EU-Staaten beraten Hilfen in der Corona-Krise
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Meinungen zu Eurobonds geteilt:EU-Staaten beraten Hilfen in der Corona-Krise

Geteilte Meinungen zu Eurobonds
EU-Staaten beraten Hilfen in der Corona-Krise

Im Streit über europäische Hilfen gegen die Corona-Wirtschaftskrise haben Äusserungen des italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte die Hoffnung auf eine rasche Einigung gedämpft.
Publiziert: 07.04.2020 um 18:14 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2020 um 17:41 Uhr
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Die EU-Staaten beraten sich über Hilfen während und nach der Coronakrise.
Foto: Keystone/DPA dpa-Zentralbild/Z1018/_RALF HIRSCHBERGER

Vor Beratungen der EU-Finanzminister am Dienstagnachmittag nannte Conte Kredite des Eurorettungsschirms ESM «absolut unzureichend» und beharrte auf Eurobonds, also gemeinsamen europäischen Schuldtiteln. Solche Gemeinschaftsanleihen treffen aber weiter auf Widerstand Deutschlands und anderer Länder.

An Italien und Spanien war bereits eine Einigung der EU-Staats- und Regierungschefs Ende März gescheitert. Die Finanzminister erhielten den Auftrag, neue Modelle zu erarbeiten. In den vergangenen Tagen wurde ein Paket aus drei Instrumenten verhandelt: vorsorgliche Kreditlinien aus dem Eurorettungsfonds ESM für besonders betroffene Staaten; ein Krisenfonds bei der Europäischen Investitionsbank und EU-Unterstützung für Kurzarbeiter.

Sicherheitsnetz von einer halben Billion Euro

Eurogruppen-Chef Mario Centeno sagte am Wochenende, für diese Instrumente gebe es breite Unterstützung. Zusammen ergäben sie ein «Sicherheitsnetz» im Wert von einer halben Billion Euro. Es zeichnete sich ab, dass der Streit über Gemeinschaftsanleihen - sie laufen unter dem Namen Eurobonds, Corona-Bonds oder auch Recovery Bonds - vertagt würde auf die «Wiederaufbauphase» nach der Pandemie.

Conte erteilte jedoch am Montagabend den ESM-Hilfen eine Absage und sagte: «ESM nein, Eurobonds definitiv ja. Der ESM ist absolut unzureichend, Eurobonds hingegen sind die Lösung, eine seriöse, effektive, angemessene Reaktion auf den Notfall.» Mit seinem Finanzminister Roberto Gualtieri stimme er da völlig überein.

Deutschland gegen Eurobonds

Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz erneuerte indes seine Ablehnung gegen Corona-Bonds auf europäischer Ebene. Mit der EIB, dem ESM und dem Konzept «Sure» gebe es drei «ganz starke Signale der Solidarität», sagte der SPD-Politiker am Montagabend im ZDF. Dazu könne noch ein Europäisches Wiederaufbauprogramm kommen, damit die Wirtschaft in Europa wieder wachse.

Niederlande hinterfragt Eurobonds und Co.

Der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra bekräftigte am Dienstag ebenfalls das Nein zu Eurobonds und stellte auch Details der übrigen Instrumente in Frage. So forderte er Finanzhilfen aus dem ESM mit Reformforderungen zu verbinden, etwa Reformen im Sozialsystem und die Erhöhung des Rentenalters. Zuletzt hatte es aus Verhandlungskreisen geheissen, die Bedingungen für die ESM-Hilfen sollten auf ein Minimum begrenzt bleiben. Hoekstra stellte auch eine Einigung auf das Kurzarbeiter-Programm «Sure» in Frage.

Frankreich will neuen Rettungsfond

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire legte die Latte für eine Einigung mit seinen EU-Kollegen ebenfalls hoch. Er hatte als Kompromiss in der Eurobond-Frage vorgeschlagen, einen neuen Rettungsfonds zu gründen und diesen gemeinsame Anleihen herausgeben zu lassen. Der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» sagte Le Maire, er wolle eine gemeinsame Lösung im Kreis der Finanzminister nur billigen, falls die Länder dem Solidaritätsfonds grundsätzlich zustimmten. Andernfalls müsse weiter verhandelt werden. (SDA)

Diese Spuren wird die Corona-Krise hinterlassen

Das Coronavirus trifft die ganze Welt, beeinflusst jeden Lebensbereich. Klar ist schon heute: Die Krise wird Folgen haben – einige gute, mehrheitlich aber negative.

