Auf einen Blick
- In der zweiten SRG-Umfrage wird die BVG-Reform von 51 Prozent abgelehnt
- Parteiungebundene lehnen die Reform mit 61 Prozent ab
- Die Biodiversitäts-Initiative fällt ebenfalls bei 51 Prozent durch
Für die Befürworter der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) kommt es knüppeldick. Die Gegner haben den Trend gekehrt und gehen nun mit einem Vorsprung in den Schlussspurt: 51 Prozent der befragten Stimmberechtigten lehnen die Vorlage derzeit ab, wie die zweite Abstimmungs-Umfrage von GFS Bern im Auftrag der SRG zeigt. Gerade mal 42 Prozent stimmen ihr zu, die restlichen 7 Prozent sind immer noch unentschlossen.
Eine am Dienstag veröffentlichen Tamedia-Umfrage zeichnet mit 59 Prozent Nein und nur 37 Prozent Ja ein noch deutlicheres Bild.
AHV-Verrechner und Zahlenstreit
In der ersten SRG-Trendumfrage sah es noch ganz anders aus. Da lag die Ja-Seite mit 49 zu 39 Prozent vorn. Allerdings floss damals der AHV-Verrechner des Bundes nur halbwegs in die Umfrage ein. Ebenso ist der Zahlenstreit um die Auswirkungen der BVG-Reform eskaliert. Das ist Wasser auf die Mühlen der Gegnerschaft.
Das schlägt sich nun in den Umfrageergebnissen nieder. Am stärksten ist die Ablehnung bei der SP mit 76 Prozent und bei den Grünen mit 64 Prozent. Auch im bürgerlichen Lager hat sich der Nein-Trend verstärkt – bei der SVP-Basis lehnt nun gar eine relative Mehrheit von 47 Prozent die Vorlage ab, während 46 Prozent Ja stimmen wollen. Ins Gewicht fällt da der gewerbliche Widerstand, der von einem Nein-Komitee um SVP-Ständerätin Esther Friedli (47, SG) angeführt wird.
Es war ein hochfliegendes Reformprojekt des damaligen SP-Sozialministers Alain Berset (52): die Altersvorsorge 2020, mit der er AHV und Berufliche Vorsorge (BVG) gleichzeitig reformieren wollte. Doch in der Abstimmung 2017 folgte der Absturz. Mit 52,7 Prozent Nein schickte das Stimmvolk die Rentenreform bachab.
Daraufhin packten Bundesrat und Parlament die beiden Säulen getrennt an. Einen knappen Abstimmungserfolg verbuchte Berset zusammen mit der bürgerlichen Parlamentsmehrheit letztens bei der AHV-Reform, mit der eine Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 erfolgte.
Nun ist die Pensionskassen-Reform an der Reihe, die eine bürgerliche Mehrheit im Parlament gegen den Widerstand der Linken durchgebracht hat. Linke und Gewerkschaften haben erfolgreich das Referendum ergriffen, sodass das Stimmvolk nun am 22. September 2024 über die Reform entscheiden wird.
Das sind die wichtigsten Eckwerte:
Tieferer Umwandlungssatz
Der Mindestumwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Das führt zu einer Rentenlücke von rund 12 Prozent.
Rentenzuschlag für Übergangsgeneration
Es ist das eigentliche Herzstück der Vorlage. Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag ausgeglichen werden. Allerdings nur für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen. Zudem wird er nach Alter und Einkommen abgestuft. Für die ersten fünf Jahrgänge gibt es maximal 200 Franken monatlich, dann sinkt er ab. Wer weniger als 220'500 Franken in der Pensionskasse hat – etwa ein Viertel der Versicherten – bekommt den vollen Zuschlag. Ein weiteres Viertel mit bis 441'000 Franken Altersguthaben erhält einen Teilzuschlag. Wer mehr Geld im Rentenkässeli hat, geht leer aus. Gut die Hälfte der Versicherten bekommt also nichts. Finanziert wird der Rentenzuschlag über Lohnabzüge – allerdings begrenzt bis 176'400 Franken.
