Sepp Blatter neues Buch
Infantino-Bashing und mangelnde Selbstkritik

«Overtime. Die wahre Geschichte», heisst das Buch von Sepp Blatter, das heute Freitag in den Handel kommt. Der ehemalige Fifa-Präsident lässt kein gutes Haar an seinem Nachfolger Gianni Infantino. Selbstkritik? Praktisch Fehlanzeige.
Publiziert: 08.03.2024 um 10:09 Uhr
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Aktualisiert: 08.03.2024 um 10:20 Uhr
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Sepp Blatter feiert am Sonntag seinen 88. Geburtstag.
Foto: Siggi Bucher
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Christian FinkbeinerStv. Fussballchef

«Manchmal wähne ich mich im falschen Film. Was ich in vier Jahrzehnten bei der Fifa aufgebaut habe, will mein Nachfolger fast schon mit pathologischer Konsequenz zerstören.» Bereits zu Beginn des Buches spielt Sepp Blatter, der am Sonntag seinen 88. Geburtstag feiert, auf den Mann. Später schreibt er über Fifa-Präsident Gianni Infantino (53): «Ich war der festen Überzeugung, dass mit Infantino als Nachfolger eine geordnete und würdevolle Stabübergabe garantiert war. Es sollte meine wohl grösste Fehleinschätzung in einem halben Jahrhundert Berufsleben sein.»

Die persönliche Abneigung gegenüber seinem Nachfolger zieht sich als roter Faden durch das Buch. Blatter bekräftigt den im Raum stehenden Vorwurf, dass sein Nachfolger sich überlegt haben soll, die Rechte der Fifa für 25 Milliarden Dollar an ein Konsortium im Nahen Osten zu verkaufen. Zudem stützt er die These, dass die gegen ihn und Michel Platini verhängte Sperre von der Fifa möglicherweise von Infantino und seiner Entourage initiiert worden sei, um im Kampf um das Fifa-Präsidium Platini aus dem Weg zu räumen. Der Aufblähung der WM-Teilnehmerfelder, der fehlenden Demokratie bei der Vergabe der WM-Turniere 2030 und 2034, dem schrittweisen Wegzug der Fifa aus Zürich oder der Einführung des VAR steht der Oberwalliser kritisch gegenüber. Seine Message ist: «Wir müssen dem Fussball Sorge tragen!»

Sehnsucht nach Rehabilitierung

Viel Neues erfährt man nicht. Es sind die von Blatter in den letzten Jahren immer wieder getätigten Statements: Er habe nie eine Stimme gekauft und nie Geld anderer genommen. Zu spüren ist auch die Schwierigkeit des Loslassens, den Wunsch nach Rehabilitierung sowie die ihm fehlende Anerkennung für sein Lebenswerk – sowohl vonseiten der Fifa als auch von der breiten Öffentlichkeit. Schliesslich sei er es gewesen, der die Fifa von einem kleinen verschuldeten Verband mit elf Mitarbeitern zu einem globalen Brand mit einem Vermögen von 1,5 Milliarden Franken am Ende seiner Präsidentschaft formte.

Selbstkritik ist beim berühmtesten Schweizer Sportfunktionär rar gesät. «Es war ein Irrtum, nach Katar zu gehen – dafür trage ich einen Teil der Verantwortung.» Viel mehr gibt es nicht. Die Korruptionsaffäre um ehemalige Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees, welche 2015 zur Razzia im Zürcher Edelhotel «Baur au Lac» führte, wird nur am Rande erwähnt. Wer sich erhofft, Insides aus den Treffen mit den Mächtigen dieser Welt zu erfahren, wird enttäuscht. Blatters Erinnerungen, warum Angela Merkel ein grosser Fussball-Fan ist, und wie er erstmals Nelson Mandela traf, sind unterhaltsam – mehr aber auch nicht. Oder wie er Ex-Nati-Trainer Köbi Kuhn gebeten haben soll, ihn für ein Länderspiel aufzubieten.

Keine kritische Stimmen

Der ehemalige Bundesrat Ueli Maurer lobt in seinem Vorwort Blatter als «visionäre und durchsetzungskräftige Persönlichkeit, die in der Sportwelt Einmaliges geschaffen hat». Auch andere Weggefährten wie Theo Zwanziger, Blatters Tochter Corinne oder Erich Vogel, der das Schlusswort schreibt, halten sich – nicht ganz überraschend – mit kritischen Voten zurück und loben den Autor über den Klee. «Die wahre Geschichte», lautet der Untertitel des Buchs. Es ist Sepp Blatters eigene Wahrheit.


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