Darum gehts
- Ex-Fifa-Boss Sepp Blatter und Michel Platini erneut freigesprochen
- Im Interview spricht Blatter über seine Emotionen nach dem Freispruch
- Der Oberwalliser erlebte seinen 89. Geburtstag während des Berufungsprozesses
2021 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen den ehemaligen Fifa-Präsidenten Sepp Blatter und den früheren Uefa-Boss Michel Platini. Nach Ermittlungen, die bis in das Jahr 2015 zurückreichen, ging es um den Verdacht der ungetreuen Geschäftsbesorgung und Veruntreuung sowie eine dubiose, als «Beraterhonorar» deklarierte Zahlung von zwei Millionen Franken von Blatter an Platini.
In diesem Zusammenhang hatte die Fifa-Ethikkommission die beiden Top-Funktionäre bereits 2015 für acht Jahre gesperrt, was nach Berufung auf je sechs Jahre gekürzt wurde. Die Fifa argumentierte, dass ihr Ex-Präsident sich Platinis Unterstützung für die Wiederwahl 2011 erkauft hatte und im Gegenzug Platini den Weg als Nachfolger ab 2015 freimachen wollte.
2022 wurde das Duo vom Bundesstrafgericht freigesprochen. Die Bundesanwaltschaft und die Fifa legten Berufung ein, welche nun von der ausserordentlichen Berufungskammer des Bundesstrafgerichts abgewiesen wurde. Ein Weiterzug ans Bundesgericht gilt als ausgeschlossen. Im Interview spricht der Oberwalliser Blatter über seine Emotionen während des Prozesses, über seinen 89. Geburtstag vor Gericht und darüber, was vom Verfahren zurückbleibt.
Die Faktenlage hatte sich nach dem ersten Prozess nicht verändert, aber bei einem Gerichtsverfahren weiss man ja nie: Sepp Blatter, haben Sie persönlich immer mit dem erneuten Freispruch gerechnet?
Sepp Blatter: Mein Rechtsanwalt Lorenz Erni hat mich beim Prozess darauf hingewiesen, dass der Gegenpartei weiterhin Beweise fehlen, um ein Fehlverhalten unsererseits zu belegen. Aber er sagte mir auch eines: Es ist ein neues Gericht, und ein gewisses Risiko einer Neubeurteilung ist immer vorhanden. Am Ende blieb es dabei: Es gab keinen Beweis, dass wir gegen das Gesetz verstossen haben.
Nehmen Sie uns mit zu dem Moment, als der Richter den Freispruch verkündete. Wie gross war die emotionale Erleichterung?
Beim ersten Prozess vor drei Jahren habe ich den Freispruch erwartet. Diesmal war der Entscheid für mich bedeutend emotionaler, weil damit wohl die Endgültigkeit des Freispruchs verbunden war. Ich war so berührt, dass ich danach fast keine Worte fand. Man muss das so sehen: Ich musste bis in mein 90. Lebensjahr darauf warten, bis ein Gericht mich nach einer Anklage freigesprochen hat. Ich bin in meinem Leben noch nie verurteilt worden. Ausser einmal im Militär wegen eines kleinen Vergehens…
Mit dem Gerichtsverfahren wurde Ihr Lebenswerk bei der Fifa infrage gestellt.
Seit zehn Jahren lief das Verfahren, das hat Spuren hinterlassen. Die Amerikaner als schlechte Verlierer einer WM-Vergabe haben das damals zusammen mit der Schweizer Bundesanwaltschaft lanciert und die damalige FIFA und deren Präsident als korrupt bezeichnet. Mit diesem Verdacht musste ich leben – bis zum jetzigen Freispruch.
Während des Prozesses ist Staatsanwalt Thomas Hildbrand gegen Sie nochmals mit grobem Geschütz aufgefahren. Wie haben Sie persönlich diese Einvernahme miterlebt?
Ich konnte mich darauf einstellen, weil ich wusste, was da auf mich zukommt. Thomas Hildbrand ist ja kurioserweise noch ein entfernter Verwandter von mir. In seiner Anklageschrift betonte er, ich hätte damals der Fifa die zwei Millionen Franken gestohlen. Das ist nun zum zweiten Mal widerlegt worden.
Ihre Prozesskosten von über 107'000 Franken werden entschädigt, aber im Gegensatz zum ersten Prozess gibt es keine Genugtuung. Ist das in Ordnung so?
Nach dem ersten Freispruch wurde mir eine Genugtuungssumme von 80'000 Franken zugesprochen, das bleibt so. Aber es geht nicht ums Geld, sondern um die Wiederherstellung meiner Ehre und Unschuld. Das ist mit Geld nicht aufzuwerten.
In der Urteilsbegründung fiel der Spruch «im Zweifel für den Angeklagten». Ihre Zahlung von zwei Millionen Franken an Michel Platini sei damals nicht strafbar, aber unvorsichtig und sogar riskant gewesen. Wie haben Sie das interpretiert?
Jetzt gab es bei den beiden Urteilen zweimal «im Zweifel für den Angeklagten». Damit bestehen wohl eher keine Zweifel mehr…
Michel Platini hat nach dem Freispruch schon angedeutet, dass er gegen die Initianten des Verfahrens gerichtlich vorgehen will, weil sie damals seine Kandidatur als neuen Fifa-Präsidenten verhindert hätten. Wollen Sie die Fifa jetzt auch in irgendwelcher Art zur Rechenschaft ziehen?
Ich habe genug von Gerichtsverfahren. Ich habe meinen Anwalt schon darauf hingewiesen, dass wir jetzt nichts mehr unternehmen werden. Fertig, Schluss, Amen. Zwei Freisprüche reichen mir aus, die Sache ist für mich erledigt.
Während des Prozesses wurden Sie am 10. März 89 Jahre alt. Gab es trotz der Belastung eine kleine Feier, oder wird diese nun nachgeholt?
Die wird nachgeholt. Die mentale und körperliche Belastung war für mich während des Prozesses gross, meine Tochter Corinne hat sich um mich Sorgen gemacht. Jetzt bin ich befreit.
*Dieses Interview führte der ehemalige Sportchef des Walliser Boten, Hans-Peter Berchtold, für Blick.