Es ist ein faszinierendes Naturgesetz, dass für jedes Defizit, das wir in einer bestehenden Partnerschaft verspüren, eine Person auftaucht, die jene Lücke zu füllen scheint. Wer tiefe Gespräche vermisst, wird bald anderswo in sie verwickelt. Und wem die Erotik fehlt, wird plötzlich in heftige Versuchung geführt.
Eine zweite universale Gesetzmässigkeit besagt, dass die meisten Menschen sich lieber mit den Reizen einer neuen Bekanntschaft beschäftigen als mit den Herausforderungen, die sich im bestehenden Rahmen stellen. Das heisst, sie halten nicht inne und fragen sich, was nun am besten zu tun sei, sondern sie tun einfach mal und schauen dann später. Schliesslich, finden sie, steht ihnen nach all dem Verzicht auch mal etwas Spass zu.
So entstehen heimliche Affären, deren Problematik weniger im Umstand besteht, dass man fremdgeht, sondern in erster Linie darin, dass man kurzerhand auch im Namen seines Partners in die ganze Sache einwilligt.
Der wird ja nie gefragt – was einzig daran liegt, dass mit besagter Einwilligung kaum zu rechnen ist –, weswegen in solchen Fällen auch eher von Diebstahl gesprochen werden müsste als von Betrug.
Reden Sie mit Ihrer Partnerin darüber, dass Sie jemanden kennengelernt haben. Teilen Sie ihr mit, was Sie an dieser Person besonders anzieht und was Sie in Ihrer Beziehung vermissen.
Gestatten Sie ihr, eingeweiht zu werden in Ihre Gefühle und Gedanken – und eine Meinung dazu zu äussern. Das ist gewiss sehr anstrengend für Sie, aber nichts als fair für Ihre Partnerin. Vielleicht finden Sie dabei heraus, dass Ihr gemeinsamer Weg ein Ende finden muss, vielleicht verleihen Sie ihm aber auch eine neue Richtung und Tiefe. Solange Sie noch eine Freundin haben, ist es nicht sonderlich sinnvoll, sich Gedanken über eine neue zu machen: Sondern einzig bequem und egoistisch.
Der Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer beobachtet seine Mitmenschen seit nunmehr 41 Jahren. Das ist denen nicht immer recht. Haben auch Sie Fragen an ihn? magazin@sonntagsblick.ch, Betreff: «Meyer»
Der Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer beobachtet seine Mitmenschen seit nunmehr 41 Jahren. Das ist denen nicht immer recht. Haben auch Sie Fragen an ihn? magazin@sonntagsblick.ch, Betreff: «Meyer»