Im Moment scheinen die Corona-Fallzahlen auf hohem Niveau stabil. Trotzdem bleibt die Pandemie-Situation angespannt, liegt die Zahl der Covid-Intensivpatienten mit aktuell 296 Personen doch weiterhin nahe der kritischen 300er-Schwelle. Kommt hinzu: Bevor die Omikron-Welle die Schweiz erfasst, muss die Delta-Welle gebrochen werden.
Das sehen auch die Kantone so. In der Konsultation stellten sie sich mehrheitlich hinter den bundesrätlichen Verschärfungskurs – allerdings nicht für die harte Linie mit einem Teil-Lockdown, sondern eine mildere Variante.
Volksabstimmung wirkt nach
Am Freitag wird der Bundesrat über neue Massnahmen entscheiden. Auch wenn die vor zwei Wochen beschlossenen Massnahmen erste Früchte tragen, scheinen neue Massnahmen unumgänglich. Unter anderem, um einen mühsamen kantonalen Flickenteppich über die Weihnachtstage zu verhindern.
Was in Bundesbern auch angemerkt wird: Das Stimmvolk hat Bundesrat Alain Berset (49) am 28. November mit seinem deutlichen Ja zum Covid-19-Gesetz den Rücken gestärkt. Das wirkt sich im Bundesrat aus.
2G kommt wohl ohne «Plus»
Dem Vernehmen nach will Berset die Zügel nun deutlich fester anziehen. Folgend die entscheidenden Punkte:
- 2G-Regelung: Berset hält an einer umfassenden 2G-Regelung in Innenräumen fest. Auch die Masken- und Sitzpflicht möchte er vorschreiben. Für diese Einschränkung für Ungeimpfte dürfte Berset im Bundesrat genügend Rückhalt finden – allenfalls nur mit Maskenpflicht. Umstritten ist hingegen 2G+, wonach Geimpfte und Genesene für den Zugang etwa in Bars oder Diskotheken zusätzlich einen negativen Test vorweisen müssen. Das käme für Geimpfte fast schon einer Strafe gleich, heisst es auf der Gegnerseite. Erst recht für jene, die kein Testcenter um die Ecke haben. Kommt hinzu, dass die Testkapazitäten teils schon am Anschlag sind. Klar ist auch: Die harte Variante mit einem Teil-Lockdown ist vom Tisch. Eine kleine Möglichkeit besteht, dass der Bundesrat den Entscheid aufschiebt – wenn die Verschärfungsgegner erfolgreich einwenden, dass die Fallzahlen ja stagnieren. Doch dann drohe später eine Feuerwehrübung, halten die Befürworter dagegen.
- Fünfer-Regel für Private: Privat sollen sich nur noch fünf Personen treffen dürfen, wenn eine ungeimpfte Person über 16 Jahre dabei ist. Private Treffen gehören immer noch zu den Infektions-Hotspots. Im Kanton Solothurn beispielsweise gehen rund 40 Prozent der Ansteckungen auf den Familien- und Freundeskreis zurück. Bei den Kantonen sind die Reaktionen durchzogen, weil die Einhaltung kaum kontrolliert werden kann. Berset dürfte den Vorschlag beibehalten. FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (60) zeigte sich gegenüber den Zeitungen von CH Media offen dafür, müsse man doch bei den Ungeimpften ansetzen. «Beim Management einer Pandemie muss der Bundesrat aber darauf achten, den Interessen der gesamten Gesellschaft Rechnung zu tragen», so Cassis. Im Bundesrat könnte es aber auch auf eine dringliche Empfehlung hinauslaufen, wie schon bei der heutigen Zehner-Regel.
- Homeoffice-Pflicht: Berset fordert schon länger eine Rückkehr zur Homeoffice-Pflicht und hat diesmal auch eine Mehrheit der Kantone im Rücken. Trotzdem wird dieser Punkt im Bundesrat noch zu Diskussionen führen, stehen doch insbesondere die SVP-Departemente einer solchen Pflicht kritisch gegenüber. Sie wollen es bei einer dringlichen Empfehlung belassen. Auf welche Seite der Entscheid kippt, ist offen. Bersets Erfolgschancen sind aber grösser als auch schon – erst recht, weil eh bald die Weihnachtsferien anstehen.
- Maskenpflicht ab Sekundarstufe II: Ab der Sekundarstufe II – also Gymnasien und Berufsschulen – soll die Maske wieder obligatorisch werden. Dieser Vorschlag hat im Bundesrat gute Chancen, da auch die Kantone mehrheitlich dahinter stehen. Offen ist, ob die Maskenpflicht sogar früher angesetzt wird – allenfalls ab Sekundarstufe I oder gar Primarschule. Hier dürfte der Bund den Spielraum den Kantonen überlassen.
- Fernunterricht: Der Vorschlag, dass Universitäten und Fachhochschulen zum Fernunterricht zurückkehren, fiel in der Konsultation deutlich durch. Der Bundesrat dürfte daher die Finger davon lassen.
Unbestritten ist hingegen, dass die Testkosten neu geregelt werden – so wie es das Parlament beschlossen hat. Das heisst, die Gratistests werden wieder ausgeweitet.