Vom mächtigen zum isolierten Investor in 365 Tagen
Der Auf- und Abstieg von FCL-Patron Alpstaeg

Noch vor einem Jahr wirke Bernhard Alpstaeg nach aussen als der starke Mann beim FC Luzern. Inzwischen sind seine Pläne durchkreuzt worden und seine Gegner werden immer mehr.
Publiziert: 21.10.2023 um 01:20 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2023 um 09:26 Uhr
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Fotografiert man den Zoff rund um den FCL, merkt man, dass Bernhard Alpstaeg zunehmend isoliert dasteht.
Foto: Pius Koller
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Carlo Emanuele FrezzaReporter Fussball

Eins vorneweg: Im Zoff um den FC Luzern ist noch nichts entschieden. Und daran dürfte sich so schnell wenig ändern. Zu viele Verfahren sind hängig. Es bedarf aber keiner Zauberei, um festzustellen, dass Bernhard Alpstaeg (78) zunehmend alleine dasteht. Der Verwaltungsrat, grosse Teile der Fans, die Stadt Luzern und das Aktionariat agieren gegen ihn.

Noch vor einem Jahr war Alpstaeg der starke Mann. Er wollte von heute auf morgen die ganze Führungsriege in die Wüste jagen und eigene Leute einsetzen. Darunter seine Tochter Giulia (31), die einen Hochschulabschluss in Kommunikation hat. Sie soll eines Tages Präsidentin des Klubs werden, hiess es. Auch der bekannte Spielerberater Giacomo Petralito (74) sollte im FCL-Konstrukt Platz finden. Doch Alpstaegs Plan wurde auf der Ziellinie durchkreuzt.

Für den 78-jährigen Investor ein Schlag ins Gesicht, der ihn so stark in seinem Stolz verletzt hat wie wohl noch nie etwas in seinem Leben. Kein Wunder. Schliesslich ist sich Alpstaeg in seiner Berufskarriere Erfolge gewöhnt und nicht Niederlagen.

Erfolgsstory Swisspor

Das Fundament seiner Laufbahn legte er 1971. Zusammen mit seinem Bruder Georges gründete er damals 25-jährig die Firma Swisspor. Sie starteten mit 14 Mitarbeitenden. Längst ist aus dem KMU ein führendes Unternehmen im Dämmen und Dichten von Bauten geworden, mit über 4000 Angestellten. Eine Erfolgsgeschichte, die ohne Alpstaegs Tugend und seinen Fleiss nicht möglich gewesen wäre.

In der Baubranche kommt Alpstaegs Art an. Wo die Töne rau sind, braucht es jemanden, der sagt, wo es langgeht, alle abholt und die Ellbogen, wenn nötig ausfährt. Er weiss auch zu gefallen und sich entsprechend zu positionieren. Das kann er wie kein Zweiter. Auch heute noch versucht er, sich so oft wie möglich unter die Angestellten zu begeben, um sie zu spüren.

Unter dem Strich versteht er sich aber seit jeher als Patron. Gegenüber der NZZ erklärte er, wie es zum Einstieg beim FCL kam. «Alle Geschäftsleiter waren gegen den Einstieg, im Verhältnis 6:1. Sie sagten mir: ‹Spinnst du?› Ich antwortete: ͔‹Es ist jetzt so. Es kostet 10 Kisten, 10 Millionen.› (…) In einer normalen Geschäftsleitung wäre ich nicht durchgekommen. Aber das war eine patronale Entscheidung.»

Durch Giulia zum Fussball gekommen

Dass Alpstaeg überhaupt zum Fussball gekommen ist, liegt an seinem einzigen Kind. «Giulia war schon als Kind FCL-Fan. Früher beim Morgenessen hatten wir ständig Krach, weil sie zum Fussball ging, ohne dass sie die Hausaufgaben gemacht hatte. Aber dann merkte ich, wie gut ihr der Umgang mit der Fanszene tat», erzählte er Blick vor einem Jahr.

Als ihn 2008 der damalige FCL-Präsident Walter Stierli anfragt, beim Neubau des Fussballstadions mitzumachen, lässt sich Alpstaeg überreden. Fussball habe seinen Horizont geöffnet und ihn jünger gemacht. Nur vom finanziellen Aspekt zeigte er sich zu Beginn enttäuscht. «Ich dachte, dass geschäftlich mehr passiert.»

Einfach zu fassen ist Alpstaeg – anders als in der Baubranche – im Fussball aber nie gewesen. In seiner Zeit als FCL-Aktionär hat er schon mehrfach angegeben, dass er von diesem Sport wenig verstehe. Mit den Jahren ist der Eindruck entstanden, dass er je nach Person, die ihm gerade nahe steht, entsprechend handelt. Denn mit Kritik hat Alpstaeg nie gespart. Nicht immer ist es ihm um die Sache gegangen. Meist zielte er auf den Mann. 

Das Versprechen Alpstaegs

Umso grösser war in der Zentralschweiz die Verwunderung, als sich Alpstaeg 2021 im Rahmen der Beilegung des ersten grossen Luzerner Aktionärsstreits bereiterklärte, sich fortan aus der Öffentlichkeit zurückzuhalten. Er versicherte das nicht nur an einer Pressekonferenz, sondern auch schriftlich an die damals abtrünnigen Aktionäre Samih Sawiris, Hans Schmid und Marco Sieber.

Wie Schmid kürzlich erzählte, habe er damals den einzig übrig gebliebenen Mitaktionär Josef Bieri (66) davor gewarnt, dass Alpstaeg dieses Versprechen nicht einhalten werde. Er sollte recht behalten. Die einen sagen, es sei Alpstaegs gutes Recht, zu poltern. Schliesslich gehöre ihm die Mehrheit am Klub. Andere wiederum haben kein Verständnis für sein Verhalten, auch weil er operativ keine Rolle mehr spielte. 

Komplett verschiedene Hintergründe

Bieri gehört zur zweiten Gruppe. Dass sich diese beiden Investoren nicht riechen können, liegt wohl auch an den völlig unterschiedlichen Berufsfeldern, in denen sie ihr Glück suchten. Alpstaeg in der Baubranche, Bieri im Finanzwesen.

Die Börse bezeichnete Alpstaeg einmal als «Lölizeugs», und die Manager seien am schlimmsten: «Das sind Abzocker, die nur auf die eigenen Vorteile schauen!» Bei diesen Aussagen einen gemeinsamen Nenner zu finden, scheint tatsächlich nicht einfach. Wenigstens eins haben die beiden aber gemeinsam: Bis zum Schluss kämpfen sie um den FCL.

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