Der zweite Tag im Rocker-Prozess in Bern beginnt ähnlich wie der erste: mit Tumult (Blick berichtete). Mitglieder der Hells Angels versammeln sich auf der Schützenmatte – und geraten vor dem Gericht mit Bandidos-Mitgliedern aneinander! Es knallt, Kartonfetzen fliegen herum, die Rocker werden handgreiflich. Auch im Amthaus kommt es zu Scharmützeln. Einige Angeklagte werden aus dem Gebäude gebracht. Der Prozessbeginn verzögert sich.
Im Laufe des Vormittags verlagern sich die Auseinandersetzungen auf die Autobahnraststätte Grauholz bei Bern. Dort ist eine Polizeipatrouille mit Kontrollen beschäftigt, als plötzlich mehrere Rocker angefahren kommen. Nun zetteln sie dort ein Gerangel an.
Mit Pfefferspray ruhiggestellt
Die Polizeipatrouille setzt Pfefferspray ein, droht mit dem Einsatz von Waffen und fordert Verstärkung an. Erst dann beruhigt sich die Situation. Verletzte gibt es laut Kantonspolizei Bern keine.
Die politischen Behörden und die Justizbehörden von Stadt und Kanton Bern überlegen sich nun, den Prozess gegen die 22 angeklagten Rocker vom Berner Amthaus an einen anderen Ort zu verlegen. «Wir loten verschiedene Optionen aus», sagt der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause (50). Denn: Das Berner Amthaus liege direkt neben einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt, der Schützenmatte, was ungünstig sei.
Zwei Stunden Verspätung
Der zweite Prozesstag beginnt mit knapp zwei Stunden Verspätung – und mit der Befragung des designierten Bandidos-Präsidenten. Für die Einvernahme ist der Österreicher extra aus dem Ausland angereist. Der Rocker ist stark tätowiert und trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift «Bandidos». Er ist vorbestraft.
Laut Anklageschrift ist er ein Mitglied des Bandidos MC Chapter Malaga in Spanien und sollte Präsident des Schweizer Chapters werden, um das damals der ganze Rocker-Krieg in Belp BE entbrannt ist. Ihm wird Körperverletzung, eventuell mit einem gefährlichen Gegenstand, und Raufhandel vorgeworfen.
Was genau in Belp im Mai 2019 passiert ist, dazu schweigt er. «Dazu möchte ich nichts sagen», antwortet er dem Gerichtspräsidenten, der hartnäckig seinen Fragenkatalog durchgeht und immer die gleiche Antwort kriegt. Er macht ausserdem ein Blackout geltend.
Immer wieder: «Keine Aussage»
Auch der zweite Befragte, ein Grieche, der laut der Anklageschrift dem Bandidos MC Chapter Thessaloniki angehört, schweigt mehrheitlich zu den Tatvorwürfen. Er bestreitet den Vorwurf des Raufhandels.
Als Nächstes betritt ein Mann den Zeugenstand, der am Morgen in die Prügelei vor dem Amtshaus involviert war. Der gelernte Maurer, auch er soll den Bandidos angehören und sich des Raufhandels strafbar gemacht haben, gibt sich sehr wortkarg. «Keine Aussage», lautet seine Standardantwort auf die Fragen des Richters.
So geht es auch am Nachmittag weiter. Drei weitere Angeklagte werden einvernommen, auch sie schweigen mehrheitlich zu den Fragen des Richters. «Wir fangen später an und hören früher auf, das ist doch auch schön», meint der Gerichtspräsident schmunzelnd.
Am Mittwoch geht es weiter. Insgesamt sind für den dritten Prozesstag fünf Einvernahmen geplant: zwei am Vormittag, drei am Nachmittag. Viel mehr als «keine Aussage» ist aber auch hier nicht zu erwarten.