War der Tour-Zweite Primoz Roglic (30) im Finale von Lüttich–Bastogne–Lüttich wirklich der Stärkste – wer wird es je wissen? Auf dem Papier ist der Slowene jedenfalls der schwächster Sprinter der Fünfer-Gruppe mit seinen Landsleuten Pogacar und Mohoric, dem Berner Marc Hirschi und Julian Alaphilippe (Fr).
Der Depp dieses denkwürdigen Endspurts ist aber eindeutig Julian Alaphilippe (28). Erst macht er einen verbotenen Schwenker. Touchiert so das Vorderrad von Marc Hirschi (22). Der Berner kommt aus dem Gleichgewicht. Um nicht zu stürzen, muss er mit dem linken Fuss ausklinken. Verliert so Tempo und den Sieg, fährt als Dritter über die Ziellinie. Weil die Jury aber Alaphilippe zu recht auf Rang 5 relegiert, erbt Hirschi Platz 2.
Nach dieser schmerzlichen Niederlage bleibt er cool, ja fair. «Als wir mit der Gruppe vorne lagen, dachte ich an meine Siegeschancen. Im Endspurt schwenkte Alaphilippe nach links, ich touchierte sein Hinterrad - das ist ärgerlich. Wer weiss, was ohne diesen Vorfall passiert wäre.» Er sei mit seiner zweiten Rang an der zweiten Teilnahme an diesem härtesten aller Eintagesrennen (258 km, 11 Rampen, total 4400 Höhenmeter) zufrieden.
Alaphilippe blamiert sich komplett
Damit ist er gleicher Meinung wie Primoz Roglic (30). Der Spurtsieger – er hat die Tour de France am letzten Tag Pogacar verloren – kann den jubelnden Alaphilippe auf dem letzten Meter noch übersprinten. «Es war so eng am Ende. Du darfst nie aufgeben und musst bis zum letzten Meter, fast schon Zentimeter pushen. Ich bin extrem glücklich über den Sieg». Es ist sein erster Erfolg an einem Klassiker.
Dritter wird der Tour-Sieger Tadej Pogacar (22). Auch er dachte, er würde gewinnen. «Dann sah ich mich schon am Boden, blieb aber auf dem Velo. Ich bin zufrieden.» Die grösste Blamage aber fährt Julian Alaphilippe nach Hause. Erst sprintet er unfair. Dann wird er geschlagen, weil er zu früh jubelt. Und zum Schluss von der Jury noch strafversetzt. Jetzt ist er der Depp des Radsports.