Flexibler Koordinationsabzug
Vom sogenannten Koordinationsabzug hängt ab, wie hoch der versicherte Lohn ausfällt. Einkommen minus Koordinationsabzug ergibt die versicherte Lohnsumme. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen. Das BVG-Obligatorium gilt bis 88'200 Franken Einkommen. Der Abzug würde in diesem Fall also 17'640 Franken ausmachen. Unter dem Strich bleibt somit ein versicherter Lohn von 70'560 Franken. Auf Letzterem müssten also die Lohnbeiträge bezahlt werden.
Angepasste Altersgutschriften
Die Lohnbeiträge in die Pensionskasse – die sogenannten Altersgutschriften – werden mit der Reform geglättet: Bis im Alter von 44 Jahren beträgt die Altersgutschrift künftig 9 Prozent (bisher 7 beziehungsweise 10 Prozent) auf dem BVG-pflichtigen Lohn. Ab 45 Jahren sind es 14 Prozent (bisher 15 beziehungsweise 18 Prozent). Damit werden die Altersgutschriften gerade bei den älteren Arbeitskräften gesenkt. Das soll ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Beiträge sollen wie heute ab 25 Jahren gezahlt werden.
Tiefere Eintrittsschwelle
Um in einer Pensionskasse versichert zu sein, muss man heute bei einem Arbeitgeber mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Nach einem langen Hin und Her hat sich das Parlament darauf geeinigt, dass die Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken soll. Damit würden 70'000 Personen neu in einer Pensionskasse versichert, 30'000 Personen stärker als bisher. Insgesamt betrifft die Senkung 100'000 Arbeitnehmende.
Es war ein hochfliegendes Reformprojekt des damaligen SP-Sozialministers Alain Berset (52): die Altersvorsorge 2020, mit der er AHV und Berufliche Vorsorge (BVG) gleichzeitig reformieren wollte. Doch in der Abstimmung 2017 folgte der Absturz. Mit 52,7 Prozent Nein schickte das Stimmvolk die Rentenreform bachab.
Daraufhin packten Bundesrat und Parlament die beiden Säulen getrennt an. Einen knappen Abstimmungserfolg verbuchte Berset zusammen mit der bürgerlichen Parlamentsmehrheit letztens bei der AHV-Reform, mit der eine Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 erfolgte.
Nun ist die Pensionskassen-Reform an der Reihe, die eine bürgerliche Mehrheit im Parlament gegen den Widerstand der Linken durchgebracht hat. Linke und Gewerkschaften haben erfolgreich das Referendum ergriffen, sodass das Stimmvolk nun am 22. September 2024 über die Reform entscheiden wird.
Das sind die wichtigsten Eckwerte:
Tieferer Umwandlungssatz
Der Mindestumwandlungssatz im BVG-Obligatorium soll von heute 6,8 Prozent auf 6,0 Prozent sinken. Das bedeutet: Auf 100'000 Franken angespartes Alterskapital gibt es nur noch 6000 statt 6800 Franken Rente pro Jahr. Das führt zu einer Rentenlücke von rund 12 Prozent.
Rentenzuschlag für Übergangsgeneration
Es ist das eigentliche Herzstück der Vorlage. Die drohende Rentenlücke soll über einen Rentenzuschlag ausgeglichen werden. Allerdings nur für eine Übergangsgeneration von 15 Jahrgängen. Zudem wird er nach Alter und Einkommen abgestuft. Für die ersten fünf Jahrgänge gibt es maximal 200 Franken monatlich, dann sinkt er ab. Wer weniger als 220'500 Franken in der Pensionskasse hat – etwa ein Viertel der Versicherten – bekommt den vollen Zuschlag. Ein weiteres Viertel mit bis 441'000 Franken Altersguthaben erhält einen Teilzuschlag. Wer mehr Geld im Rentenkässeli hat, geht leer aus. Gut die Hälfte der Versicherten bekommt also nichts. Finanziert wird der Rentenzuschlag über Lohnabzüge – allerdings begrenzt bis 176'400 Franken.
