Country-Musik läuft. Das verleiht dem rustikalen und gleichzeitig modern eingerichteten Appartement der Holdens einen Cowboy-Charme. Die Aussicht auf Davos ist an diesem sonnigen Nachmittag phänomenal. Das Bananenbrot duftet. Dies an Tagen vor Spielen zu backen, ist eines der Rituale von Janie Holden, der Frau von HCD-Trainer Josh Holden.
Die Familie ist zusammengekommen. Am Tisch sitzen die Töchter Noa (23), Maren (21) und Kapri (19). Jede von ihnen wird in einem anderen Land geboren – aber für alle ist die Schweiz seit 2005 ihre Heimat. Noa kommt in Vancouver (Ka) zur Welt. Dort lernen sich ihre Eltern 1999 kennen. «Diese Geschichte willst du hören», lacht sie. Unbedingt.
Janie, US-Amerikanerin aus Arizona, besucht in Vancouver eine Freundin. «Wir sassen im Taxi und fuhren auf der Strasse fast einen Mann an», erzählt sie. Es ist Josh Holden, 1996 von den Canucks gedraftet, der für das Sommertraining in der Metropole in Kanadas Südwesten weilt. Sie laufen sich an jenem Tag immer wieder über den Weg, weil Janies Freundin mit einem seiner Mitspieler zusammen ist. Kurzerhand bucht der Stürmer einen Flug fürs nächste Wochenende und besucht Janie in Arizona.
Sie verlieben sich. Gedanken darüber, wie ein Leben als Spielerfrau sein könnte, macht sie sich nicht. «Auch keine Sorgen», erzählt die vierfache Mutter, die damals Sohn Cody mit in die Ehe bringt. 13 Umzüge in den ersten zehn Jahren? Die Holdens haben das als Familie gemeistert. Maren wird in Scottsdale, Arizona, geboren. Kapri in Finnland, als ihr Vater 2004/05 bei HPK spielt.
Dann der Wechsel in die Schweiz nach Fribourg, Langnau und später Zug, das zu ihrem Zuhause wird. Holden spielt von 2008 bis 2018 für den EVZ, bleibt danach noch fünf Jahre als Assistenztrainer. Wie aussergewöhnlich für einen Ausländer eine so lange Zeit beim gleichen Klub ist, das weiss die Familie. Genug hat sie erlebt. Die letzten sieben Saisons als Spieler sind jedoch keine einfachen. Der Stürmer unterschreibt immer nur Einjahresverträge. «Da waren wir manchmal verunsichert, weil wir lange nicht wussten, wie es weitergeht», erinnert sich Janie Holden.
Etwas steht jedoch immer ausser Frage: Für die Familie ist klar, egal, wohin ihr Mann und Papa das Hockey führt, sie zieht mit ihm mit und passt sich an. Für Aussenstehende ist diese bedingungslose Bereitschaft oftmals nur schwer nachvollziehbar, manchmal aber auch bewundernswert. Die Holdens jedoch sehen es nicht als Aufopferung, «wir sind als Familie dank diesem Hockey-Leben noch enger zusammengewachsen», beschreibt es die Trainer-Frau, «unsere Töchter kennen nichts anderes.» Die Holdens betrachten diesen Lebensstil als Geschenk, lieben jeden Ort, an den er sie geführt hat. «Alles ist eine Frage der Perspektive», ergänzt Tochter Noa, «einige würden es als Aufopferung sehen, wir als Abenteuer.»
Derjenige, der ihnen dies beschert hat, kommt kurz nach Hause, um Hallo zu sagen. Dass die Holdens ein inniges, offenes und herzliches Verhältnis mit viel Humor haben, spürt man. Es vergeht kein Tag, an dem dem HCD-Headcoach nicht bewusst ist, was seine Familie für ihn tut und ihm bedeutet. «Ich bin der glücklichste Ehemann und Vater, und so stolz auf sie.»
Seine Töchter sind damit aufgewachsen, dass sie ruhig sein müssen, wenn ihr Dad an Spieltagen am Nachmittag ein Nickerchen macht. «Wir wussten sofort, dass wir dann still sein müssen», grinst Noa, «das ist heute noch so.» Auch als Trainer behält Doppelbürger Holden (Sz/Ka) diese Gewohnheit bei. Von seinem einstigen Pre-Game-Snack, einem Erdnussbutter-Konfitüre-Sandwich, ist er aber abgekommen. Dieses oder ein Bananenbrot haben ihm seine Töchter als kleine Mädchen jeweils liebevoll eingepackt und auf der Folie kleine Notizen als Glücksbringer hinterlassen.
