«Ich werde viel mehr respektiert»
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Millimeter entscheiden:So knapp krallt sich Marc Hirschi Bronze

Bärenstarker Schweizer Youngster
Marc Hirschi (22) holt an Rad-WM die Bronzemedaille!

Nach einer sensationellen Tour de France glänzt Marc Hirschi (22) schon wieder. Der Berner holt im WM-Strassenrennen von Imola sensationell Bronze!
Publiziert: 27.09.2020 um 16:38 Uhr
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Aktualisiert: 08.12.2020 um 14:26 Uhr
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Marc Hirschi holt an Rad-WM sensationell Bronze!
Foto: Getty Images
Mathias Germann

In der Schweiz nennen sie ihn «Flying Hirschi» (fliegender Hirschi). Im Ausland heisst er «Hurricane Hirschi» (Wirbelsturm Hirschi). Und siehe da: Auch beim WM-Strassenrennen macht Marc Hirschi (22) seinen Spitznamen alle Ehre. Einerseits fliegt er dem Ziel entgegen, anderseits sorgt er für mächtigen Wirbel unter den Favoriten. Kurzum: Der junge Berner fährt schon wieder bärenstark. Den Lohn erhält er nach fast sieben Stunden und 258 Kilometern: WM-Bronze. «Es war ein brutal hartes Rennen. Ich glaube, alle sind kaputt. Umso schöner ist das Gefühl jetzt, eine Medaille in den Händen zu halten», so Hirschi.

Gold geht an den Julian Alaphilippe (28), der 24 Sekunden auf die Fünfer-Verfolgergruppe mit Hirschi herausfährt. Auf dem knallharten Rundkurs mit 5000 (!) Höhenmetern ist er der Beste. Als Top-Favorit gestartet, greift «Loulou» 11 Kilometer vor dem Ziel beim Anstieg zur Cima Gallisterna an. Doch was heisst angreifen? Alaphilippe drückt in die Pedale, als gäbe es kein Morgen. «Endlich habe ich es geschafft. Nun darf ich das Regenbogentrikot tragen. Es ist ein Traum», sagt er vor Glück weinend.

Zweiter wird Belgiens Wout van Aert (26), der belgischer Alleskönner. Bereits im Zeitfahren holte er Silber. Gegen ihn hat Hirschi im Sprint keine Chance, das wird früh klar. Hirschi schaltet im Kopf sofort um: Nun geht es um Bronze. Dabei duelliert sich Hirschi nicht mit irgendjemandem, sondern mit Michal Kwiatkowski (30), dem polnischen Weltmeister von 2014. Es ist eine enge Kiste, doch Hirschi behält auch kühlen Kopf und schiebt kurz vor der Ziellinie sein Vorderrad mit gestreckten Armen nach vorne – ein perfekter «Tigersprung». Hirschi: «Mein Bauchgefühl sagte, dass es gereicht hatte. Aber ich wollte lieber abwarten.» Kurz darauf erlöst ihn das Foto-Finish.

Aber wäre vielleicht nicht sogar noch mehr als Bronze drin gelegen? Hirschi wäre der erste Schweizer Weltmeister seit Oscar Camenzinds 1988 gewesen. «Ich glaube nicht. Alaphilippe war der Stärkste», winkt Hirschi ab. Tatsächlich ist der Youngster schon 43 Kilometer vor dem Ziel auf sich allein gestellt, kein anderer Schweizer ist noch da. Es bleibt Hirschi nichts anderes übrig, als zu pokern. Er macht das gut, attackiert im letzten Aufstieg sogar und sorgt für die entscheidende Zäsur.

Letztlich meint Hirschi glücklich: «Diese Medaille bedeutet mir extrem viel. Es ist die Bestätigung, dass ich vorne mitfahren kann.» Und ordnet er das Resultat ein? «Gleich nach dem Etappensieg an der Tour und dem U23-WM-Titel von 2018.» Man spürt: Hirschi ist auch jetzt cool. Und wer weiss: Fährt er so weiter, erhält er vielleicht schon bald noch einen Spitznamen.

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