Was Beziehung, Ehe und Elternschaft anbelangt, haben sich in der jüngeren Vergangenheit gewaltige Veränderungen vollzogen. In den 1980er-Jahren löste das Wort Scheidungskind noch Mitleid und Empörung aus, doch heute benutzt es kaum jemand mehr – weil so viele Kinder geschiedene Eltern haben oder – schlimmer noch – unehelich sind! Auch so ein Wort, das aus der Mode gekommen ist.
Gleichzeitig freunden sich junge Menschen mit einer Erkenntnis an, die ihre Eltern noch völlig aus der Bahn warf: dass eine Beziehung nicht zwingend ein Leben lang hält. Und dass das keine Schande ist und auch kein charakterliches Versagen, sondern der ganz normale, letztlich gesunde Lauf der Dinge. Sie sind folglich nicht etwa am Boden zerstört, weil Ihre Ehe zerbrochen ist, sondern weil Ihr Wertmassstab aus einer vergangenen Epoche stammt.
Gemessen an heutigen Idealen muss man vorbehaltlos anerkennen: Was, so lang sind Sie verheiratet gewesen? Respekt! Reife Leistung! Es ist erfreulich, dass Sie sich so lang für einen gemeinsamen Weg engagiert und dabei eine – hoffentlich – innige, vertrauensvolle Partnerschaft geführt haben.
Ebenso erfreulich ist aber auch, dass das Leben Sie nun in eine neue Richtung führt – und mit der Möglichkeit beschenkt, sich noch einmal zu entwickeln und noch einmal zu wachsen. Offenbar ist das in Ihrer Beziehung nicht mehr möglich gewesen.
Unsere Gefühle sind direkt abhängig von unserer Sicht auf die Dinge. Solange Sie das Ende Ihrer Ehe als Katastrophe betrachten, wird es sich auch genau so anfühlen. Versuchen Sie also, eine Sichtweise einzunehmen, die sich für Sie gut anfühlt. Fragen Sie sich nicht, was Sie verloren haben, sondern was Sie nun alles gewinnen können. Und seien Sie dankbar dafür, dass Sie mit Ihrem Ex-Partner so viel erreicht haben.