Weitere Rituale? Alle grinsen. Die Schwestern haben Glücksbringer-Halsketten gehabt, Tenüs ihres Vaters mit Glitzersteinen verziert, Noa designt Kleidungsstücke mit Teilen aus Hockeyleibchen, «und auf den Fahrten zu den Spielen hören wir immer Songs von Taylor Swift», sagen sie lachend. Doch was ist das für ein Gefühl, dem Liebsten, dem Vater, bei der Arbeit zuschauen zu können – zusammen mit Tausenden anderen Menschen? Janie Holden atmet tief ein. «Wenn wir zur Halle kommen und ich sehe all die Leute, die fürs Team, auch für Josh, da sind, spüre ich schon den Druck. Ich wünsche mir dann so sehr, dass sie abliefern können.»
Für die mittlere Tochter Maren ist es wichtig, live an den Spielen zu sein. «Ich habe das Gefühl, Dad dann so am besten unterstützen zu können, wenn er weiss, dass jemand von uns da ist.» Der Trainer der Davoser nickt. «Das stimmt, das gibt mir ein gutes Gefühl.» Die Familie hat immer ein verstecktes Handzeichen, mit dem es sich jeweils begrüsst. Schon als Josh Holden noch Spieler war – und auch jetzt an der Bande.
Auch Cody Holden (32), der in Arth SZ lebt, schaut sich alle Spiele und danach noch die Highlights an. Für ihn ist es immer unvergleichlich gewesen, wenn sein Adoptivvater entscheidende Tore in wichtigen Spielen geschossen hat «und ihn dann jubeln zu sehen. Ich hoffe, er feiert als Trainer die gleichen Erfolge wie als Spieler». Nur über einen Unterschied zwischen Spieler- und Trainer-Karriere ist er erleichtert: «Ich muss mir keine Sorgen mehr machen wegen schlimmer Verletzungen.» Seine Mutter übrigens hat das nie, «Josh sagte mir immer, solange er wieder aufsteht, müsse ich keine Angst haben».
Doch nebst der Aufregung, dem Adrenalin, Mitfiebern und Jubeln – es gibt auch Momente mit schwierigen Emotionen. Der Beschützer-Instinkt der jüngsten Tochter Kapri ist ausgeprägt, «wenn mein Vater als Spieler ausgebuht worden ist, hat mich das immer geärgert». Mutter Janie erzählt von einem Erlebnis am Spengler Cup, als Josh Holden fürs Team Canada spielt und die da erst siebenjährige Maren mit einem Holden-Tenü rumläuft: «Leute haben geschrieen. F… you Holden, f… you.» Maren habe im Gegensatz zu Kapri einfach nur gelächelt.
Als Spieler ist Josh Holden ein Entertainer gewesen, als Trainer kommt seine demütige und ausgeglichene Persönlichkeit zur Geltung. Aber ob Stürmer oder Coach, ob Regular Season oder Playoffs, für die drei Holden-Girls ist er einfach nur ihr Dad. «Zu Hause war er nie angespannt, auch in den Playoffs nicht. Er hat uns immer bei den Hausaufgaben geholfen», erinnert sich Kapri, «oder er hat uns die Haare gebürstet – und manchmal wir seine, er trug sie als Spieler ja lang.»
Erinnerungen hätte die Hockey-Familie aus all den Jahren noch unzählige zu erzählen, doch Josh Holden hat nur noch Zeit für einen kurzen gemeinsamen Spaziergang mit Familienhund Lumi, bevor er wieder in die Eishalle zurück muss. Seine Liebsten fiebern mit ihm dem Viertelfinal-Showdown am Samstagabend gegen Lausanne entgegen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | ZSC Lions | 19 | 19 | 40 | |
2 | HC Davos | 21 | 21 | 40 | |
3 | Lausanne HC | 21 | 8 | 40 | |
4 | SC Bern | 22 | 15 | 36 | |
5 | EHC Kloten | 21 | 2 | 33 | |
6 | EV Zug | 21 | 14 | 33 | |
7 | EHC Biel | 21 | 0 | 32 | |
8 | SC Rapperswil-Jona Lakers | 21 | -4 | 31 | |
9 | HC Fribourg-Gottéron | 21 | -9 | 27 | |
10 | SCL Tigers | 19 | -3 | 25 | |
11 | HC Lugano | 19 | -13 | 25 | |
12 | HC Ambri-Piotta | 19 | -12 | 24 | |
13 | Genève-Servette HC | 17 | -3 | 22 | |
14 | HC Ajoie | 20 | -35 | 15 |