Über Umwege nach Brüssel
Der neue Staatssekretär Alexandre Fasel soll mit der EU eine Einigung finden

Alexandre Fasel ist einer der profiliertesten Diplomaten der Schweiz. Nun beerbt er Livia Leu als Staatssekretär im Aussendepartement EDA. Doch der Weg dorthin war mit einigen Hürden gespickt.
Publiziert: 29.06.2023 um 00:12 Uhr
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Aktualisiert: 29.06.2023 um 08:05 Uhr
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Ignazio Cassis stellte am Mittwoch seinen neuen Staatssekretär Alexandre Fasel vor.
Foto: keystone-sda.ch
Robin Bäni, Dominique Schlund

Alexandre Fasel (62), der einst verlorene Sohn, kehrt zurück und wird Staatssekretär im Aussendepartement. Der Ritterschlag erfolgt am 1. September. Dann tritt Fasel die Nachfolge von Livia Leu (62) an und bekommt jenen Lorbeerkranz aufgesetzt, der ihm einst verwehrt wurde.

Bereits vor zwei Jahren wollte der Top-Diplomat nach Brüssel, um den Posten als EU-Botschafter zu übernehmen. Doch Bundesrat Ignazio Cassis (62) durchkreuzte damals seine Pläne.

Per Anhalter nach Brüssel

An einer Bundesratssitzung behauptete der Aussenminister, Fasels Wunschdestination sei Kairo. Eine Falschinformation, wie sich später herausstellte – Fasel wollte nie nach Ägypten. Doch die Würfel waren bereits gefallen. Aussenseiterin Rita Adam (53), damals Botschafterin in Rom, erhielt den begehrten Posten in Brüssel.

Cassis hatte sie, wohl unter dem Einfluss von Livia Leu, dorthin gehievt und damit in Bundesbern für Irritation gesorgt. Denn eigentlich kam Fasel die Favoritenrolle zu. Als Botschafter in London befasste er sich intensiv mit dem Brexit. So sammelte er sich ein Wissen an, das bei Verhandlungen mit der EU nützlich gewesen wäre. Cassis aber stellte ihn auf ein Nebengleis als Sonderbeauftragter für Wissenschaftsdiplomatie. Und dies, obwohl Fasel eine imposante Karriere im Staatsdienst hingelegt hat.

Rechtsanwalt mit grosser Erfahrung in der Diplomatie

Alexandre Fasel studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten von Freiburg und in Oxford (Grossbritannien). Bereits 1992 trat er seine erste Stelle beim Aussendepartement an und kam weit herum. Zuerst ging der Diplomat in die kanadische Hauptstadt Ottawa. 1994 kehrte er als persönlicher Mitarbeiter des damaligen CVP-Bundesrats Flavio Cotti nach Bern zurück. Danach wurde er Nummer zwei in der Botschaft im australischen Canberra, ehe er 2004 nach Genf zur Uno ging.

In Genf war Fasel Chef der ständigen Mission der Schweiz beim Büro der Vereinten Nationen. Danach folgte ein dreijähriges Intermezzo in der Privatwirtschaft. Bei der damaligen Grossbank Credit Suisse übernahm Fasel die Leitung des Formel-1-Sponsorings, dem Partner des Rennstalls Sauber-Petronas. Fasel war seit seiner Jugend selber passionierter Autorennfahrer. 2017 kehrte er in die Diplomatie zurück und vertrat die Schweiz als Botschafter in Grossbritannien.

Nach den Geschehnissen der vergangenen Jahre hatte sich Fasel eigentlich gar nicht erst für den frei werdenden Posten als Staatssekretär beworben. Da Leu nun aber bald weg ist, konnte ihn Cassis wohl dazu überreden, den Posten zu übernehmen – und das, obwohl auf dem Schreibtisch des Aussenministers einige Bewerbungen gelegen haben dürften.

Nicht einfach ein Ja-Sager

Der Gesamtbundesrat soll auf Cassis ziemlich Druck gemacht haben, eine starke Führungspersönlichkeit zu wählen – nicht einfach einen Ja-Sager, ist zu hören. Immerhin steht mit den EU-Verhandlungen für die Schweiz einiges auf dem Spiel.

Tatsächlich wartet auf Fasel eine Herkules-Aufgabe: Das EU-Dossier gilt als äusserst schwierig, Fasel ist bereits der vierte Staatssekretär seit 2018, der mit Brüssel um eine Einigung und ein mögliches neues Rahmenabkommen ringen wird. Ob er die Verhandlungen allerdings selber führen wird, ist noch offen. Das nötige Rüstzeug scheint der Freiburger Diplomat jedenfalls mitzubringen.

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