Die Zahlen sind für Frauen ernüchternd: Männer, die 2020 neu eine Altersrente aus der beruflichen Vorsorge (BVG) bezogen haben, erhielten im Median 2081 Franken pro Monat. Bei den Frauen betrug die mittlere Pensionskassen-Rente mit 1167 Franken massiv weniger, wie die Neurentenstatistik des Bundesamtes für Statistik zeigt.
Auch bei den bezogenen Kapitalleistungen haben die Frauen das Nachsehen: Lag der Medianbetrag bei den Männern bei knapp 150'000 Franken, waren es bei den Frauen gerade mal 61'282 Franken.
Ständerat an der Reihe
Die Rentenlücke der Frauen ist in der zweiten Säule riesig. Denn anders als etwa in der AHV gibt es hier weder Erziehungs- noch Betreuungsgutschriften. Teilzeitarbeitende und Wenigverdienende, mehrheitlich Frauen, werden strukturell benachteiligt. Hinzu kommen nicht erklärbare Lohnunterschiede zwischen den Geschlechtern.
Eine BVG-Reform ist daher dringend nötig. Im Nationalrat haben die Bürgerlichen der Reform bereits den Stempel aufgedrückt, mit kaum merklichen Korrekturen zugunsten der Frauen.
Jetzt ist der Ständerat an der Reihe. Bereits am Donnerstag beugt sich die ständerätliche Sozialkommission ein erstes Mal über das Geschäft. «Für Frauen und Wenigverdiener braucht es sicher noch Verbesserungen», sagt FDP-Ständerat Josef Dittli (64) zu Blick. Und die grüne Ständerätin Maya Graf (59) macht klar: «Die Problematik der tiefen Frauenrenten in der zweiten Säule muss sicher aufgenommen werden.»
«Unwürdig tiefe Renten»
Doch mit Brosamen will sich eine breite Allianz aus 16 Frauenverbänden nicht mehr abspeisen lassen. Per Brief wenden sich nicht nur Gewerkschafts- und Parteivertreterinnen an die Mitglieder der ständerätlichen Sozialkommission, sondern etwa auch der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband, der katholische Frauenbund, die Evangelischen Frauen Schweiz, der Dachverband Schweizerischer Gemeinnütziger Frauen oder die Business and Professional Women Schweiz.
«Die Arbeit vieler Frauen führt heute zu unwürdig tiefen Renten», schreibt das Frauenbündnis Altersvorsorge. Es fordert daher, dass der Rentenhöhe besondere Beachtung zukommt. «Die Rentenreform muss zu klaren und umgehenden Verbesserungen der Frauenrenten führen.»
Ein Drittel der Frauen ohne BVG-Rente
Während die AHV den Ausgleich zwischen den Geschlechtern schaffe, sehe dies in der zweiten Säule anders aus. «Die berufliche Vorsorge dient Frauen – und ganz besonders jener Generation an Frauen, die in den nächsten Jahren in Rente geht – kaum als Ergänzung», schreibt das Frauenbündnis. «Denn noch immer erhält ein Drittel der Frauen keine Rente aus der zweiten Säule.» Und wenn, dann sei diese nur etwa halb so hoch wie diejenige der Männer.
Mehr zu den Renten-Reformen
Zudem erinnert die Frauenallianz an die «beschämende Realität», dass fast 11 Prozent aller Frauen mit Renteneintritt auf Ergänzungsleistungen angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.
Höhere Frauenrente gefordert
Es sei klar, dass nicht sämtliche Missstände mit der jetzigen Reform gelöst werden könnten, hält das Frauenbündnis fest. Ebenso unmissverständlich macht es aber deutlich, dass die «miserable Rentensituation der Frauen» angegangen werden muss. Sie fordern die 13 Kommissionsmitglieder daher auf, «die Frage der Rentenhöhe der Frauen angemessen zu berücksichtigen».
Ob die vier Frauen und neun Männer in der Sozialkommission Gehör dafür haben? Das wird sich am Donnerstag zeigen, wenn es neben dem Eintreten auch um allfällige Abklärungsaufträge an die Verwaltung geht. Ans Eingemachte geht es an der nächsten Sitzung Mitte Februar, wenn es zur Detailberatung kommt.
Auswirkungen auf AHV-Abstimmung
Werden die Frauen vor den Kopf gestossen, dürfte sich dies auf eine andere Altersvorsorge-Vorlage auswirken. Voraussichtlich im September kommt die AHV-Reform mit der Erhöhung des Frauenrentenalters vors Volk. Und je schlechter die Frauen bei der beruflichen Vorsorge wegkommen, umso stärker wird das Nein-Lager mobilisiert und umso höher wird die Hürde für die AHV-Reform.