Samstag, 8 Uhr, Sportplatz Birkenau in Rebstein SG: Zig Vereinsmitglieder stellen gerade ein Festzelt auf, als Betim Fazliji (24), der verlorene Sohn, der Hamburg-Rückkehrer, der Ur-Rebsteiner, überraschend auftaucht. Die Freude ist gross, die Begrüssung herzlich. Einer ruft vom Festzelt rüber: «Hey Betim, komm uns helfen!» Fazliji winkt grinsend ab. Es wird gewitzelt, es werden Sprüche gemacht. Man spürt: Dieser Mann ist hier zu Hause.
Und er ist zurück am Ort, wo alles begann. Wo er die meiste Zeit seiner Kindheit verbrachte. «Betim war immer der Erste auf dem Platz. Er war praktisch immer dort», erinnert sich sein D-Juniorentrainer Martin Eggenberger zurück. Ob er schon damals gewusst habe, dass Fazliji es schaffen könnte? «Ja, weil er den unbedingten Willen hatte und ein Teamplayer war.» Er sei es gewesen, der damals aus dem offensiven Mittelfeldspieler einen Verteidiger gemacht habe, sagt Eggenberger.
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Dass Fazliji nun beim grossen FCSG die Defensivprobleme lösen soll, macht den langjährigen Juniorentrainer stolz. Noch heute haben die beiden regelmässig Kontakt: «Betim nennt mich spasseshalber Pep. Wegen Guardiola. Er kommt oft vorbei, er ist einer von uns geblieben, und das ist extrem schön.»
Familie an erster Stelle
Auch Kushtrim, sein älterer Bruder, spielt hier. In der zweiten Mannschaft des FC Rebstein. Wenns die Zeit zulässt, besuchen sie sich gegenseitig an den Spielen. Die Familie wird bei Fazliji grundsätzlich ganz gross geschrieben.
Rückblick zum April 1999: Die schwangere Mama weilt gerade mit den zwei älteren Kindern in der Heimat in Presheva. Eine Kleinstadt in Südserbien, die mehrheitlich von Albanern bewohnt ist. Die Wehen setzen ein, und Betim kommt im benachbarten Vranje zur Welt. Der Papa? Sitzt in der Schweiz fest, kann aufgrund des Jugoslawien-Kriegs nicht zu seiner Familie reisen. Er sieht seinen jüngsten Sohn erst Monate später zum ersten Mal.
Umso mehr ist die Familie zusammengerückt: «Ich liebe es, etwas mit ihnen zu unternehmen, und bin unendlich stolz auf meine Eltern. Nur durch unzählige Überstunden- und Wochenendarbeit haben sie uns dieses Leben ermöglicht. Dafür bin ich ihnen auf ewig dankbar.» Heute arbeitet die Mutter aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr, der Vater ist seit eh und je Bauschlosser.
Papa stellte ein Ultimatum
Und Fazliji? Der hatte von klein auf nur eines im Kopf. «Zuerst habe ich ein paar Garagentore kaputt geschossen, dann ging es zum FC.» In der Schule war es ähnlich. «Ich war kein Vorzeige-Schüler, habe auch mal Lehrer geärgert oder auch gespickt.» Doch mit seiner freundlichen Art habe er sich dann doch immer durchgeboxt. Später schloss der heute 24-Jährige eine KV-Ausbildung ab. Allerdings nur, weil ihm sein Papa ein Ultimatum gestellt hatte: «Wenn du keine Lehre machst, kannst du den Fussball vergessen!»
Die ersten Schritte machte er beim FC Rebstein, allerdings nur bis zu den D-Junioren. Denn Fazliji wurde für das U11 Team der Rheintal/Bodensee-Auswahl aufgeboten. Dort setzte er sich rasch durch, ehe er ab der U16 für den FC St. Gallen auflief. Die Profis habe er schon mit zwölf Jahren erstmals im Stadion besucht.
Zeidler überglücklich
Peter Zeidler, der Trainer des FCSG, bekommt fast Schnappatmung. Derart happy ist er über den Transfer. «Ich krieg mich dann schon irgendwann wieder ein, aber ja: Ich freue mich riesig.» Es habe «sehr weh» getan, als Fazliji den FCSG vergangenen Sommer in Richtung St. Pauli verlassen habe.
«Er wollte diese Chance unbedingt ergreifen, hat dann aber gemerkt, wie schön es doch in St. Gallen war.» Auf welcher Position er Fazliji einsetzen werde, kann Zeidler noch nicht sagen. Viel spricht aber dafür, dass der kosovarische Nationalspieler als Innenverteidiger agieren wird.
Gespräch mit Timo Schultz
Und wie es der Zufall so will, spielt Fazliji gleich zum Saisonstart gegen jenen Trainer, der ihn vor einem Jahr zu St. Pauli holte: FCB-Coach Timo Schultz (45). «Er ist ein sehr fussballverrückter Typ, hat mich stets zur Seite genommen und war sehr kommunikativ. Er hat einen geilen, trockenen Humor und ich freue mich riesig darauf. Er kann sich schon mal warm anziehen», sagt Fazliji mit einem Schmunzeln.
Durch diese Verbindung wurde sogar ein Wechsel zum FCB ein Thema. Es kam zu einem Gespräch mit Schultz, ohne dass es aber konkret geworden sei. «Es war Interesse da. Aber für mich war klar, dass ich zum FC St. Gallen wechsle. Einmal Grün-Weiss, immer Grün-Weiss. Darum war es eine klare Sache, dass ich hierhin komme», erklärt Fazliji seinen Korb an die Basler. Er sei stets in Kontakt mit den Verantwortlichen des FC St. Gallen gewesen, und deshalb kam es für ihn ohnehin nicht infrage, jenen Klub, bei dem er gross wurde, für den FCB abzustossen.
Dass er den FC St. Pauli nach nur einer Saison und trotz Vertrag bis 2025 frühzeitig verlässt, habe ebenfalls mit dem FCSG zu tun, sagt der Heimweh-St.-Galler.
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Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Zürich | 14 | 7 | 26 | |
2 | FC Basel | 14 | 20 | 25 | |
3 | FC Lugano | 14 | 6 | 25 | |
4 | Servette FC | 14 | 2 | 25 | |
5 | FC Luzern | 14 | 4 | 22 | |
6 | FC St. Gallen | 14 | 6 | 20 | |
7 | FC Lausanne-Sport | 14 | 2 | 20 | |
8 | FC Sion | 14 | 0 | 17 | |
9 | BSC Young Boys | 14 | -5 | 16 | |
10 | Yverdon Sport FC | 14 | -10 | 15 | |
11 | FC Winterthur | 14 | -21 | 11 | |
12 | Grasshopper Club Zürich | 14 | -11 | 9 |