir mal gesagt: ‹Be humble!›, bleib bescheiden. Das hat mich geprägt.» Zubi startet seine zweite Karriere, wird erst Torhütertrainer, später Sportdirektor, bis es ihn 2017 zur Fifa zieht.

An den verschiedenen Weltmeisterschaften von den Junioren bis zur Elite, bei den Frauen und Männern, ortet er Trends, vergibt individuelle Spieler-Awards. Eine Arbeit, auf die er stolz ist. «Es ist ein Privileg, dass ich noch heute, mit über 50, im Weltfussball dabei bin. Ich arbeite mit Spielern, Trainern, bin im Stadion, rieche den Rasen, höre das Jubeln der Fans. Das macht mich glücklich.» Zudem analysiert er Fussballspiele für Blue TV.

Manager lassen Spieler fallen

Zubi weiss, nicht allen ehemaligen Profis ist es ergangen wie ihm. Zu viele hat er abstürzen sehen. Grosse Namen – er will sie nicht nennen –, die keine Perspektive mehr haben. Nochmals also: Früher war nicht alles besser. Sportler würden nach ihrer Karriere sich selbst überlassen. «Manager holen junge Talente ab, rollen ihnen den roten Teppich aus. Doch wenn sie kein Geld mehr bringen, lassen sie sie fallen», weiss er. «Und die Vereine haben kein Interesse daran, die Fussballer dann aufzufangen.» Heute werde Spielern mehr abgenommen, als es früher der Fall war, es werde mehr für sie organisiert. «Ob sich das nach der Karriere auszahlt, ist individuell und natürlich auch Charaktersache.»

Auch die immer höheren Transfersummen sieht Zubi als Problem. «Wir hatten noch nicht die grossen Verträge.» Dafür hätten gerade die Torhüter heutzutage ein höheres Ansehen. «Früher haben Klubs kein Geld ausgegeben für Goalies, sie haben einfach einen genommen. Das ist heute anders.» Inzwischen sehe er in den Kindertrainings auch Jungs mit dem Leibchen ihres Goalie-Vorbilds. «Das gabs früher selten.»

Während der EM schreibt Pascal Zuberbühler für die Schweizer Illustrierte EM-Kolumnen schreiben. «Die SI hat mich lange begleitet und viele schöne Geschichten erzählt», erinnert er sich. «Deshalb habe ich diese Anfrage als einzige angenommen.» Der Nati traut er einen Halbfinaleinzug zu. Doch: «Spieler, Trainer, Staff – alle müssen füreinander da sein und am gleichen Strick ziehen.» Schon die Gruppenphase dürfe nicht unterschätzt werden. «Deutschland ist gross, Schottland und Ungarn sind easy – so einfach ist es nicht. Heutzutage können alle Fussball spielen.»

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