Bürgerliche versenken Bundesrats-Vorschlag
Rentenabbau nimmt erste Hürde

Die Sozialkommission des Nationalrats will vom Sozialpartner-Kompromiss nichts wissen. Sie hat sich auf einen eigenen Vorschlag für eine Reform der zweiten Säule geeinigt. Und der hats in sich.
Publiziert: 29.10.2021 um 18:24 Uhr
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Aktualisiert: 29.10.2021 um 18:29 Uhr
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Bundesrat Alain Berset hatte sich für den Sozialpartner-Kompromiss starkgemacht. Doch diesen hat die Nationalrats-Kommission versenkt.
Foto: AFP

Die Bürgerlichen setzen sich bei der Reform der beruflichen Vorsorge durch. Bereits zum vierten Mal hat die Sozial- und Gesundheitskommission des Nationalrats am Donnerstag über die Mammut-Vorlage diskutiert. Nun ist ein Entscheid gefällt worden.

Umstritten war die Frage, wie die geplante Senkung des Umwandlungssatzes abgefedert werden soll. Bekommt eine Rentnerin pro 100'000 Franken Pensionskassen-Kapital bisher 6800 Franken Rente pro Jahr, sollen es künftig nur noch 6000 Franken sein. Den Sozialpartner-Kompromiss, hinter dem auch der Bundesrat stand, hat die Kommission verworfen.

Mehrheit geht leer aus

Als Ausgleich solls nun einen Rentenzuschlag von monatlich 100 bis 200 Franken geben – allerdings nur für 15 Übergangs-Jahrgänge. Ausserdem geht leer aus, wer über dem obligatorischen Minimum versichert ist.

Und das sind viele. Das Bundesamt für Sozialversicherung schätzt, dass nur etwa 35 bis 40 Prozent der Neurentnerinnen und -rentner der Übergangsgeneration den Rentenzuschlag bekommen. Die Mehrheit guckt in die Röhre – darunter viele Geringverdienende.

Bezahlt werden soll der Zuschlag durch Rückstellungen der Pensionskassen. Wenn die nicht ausreichen, kommt der Sicherheitsfonds zum Zug, in den die Pensionskassen einzahlen müssen.

Steuergeschenk für Gutverdienende

Die Kommission will den Topverdienenden ausserdem ein millionenteures Steuergeschenk machen: Die steuerfreien Beiträge in die dritte Säule sollen von derzeit knapp 6900 Franken auf über 10'000 Franken erhöht werden. 500 Millionen Franken pro Jahr gingen dem Staat so durch die Lappen.

Die Linken und die Gewerkschaften sind ausser sich. «Unverantwortlich und falsch» sei der Entscheid, findet Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber (62). Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) warnt, das nun beschlossene Modell habe Rentensenkungen von bis zu zwölf Prozent zur Folge. Besonders fatal seien die Entscheidungen für Frauen, da sie häufiger Teilzeit arbeiten. «Die geplante Entschädigung ist für die Frauen, die aufgrund von Lohndiskriminierung bereits geringere Renten haben, absolut unzureichend», findet SP-Nationalrätin Barbara Gysi (57).

Für den SGB ist klar: «Dieses Renten-Abbauprojekt ist zum Scheitern verurteilt.» Und würde wohl mit dem Referendum bekämpft werden. Noch ist aber nichts in Stein gemeisselt. Das Geschäft geht nun in den Nationalrat, der sich voraussichtlich im Dezember mit der Pensionskassen-Reform befasst. (lha)

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