Die Notengebung der Kampfrichter kann die Gemüter auf den Tribünen der Schwingfeste landauf, landab zuweilen ziemlich erhitzen. Wobei allen klar ist, dass an diesen Urteilen nicht gerüttelt werden kann. Schreiben die Kampfrichter ihren Entscheid auf das Notenblatt, ist die Sache geregelt. Aber Moment mal – Notenblatt? So etwas hat man in dieser Saison an noch keinem einzigen Kranzfest gesehen.
Still und heimlich ist in der Schwingerszene eine kleine Revolution passiert. Die seit Jahrzehnten eingesetzten Notenblätter sind von der Bildfläche verschwunden. Seit dieser Saison arbeiten die Kampfrichter mit Tablets und einem komplett neuen Ranglistenprogramm. Das Schwingen ist in der Moderne angekommen.
Vorteile überwiegen
Einer der Köpfe hinter dieser Revolution ist Jakob Aeschbacher, IT-Verantwortlicher beim Eidgenössischen Schwingerverband und Präsident des Berner Teilverbands. Als eine Revolution würde er die neue Technik nicht gerade bezeichnen. «Jeder Kanton hatte zuvor sein eigenes Ding mit eigenen Programmen durchgezogen. Im Kanton Bern haben wir bei grösseren Festen schon mit Tablets und einem digitalen Ranglistenprogramm gearbeitet», erzählt er. Doch dieses Programm hätte in zwei Jahren erneuert werden müssen. «Darum haben wir im Zentralvorstand entschieden, jetzt gleich ein Programm für die ganze Schweiz entwickeln zu lassen.»
Natürlich ist so ein Projekt mit Kosten verbunden. Eine Box mit sieben Tablets und einem Wlan-Router kostet etwa 5000 Franken. Bezahlen müssen das die Teilverbände, der ESV stellt das Material lediglich zur Verfügung. Aeschbacher betont: Verpflichtet zum Kauf ist niemand. Die Notenblätter sind immer noch eine Option. Doch die Vorteile der Technik hätten alle überzeugt.
Im Programm werden sämtliche Paarungen laufend aktualisiert, genau so die Zwischenranglisten und Statistiken, was besonders für Medienschaffende und TV-Stationen sehr praktisch ist. Für die Zuschauer werden die Zwischenranglisten nach jedem Gang sofort auf die ESV-Homepage hochgeladen. Wer also keinen Franken im Sack hat, um am Schwingfest das Zwischenklassement auf Papier zu kaufen, hat online gratis Zugriff darauf.
Begeisterung kam zaghaft
Dass die neue Technik in dieser Saison kaum aufgefallen ist, freut Jakob Aeschbacher. «Für die erste Saison dürfen wir wirklich zufrieden sein. In der Anwendung gibt es schon noch das eine oder andere zu verbessern. Aber wir wollen ja noch etwas zu tun haben!»
Ganz so reibungslos lief das IT-Projekt aber nicht von Anfang an. Schon Aeschbachers Vorgänger riss ein ähnliches Projekt zur Vereinheitlichung der Programme an, damals erfolglos. Auch der jetzige IT-Chef musste etwas kämpfen: «Sagen wir es so: Wir sind 26 Kantone, da gibt es 26 Meinungen. Aber am Schluss hatte keiner eine bessere Idee. Also sind wir die Sache gemeinsam angegangen.» Und auch die Kampfrichter waren anfangs ziemlich skeptisch. «Aber das ist ja immer so, wenn irgendetwas Neues eingeführt wird.» Mittlerweile würde wohl keiner sein Tablet wieder gegen die altbackenen Notenblätter umtauschen wollen.