Flexibler Koordinationsabzug
Vom sogenannten Koordinationsabzug hängt ab, wie hoch der versicherte Lohn ausfällt. Einkommen minus Koordinationsabzug ergibt die versicherte Lohnsumme. Galt bisher ein fixer Abzug von 25'725 Franken, soll dieser neu 20 Prozent des Einkommens betragen. Das BVG-Obligatorium gilt bis 88'200 Franken Einkommen. Der Abzug würde in diesem Fall also 17'640 Franken ausmachen. Unter dem Strich bleibt somit ein versicherter Lohn von 70'560 Franken. Auf Letzterem müssten also die Lohnbeiträge bezahlt werden.
Angepasste Altersgutschriften
Die Lohnbeiträge in die Pensionskasse – die sogenannten Altersgutschriften – werden mit der Reform geglättet: Bis im Alter von 44 Jahren beträgt die Altersgutschrift künftig 9 Prozent (bisher 7 beziehungsweise 10 Prozent) auf dem BVG-pflichtigen Lohn. Ab 45 Jahren sind es 14 Prozent (bisher 15 beziehungsweise 18 Prozent). Damit werden die Altersgutschriften gerade bei den älteren Arbeitskräften gesenkt. Das soll ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Beiträge sollen wie heute ab 25 Jahren gezahlt werden.
Tiefere Eintrittsschwelle
Um in einer Pensionskasse versichert zu sein, muss man heute bei einem Arbeitgeber mindestens 22'050 Franken jährlich verdienen. Nach einem langen Hin und Her hat sich das Parlament darauf geeinigt, dass die Eintrittsschwelle auf 19'845 Franken sinken soll. Damit würden 70'000 Personen neu in einer Pensionskasse versichert, 30'000 Personen stärker als bisher. Insgesamt betrifft die Senkung 100'000 Arbeitnehmende.
Bei den Befürwortern steht die FDP-Basis mit 66 Prozent Ja am stärksten hinter der Reform, bei der GLP sind es noch 56 und bei der Mitte genau 50 Prozent.
Allerdings muss sich das vom Arbeitgeberverband angeführte Ja-Lager Sorgen machen, da die Parteiungebunden die Vorlage mit 61 Prozent ablehnen – offenbar vertrauen sie bei der Altersvorsorge stärker den Gewerkschaften. Das besagt auch der Axa-«Ruhestandsmonitor».
Gemäss den GFS-Studienautoren verfängt insbesondere das gegnerische Argument, dass es sich bei der Reform um einen «BVG-Bschiss» handle, weil Arbeitnehmende höhere Beiträge zahlen würden und später dann weniger Rente erhielten.
Biodiversitäts-Initiative kippt ins Nein
Bei der Biodiversitäts-Initiative hat der Wind ebenfalls gedreht. Hatten die Befürworter die Nase bei der ersten SRG-Trendumfrage noch vorn, liegen sie nun im Hintertreffen. 51 Prozent lehnen die Initiative derzeit ab, 46 Prozent stimmen ihr zu und 3 Prozent sind unentschlossen.
Am grössten ist die Zustimmung im links-grünen Lager. 95 Prozent der Grünen-Anhänger unterstützen das Volksbegehren, ebenso 86 Prozent der SP und 70 Prozent der GLP. Unter den SVP-Sympathisanten hingegen lehnen 84 Prozent die Initiative ab, bei der FDP sind es 78 Prozent und bei der Mitte noch 61 Prozent.
Mit Blick auf verschiedene Bevölkerungsgruppen tun sich Gräben auf. Frauen stimmen der Initiative mehrheitlich zu, Männer lehnen sie öfter ab. In den ländlichen Gebieten wird die Initiative abgelehnt, in den Städten hingegen findet sie Rückhalt.
GFS Bern befragte für die SRG-Umfrage zwischen dem 26. August und 4. September 13'979 Stimmberechtigte. Der statistische Fehlerbereich beträgt +/–2,8 Prozentpunkte.