Anfang Monat flogen vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland rund um den Prozess zum Belper Rocker-Krieg die Fetzen. Zig Mitglieder der Hells Angels, Broncos und Bandidos waren zum Auftakt angereist – die Stimmung war gereizt. Faustgrosse Steine wurden als Wurfgeschosse eingesetzt. Die Polizei antwortete mit Gummischrot, Tränengas und Wasserwerfer. Zeitweise wurde der Verkehr rund ums Berner Amtshaus wegen der Tumulte lahmgelegt.
An Tag zwei eskalierte ein Streit zwischen verfeindeten Töff-Rockern im Eingangsbereich des Gerichtsgebäudes. Der Prozessbeginn verzögerte sich um fast zwei Stunden – die Polizei musste die Streithähne trennen und abführen.
Die ewige Feindschaft
Eben diese Feindschaft zwischen den Rocker-Gruppen ist der Grund dafür, dass sich 22 Männer derzeit vor der Justiz verantworten müssen: Ihnen wird allesamt Raufhandel vorgeworfen, da sie sich im Mai 2019 in Belp BE einen Revierkampf in Form einer blutigen Schiesserei geliefert haben sollen.
Zwei der Männer sind zusätzlich wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und einer wegen schwerer Körperverletzung angeklagt. Der Hauptbeschuldigte, der einen Rivalen beinahe mit einem Schuss getötet haben soll, sitzt bereits im vorzeitigen Strafvollzug.
«Hohe Gewaltbereitschaft»
Wann immer die Rivalen aufeinandertreffen, droht es, brenzlig zu werden. Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause (51) spricht daher im Hinblick auf die für Donnerstag geplante Urteilseröffnung von wochenlangen Vorbereitungen, die die Polizei getroffen habe: «Sie hat den Auftrag, den Gerichtssaal zu schützen und einen ordentlichen Prozessablauf zu gewährleisten. Falls verfeindete Rockergruppen in Bern auftauchen, muss sie diese voneinander fernhalten, die Innenstadt schützen und so weit wie möglich den Verkehr rollen lassen.»
Diesen Auftrag habe man vom ersten Prozesstag an umgesetzt und so verhindern können, dass es bei den Scharmützeln Verletzte oder Sachbeschädigungen gegeben habe. «Aber wir sind ganz bestimmt nicht blauäugig», meint der Politiker weiter. Am Donnerstag werde ein «deutlich sichtbares Polizeiaufgebot» rund um den brisanten Anlass im Berner Amtshaus im Einsatz stehen. «Der Prozess an sich zeigt ja auf, dass durchaus eine hohe Gewaltbereitschaft da ist, und das macht unter dem Strich natürlich auch Sorgen.»
Eine schwierige Aufgabe für die Polizei
Gerade für die Einsatzkräfte sei diese Aufgabe, der man jetzt gegenüberstehe, nicht einfach. «Sich zwischen zwei verfeindete Gruppierungen zu stellen, das ist kein dankbarer Auftrag – und auch schwierig», sagt Nause. Die Bevölkerung solle durch die Urteilseröffnung so wenig wie möglich tangiert werden: «Der öffentliche und auch der private Verkehr sollen so lange wie möglich normal laufen gelassen werden. Wenn es nicht zu Zwischenfällen kommt, dann dürfte der auch ungestört laufen. Aber das werden die Ereignisse zeigen, ich kann leider nicht in eine Glaskugel schauen.»
Präventiv den Verkehr weiträumig zu unterbrechen, sei daher nicht geplant. Aber: «Rund um das Amtshaus wird es bestimmt Absperrungen geben. Aber das Bollwerk ist eine Hauptverkehrsachse der Stadt Bern, die möchten wir nach Möglichkeit nicht schliessen.» Unbeteiligte Dritte hätten aber laut dem Berner Sicherheitsdirektoren vorerst keinen Grund, sich am Vormittag des 30. Juni während der Urteilseröffnung um ihre Sicherheit zu sorgen: «Erfahrungen am Rand dieses Gerichtsprozesses haben gezeigt, dass die verfeindeten Gruppierungen lediglich aufeinander losgehen – das sind ihre Hauptziele oder Feinde, nicht unbeteiligte Passanten.»