Nach Gubrist-Eröffnung
Krach um Autobahn-Ausbau geht weiter

Albert Rösti hat eine zusätzliche Fahrspur durch den Gubrist-Tunnel eröffnet. Schon bald könnte weiter ausgebaut werden – wenn das Parlament zustimmt. Doch es droht bereit das Referendum.
Publiziert: 04.07.2023 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 04.07.2023 um 06:10 Uhr
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Bundesrat Albert Rösti hat zusammen mit der Zürcher Regierungsrätin Carmen Walker Späh die 3. Röhre des Gubrist-Strassentunnels eröffnet.
Foto: keystone-sda.ch
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Tobias BruggmannRedaktor Politik

Es gehört zum angenehmeren Teil des Jobbeschriebs eines Verkehrsministers: SVP-Bundesrat Albert Rösti (55) durfte am Montag die dritte Spur durch den Gubrist-Tunnel eröffnen. Der weniger angenehmere Teil wartet bei der Rückkehr nach Bern. Momentan sind im Parlament mehrere weitere Autobahn-Ausbauten hängig. Und Rösti droht schon bald ein Abstimmungskampf.

Geplant sind Projekte, die prioritär im Zeitraum um 2030 gebaut werden sollen. Der Bundesrat wollte dafür 4,4 Milliarden Franken ausgeben – der Nationalrat zeigte sich grosszügiger und will 5,3 Milliarden Franken investieren.

Diese Projekte könnten profitieren:

  • Die A1 zwischen Wankdorf und Schönbühl BE soll auf acht Spuren ausgebaut werden. Kostenpunkt: 253 Millionen Franken.
  • Dieselbe Strasse soll zwischen Schönbühl und Kirchberg BE auf sechs Spuren vergrössert werden. Kostenpunkt: 239 Millionen Franken.
  • Der Rosenbergtunnel der A1 bei St. Gallen soll eine dritte Röhre erhalten. Kostenpunkt: 1244 Millionen Franken.
  • Der Fäsenstaubtunnel in Schaffhausen bekommt eine zweite Röhre. Kostenpunkt: 393 Millionen Franken.
  • Mit einem neuen Rheintunnel zwischen Birsfelden BL und Kleinhüningen BS soll die A2-Osttangente zwischen Wiese und Hagnau vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Kostenpunkt: 1873 Millionen Franken.
  • Der Nationalrat will nun, dass auch die Autobahn zwischen Le Vengeron GE und Nyon VD ausgebaut wird. Kostenpunkt: 911 Millionen Franken.

Dazu hat der Bund weitere Projekte auf dem Radar, die später hinzukommen könnten. Insgesamt soll das bis zu 11,6 Milliarden Franken kosten.

Autos rollen durch die dritte Gubrist-Röhre
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Von Bundesrat Rösti eingeweiht:Autos rollen durch die dritte Gubrist-Röhre

Grüne stellen sich dagegen

Doch ob tatsächlich schon bald Bagger auffahren, ist unklar. Denn der Verkehrsclub (VCS) hat bereits das Referendum angekündigt, wenn der Ständerat das Projekt nicht redimensioniert. Auch die Grünen könnten das Referendum unterstützen. Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt der grüne Nationalrat und VCS-Vorstand Michael Töngi (56, LU). «Der Ausbau führt zu mehr Verkehr und damit zu mehr Lärm. Dazu schadet es dem Klima, wenn mehr Autobahnen zur Verfügung stehen.»

Töngi nennt ein Beispiel aus seinem Kanton Luzern: Nach der Eröffnung der Autobahn Buchrain seien weniger Leute mit Bus und Bahn gefahren. Und dies, obwohl die ÖV-Verbindungen ausgebaut wurden. «Das zeigt, dass durch den Ausbau zusätzliche Anreize geschaffen werden, das klimaschädliche Auto zu nutzen.» Für Töngi ist ein Autobahn-Ausbau unnötig. «In den letzten Jahren nahm der Verkehr auf den Autobahnen nicht mehr zu.»

Steigende Kosten durch Stau

SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger (49, BL) befürwortet den Autobahn-Ausbau. «Jeden Tag stehen immer mehr Menschen im Stau.» Sie führt selbst einen Malerbetrieb. «Wir sind 14 Leute, jeweils in fünf Autos unterwegs. Wenn pro Tagen jedes Auto nur zehn bis zwanzig Minuten im Stau stehen, steigen die Kosten exorbitant an.»

Gemäss Sollberger hat der Verkehr auf den Autobahnen zugenommen. «Das sieht jeder, der selbst auf den Strassen unterwegs ist. Immer mehr Menschen kommen in die Schweiz, sie sind mobil und bewegen sich fort.»

Dass mehr Autobahnen den öffentlichen Verkehr schwächen, glaubt Sollberger nicht. «Ich kann nicht mit den Farbkesseln in den Zug und zu den Kunden fahren.» Für sie ist aber klar, dass es beides braucht. «Auch der öffentliche Verkehr ist notwendig, um die steigenden Pendlerzahlen zu bewältigen.»

Gelder bleiben für Strassen blockiert

Selbst wenn das Referendum vor dem Volk durchkommt, stehen die Grünen vor einem Problem: Blockiert werden dann nur die entsprechenden Projekte. Das Geld bleibt im Topf und ist für den Strassenausbau blockiert.

Grünen-Töngi will das Geld dann stärker in die Agglomerationen investieren. «Wenn das Referendum durchkommt, könnte man stattdessen mehr Geld für den öffentlichen Verkehr oder die Velowege einsetzen.» Auch das dürfte grosse Diskussionen geben.

Baustellen auf Autobahnen könnten auch andernorts kommen. Der Bundesrat will die Autobahn A1 auf den Streckenabschnitten Bern–Zürich und Lausanne–Genf auf mindestens sechs Spuren ausbauen. Und auch für den Zeitraum rund um 2040 hat der Bundesrat bereits Projekte vorgeschlagen.

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