So herrlich ursprünglich und fotogen das Muggiotal auch sein mag, möglicherweise hätte sich an seinen schwer zu bewirtschaftenden Hängen nie jemand niedergelassen, wenn nicht eine besondere Pflanze den Menschen dort (fast) alles geliefert hätte, was man zum Leben braucht: Castanea Sativa – die Edelkastanie.
Seit sie zur Römerzeit dort angesiedelt wurde, ernähren ihre Früchte Mensch und Vieh. Stämme und Äste dienten zur Herstellung von Gebrauchsgegenständen und Holzkohle. Die Blätter sind besonders vielseitig: Die Menschen stopften sie in die Matratzen und streuten sie als Unterlage fürs Vieh in den Ställen aus. Sie wurden zum Färben von Stoffen verwendet und als Heilmittel gegen Husten und Durchfall sowie zur Wundbehandlung.
Ein grosses A für einen grossartigen Baum
So wichtig und wertvoll war den Muggiotalern dieser Baum, dass sie ein fast sakrales Verhältnis zu ihm entwickelten. Das gilt bis heute. So wurde der Kastanie ein eigener Lehr- und Wanderpfad gewidmet, der «Baumweg», der «Sentée da l’Albur» – wohlgemerkt mit gross geschriebenem «A».
Eigentlich schreibt man Hauptwörter im Italienischen klein. Im Falle der Kastanie aber, bei dem Baum schlechthin, machte man im Muggiotal eine Ausnahme.
Mit dem gelben Bus durchs herbstgoldene Tal
Der Weg führt zwischen Morbio Superiore und Bruzella am waldigen Osthang des Monte Generoso entlang. Unterwegs informieren zwölf Schautafeln über allerlei Wissenswertes rund um den Wunderbaum. Knapp drei Stunden sollte man für die fünf Kilometer einplanen.
Beginnt man im Bergdörfchen Caneggio, erreichbar über eine Stichstrecke auf halbem Weg, sind es nur anderthalb. Das Schöne daran: Erreichbar sind alle drei Orte von Mendrisio oder Chiasso aus mit dem Postbus, Haltestellen: Morbio Superiore – Ponte di Segno, Caneggio oder Bruzella.