Ihre Frage anerkennt, dass zwischen Ihnen und dem Zustand der Welt ein Zusammenhang besteht. Wir neigen ja zum Glauben, die Wirkung unseres persönlichen Gebarens sei mikroskopisch und damit irrelevant. Doch der Einzelne macht sehr wohl einen Unterschied.
- Wählen und stimmen Sie Grün. Die vergangenen dreizehn Monate sind die heissesten gewesen seit Beginn der globalen Temperaturmessungen 1880. Trotzdem gibt es immer noch Politiker und Parteien, die behaupten, es gebe keinen Klimawandel. Spätere Generationen werden voller Zorn auf dieses ignorante Geschwätz zurückblicken, während sie – vermutlich erfolglos – versuchen, dessen katastrophalen Folgen beizukommen.
- Hören Sie auf, in der Welt herumzujetten. Wir belasten die Erde in einem Mass, das deren Fähigkeiten zur Erholung massiv übersteigt, mit wachsender Tendenz. Kein Wunder, glauben wir doch, ständig irgendwelche entlegenen Orte aufsuchen zu müssen. Vergessen Sie also Thailand und die Seychellen – und verbringen Sie Ihre Ferien künftig im Engadin oder am Neuenburgersee. Es ist da nicht weniger hübsch. Aber wesentlich verträglicher – man kommt mit dem Zug hin.
- Ersetzen Sie nicht Dinge, die funktionieren. Natürlich ist es geil, alle zwei Jahre das Auto zu wechseln. Aber die Produktion eines Neuwagens kostet so viel Energie, wie ein Haushalt in zehn Jahren verbraucht. Alles, was neu produziert werden muss, belastet die Umwelt – selbiges gilt für die Entsorgung. Nutzen Sie also Ihr iPhone, solange es noch funktioniert, und kaufen Sie danach ein «Fairphone», dessen Display, Kamera und Batterie leicht ersetzt werden können. Kaufen Sie generell weniger Zeug. Sie brauchen es sowieso nicht, und es wird oftmals ausbeuterisch hergestellt.
- Essen Sie weniger Fleisch oder gar keines. Die Fleischindustrie ist einer der übelsten Klimakiller – ein Viertel der CO2-Belastung geht darauf zurück, der Regenwald wird abgeholzt, um Platz für den Anbau von Futtergetreide zu schaffen, und für ein Kilo Rindfleisch werden 20'000 Liter Wasser vernichtet. Wer Fleisch isst, zerstört mit jedem Bissen unseren Planeten – vom Tierleid gar nicht erst zu reden.
- Wählen Sie keine Politiker und Parteien, die Waffenexporte fördern. Sie finden, es gebe zu viele Flüchtlinge? Dann sollten Sie sich fragen, was diese dazu gebracht hat, ihre Heimat zu verlassen. Meist sind es bewaffnete Konflikte. Die aber können nur geführt werden, weil jemand die Bewaffnung besorgt. Dazu gehören auch Schweizer Firmen – unterstützt von Schweizer Politikern, die erst 2014 das Waffenexportgesetz gelockert haben, zum Vorteil ihrer Kumpane in der entsprechenden Industrie. Es sind bezeichnenderweise meist dieselben Leute, die am lautesten gegen die «Schmarotzer» schimpfen – also jene, die vor der Wirkung der Produkte davonrennen, die unter anderem wir ins Ausland verkauft haben. Lustig, nicht?
Sie sehen, Sie können einiges tun – indem Sie eben einiges nicht mehr tun. Verzicht ist das Gebot der Stunde. Wir stehen diesem kritisch gegenüber, weil wir ihn als Einschränkung unserer Freiheit erleben, als Verlust von Lebensqualität. Aber wenn unsere Auffassung dieser Begriffe so heftig auf Kosten der Natur und der Dritten Welt geht, unterliegen wir vermutlich einem Missverständnis.
Der Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer beobachtet seine Mitmenschen seit nunmehr 41 Jahren. Das ist denen nicht immer recht. Haben auch Sie Fragen an ihn? magazin@sonntagsblick.ch, Betreff: «Meyer»
Der Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer beobachtet seine Mitmenschen seit nunmehr 41 Jahren. Das ist denen nicht immer recht. Haben auch Sie Fragen an ihn? magazin@sonntagsblick.ch, Betreff: «Meyer»