Wirtschaft und Konsum

Das Coronavirus dürfte die Schweizer Wirtschaft grundlegend verändern. Schon jetzt befinden sich laut Angaben des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) 757 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kurzarbeit – rund 15 Prozent aller Erwerbstätigen! Neben einer Rezession werden zudem eine Arbeitslosigkeitsquote von 2,8 Prozent und ein Rückgang des BIP auf –1,3 Prozent erwartet.

Die Unsicherheiten haben grossen Einfluss auf das Verhalten der Bevölkerung: Teure Anschaffungen werden zurückgestellt, stattdessen Notreserven angespart. Was dazu führt, dass der Detailhandel noch lange an den Spätfolgen zu beissen haben wird. Hamsterkäufe hin oder her.

Die Konsumenten dürften sich daran gewöhnen, noch häufiger im Netz zu shoppen. So kündigte zum Beispiel Digitec Galaxus jüngst an, 200 weitere Logistik-Angestellte einzustellen.

Arbeitsalltag

Viele Unternehmen müssen sich aktuell mit digitalen Technologien auseinandersetzen, um den Betrieb am Laufen zu halten. Mitarbeiter lernen nun, sich per Videokonferenz auszutauschen. Für die Arbeitgeber künftig ein Segen: Bei mehr Homeoffice fallen weniger Büromieten und Equipmentkosten an.

Arbeitnehmer vermissen daheim das Persönliche des Büroalltags, schätzen die flexibleren Arbeitszeiten und kämpfen mit der Hard- und Software: In Spitzenzeiten sorgt der erhöhte Datenverkehr derzeit für Überlastungen in der Mobilkommunikation. Besonders nervig ists in Randregionen, dort sind statt Glasfaser- oft noch Kupferkabel im Einsatz.

Gastronomie und Events

Das Virus hat das gesellschaftliche Leben zum Erliegen gebracht. Betreiber von geschlossenen Restaurants, Bars und Clubs triffts voll: Während die Einnahmen weggefallen sind, müssen Betriebskosten wie Mieten weiter gedeckt werden.

Es gibt höchstens Kredite für zehn Prozent des Jahresumsatzes, was laut Gastrosuisse für viele Beizen nur ein Tropfen auf den heissen Stein sein dürfte. Dazu kommt: Viele Wirte sind Einzelunternehmer und erhalten nur 3320 Franken pro Monat.

Der Branche drohen Schliessungen, Konkurse und Entlassungen. Düster sieht es auch bei Konzert- und Sportveranstaltern aus, wo sich die Absagen häufen. Die Haftungsfragen sind noch ungeklärt.

Gesundheit

Die Krise bringt Stärken und Schwächen zum Vorschein, insbesondere beim Umgang mit der Epidemie, wo Krankheitsmeldungen teilweise noch per Fax erfolgen.

Das Virus wird grossen Einfluss auf laufende Debatten zu geplanten Spitalschliessungen und Kostenstrukturen im Gesundheitssystem haben. Auch die Bezahlung von Pflegekräften (für viele zu tief) dürfte auf den Prüfstand kommen.

Eine wichtige Rolle wird auch ein allfälliger Impfstoff gegen das Coronavirus spielen. Bereits befürchten Skeptiker das Szenario einer Zwangsimpfung für alle.

Reisen

In der Flugbranche tobt ein enormer Verdrängungskampf. Die Internationale Luftverkehrsvereinigung IATA geht davon aus, dass die Einnahmen aus dem Passagierverkehr um 252 Milliarden Dollar oder um 44 Prozent unter den Wert von 2019 fallen könnten, falls die Reisebeschränkungen drei Monate anhielten.

Viele Airlines werden ohne Staatshilfen nicht mehr abheben können. Die Swiss hat zurzeit 90 ihrer 96 Flugzeuge gegroundet. Ob die Reisebegeisterung in alte Höhen schiesst? Eher nicht: Weil viele ihre Ferien absagen mussten, werden sie bei Buchungen in Zukunft Vorsicht walten lassen.

Sozialer Umgang

In Zeiten von Social Distancing verbessert sich vielerorts der lokale Zusammenhalt. Bereiche wie Nachbarschaftshilfe blühen auf. Die Hilfsbereitschaft wird nach der Krise anhalten. Persönliche Kontakte werden wichtiger sein denn je. Zusammenkünfte unter Freunden oder in der Familie erhalten in Zukunft wohl mehr Wertschätzung.

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Die Konsumenten dürften sich daran gewöhnen, noch häufiger im Netz zu shoppen. So kündigte zum Beispiel Digitec Galaxus jüngst an, 200 weitere Logistik-Angestellte einzustellen.

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Der Branche drohen Schliessungen, Konkurse und Entlassungen. Düster sieht es auch bei Konzert- und Sportveranstaltern aus, wo sich die Absagen häufen. Die Haftungsfragen sind noch ungeklärt.

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