Er ist frisch gekürter Schweizer Sportler des Jahres 2020. Und er sorgt für einen regelrechten Transfer-Knall im Radsport: Marc Hirschi. Der 22-jährige Berner aus Ittigen wechselt vom Team DSM (ehemals Sunweb) wohl zum UAE Team Emirates – und das, obwohl er noch einen gültigen Vertrag hatte. Was steckt dahinter? Die Parteien schweigen über die Gründe. Auch Hirschis Manager Fabian Cancellara will sich noch nicht äussern – dabei gäbe es einiges zu klären.
Sportlich macht der Wechsel auf den ersten Blick wenig Sinn. Hirschi hatte ein hohes Standing bei seiner alten Mannschaft – nicht nur wegen seiner Erfolge. Der Tour-de-France-Etappensieger wurde auch als Person sehr geschätzt und durfte als Leader in die Klassiker-Rennen starten. Für den eher scheuen Hirschi war diese Nestwärme wichtig.
Hirschi soll jetzt eine Million verdienen
Auch ein Streit oder zumindest Meinungsverschiedenheiten zwischen Hirschi und seinem Management und den Bossen seines alten Teams sind nicht ausgeschlossen. Immerhin ist das Schweizer Rad-Ass nach Marcel Kittel, John Degenkolb, Warren Barguil, Tom Dumoulin und Michaell Matthews der sechste klingende Namen, der vorzeitig aus seinem Vertrag aussteigt. Ein Zankapfel war dabei oft die extrem wissenschaftliche Herangehensweise des Teams in Ernährung, Regeneration, Material und Taktik. Dies empfinden manche Profis als übertrieben – es nimmt ihnen die Lust am Beruf.
Letztlich dürfte Wechsel aber vor allem finanzielle Gründe haben. Einfach gesagt: Es ging wohl vor allem ums Geld. Bei der Equipe aus den Vereinigten Arabischen Emiraten macht Hirschi mächtig Kohle. Gemunkelt wird, dass er eine Million Franken verdienen soll. Zur Erinnerung: In seiner vorletzten Saison war er als Neo-Profi noch für den Minimallohn von 29’370 Euro unterwegs.
Weil mit Fabio Aru (30, It) ein Grossverdiender das UAE Team verliess, dürfte viel Geld frei geworden sein – Geld, das man wohl verwendete, um Hirschi aus seinem laufenden Kontrakt herauszukaufen.
Fürs Image nicht förderlich
Für Hirschis Image dürfte der Wechsel trotz Vertrag wenig förderlich sein. Während Sunweb in der letzten Saison mit jungen, angriffslustigen Fahrern begeisterte, gilt das Team UAE trotz des Tour-de-France-Triumphs von Sloweniens Jungstar Tadej Pogacar (22) als wenig greifbar. Dass ihr CEO Mauro Gianetti – der Tessiner wurde 1996 WM-Zweiter – schon während seiner Karriere mit Doping in Verbindung gebracht wurde, hilft auch nicht. Und nun bricht Hirschi mit jener Mannschaft, die ihn gross herausbrachte.
