Mega-Prozess in Bern: Hells Angels vs. Bandidos
Gute Rocker, böse Rocker?

Die Schweizer Hells Angels präsentieren sich als unbescholtener Motorradclub, ganz im Gegensatz zu den Bandidos aus dem Norden – was ist von dieser Darstellung zu halten?
Publiziert: 05.06.2022 um 10:39 Uhr
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2021 wurden die Bandidos in Deutschland verboten. Seitdem rücken sie in die Schweiz vor.
Foto: Philippe Rossier
Janina Bauer, Reza Rafi

Schwere Lederjacken, schwere Maschinen, schwere Jungs: Wo immer die Hells Angels hinkommen – ihr Ruf ist ihnen schon vorausgeeilt. Jetzt stehen Schweizer Mitglieder des Motorradklubs in Bern vor Gericht. 2019 hatten sie sich mit verbündeten Broncos und verfeindeten Bandidos in Belp BE eine Schlägerei geliefert.

Die Rocker schweigen. Aber ihr Umfeld verbreitet eifrig immer dieselbe Erzählung: hier die harmlosen Schweizer «Hells» (Anwalt Valentin Landmann spricht gerne von den «Angels»), dort die rüpelhaften Bandidos, die wegen eines Verbots in Deutschland nun in die Schweiz strömen. Seit 2021 sind hierzulande vier neue Chapter entstanden. Aber stimmt diese Darstellung?

Im gegenwärtigen Prozess zumindest betreffen die gravierenden Anschuldigungen – versuchte vorsätzliche Tötung – tatsächlich nur zwei Mitglieder der Bandidos. Die Hells Angels müssen sich wegen Raufhandel verantworten. Und betrachtet man die Kriminalstatistik der letzten Jahrzehnte, finden sich keine Verurteilungen von Hells-Angels-Mitgliedern wegen Schwerverbrechen.

Fehlschlag

In den Nullerjahren stolperte der damalige Bundesanwalt Valentin Roschacher (62) spektakulär über die Bikertruppe. Trotz medienwirksamer Razzia an der Zürcher Langstrasse und langwieriger Ermittlungen gebar der Berg eine Maus. Das Konstrukt, die Hells Angels seien eine «kriminelle Vereinigung», liess sich nicht gerichtsfest belegen.

In jüngster Vergangenheit hat sich das Milieu angesichts der Migration und des sozialen Wandels ohnehin verändert. Der Drogenhandel ist zu einem wesentlichen Teil unter Kontrolle ausländischer Gruppen, ebenso die Prostitution, die überdies von den urbanen Zentren, wo die Hells traditionell ihre Stützpunkte hatten, in die Vorstädte wandert. Fälle von Menschenhandel sind in den Schweizer Chaptern des Motorradklubs laut Experten selten.

Dass jetzt die Bandidos ins Milieu drängen, ist den Schweizer Hells trotzdem ein Dorn im Auge. Bereits in Deutschland rüttelten die Bandidos immer wieder an der Machtposition der Hells. Wiederholt führte das zu erbitterten Revierkämpfen.

«Die Bandidos wollen diesen Krieg importieren, die Schweizer Hells wehren sich dagegen», sagt ein Kenner der Szene.

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