Alt-Bundesrat bleibt der Star der Albisgüetli-Tagung
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Albisgüetli-Tagung der SVP:Christoph Blocher bleibt auch ohne Rede der Mittelpunkt

«Liebe Europäerinnen und Europäer»
Wie Beat Jans die SVP-Hochburg Albisgüetli provoziert

Showdown in der SVP-Hochburg Albisgüetli: SP-Bundesrat Beat Jans wagt sich in die «Höhle des Zürcher Löwen». Statt Christoph Blocher heizt Roger Köppel die Stimmung gegen die EU an. Jans' Werben für den Deal stösst hingegen auf wenig Gegenliebe.
Publiziert: 17.01.2025 um 22:40 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2025 um 23:26 Uhr
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An der jährlichen Albisgüeti-Tagung will Roger Köppel in die grossen Fussstapfen von Christoph Blocher treten.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • SP-Bundesrat Beat Jans wagt sich in die SVP-Hochburg Albisgüetli
  • Roger Köppel ersetzt Christoph Blocher als Hauptredner der SVP
  • Rund tausend Personen im Saal, Jans erhält höflichen Applaus
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Tobias BruggmannRedaktor Politik

Kantonsschilder und das Schweizerkreuz thronen über den Köpfen im Schützenhaus Albisgüetli. Dort, wo Christoph Blocher (84) seinen Kampf gegen den EWR begann, wagte sich am Freitagabend SP-Bundesrat Beat Jans (60) in die «Höhle des Zürcher Löwen», wie er es auf Baseldytsch verkündete. 

Ausgerechnet kurz nachdem der Bundesrat die Verhandlungen mit der Europäischen Union beendet hat, muss die SVP zum ersten Mal auf ihren Antreiber verzichten.

Jahrelang hatte Blocher bei der Albisgüetlitagung eingeheizt. Im vergangenen Jahr kündigte der alt Bundesrat singend an, sich als Redner zurückzuziehen.

Nun: So ganz lassen konnte er es dann doch nicht. Von der SVP Zürich gabs eine Trychel. «Keine Angst, ich halte keine Rede mehr», sagte Blocher, nur um die Versammlung gleich darauf zu beschwören: «Kämpfed witer, kämpfed witer!» 

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«Nein, Christoph Blocher ist kein Rechtsextremer. Er hat einfach nur extrem recht!»
Alt Nationalrat Roger Köppel
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Für Blocher sprang alt Nationalrat Roger Köppel (59) ein. Engagiert heizte er das Publikum an, erzählte, wie er als Jugendlicher mit langen Haaren Schlagzeug spielte und Musiker werden wollte. «Alle meine Freunde waren links.» Dass er trotzdem vor der SVP und nicht vor Cédric Wermuth (38) oder Mattea Meyer (37) sprach, habe er einem Interview mit Christoph Blocher zu verdanken. «Nein, Christoph Blocher ist kein Rechtsextremer. Er hat einfach nur extrem recht!»

Den grössten Teil seiner Rede verwendete Köppel für seinen Kampf gegen die EU, wetterte gegen die «grösste Fake-News-Fabrik der Schweiz», die seiner Ansicht nach im Bundeshaus steht. «Unser Bundesrat will die Eidgenossenschaft an die EU andocken. Das ist, wie wenn man an die Titanic andocken will, wenn die Kommandobrücke schon metertief unter Wasser steht!»

Köppels Parolen sind bekannt, man kennt sie von SVP-Medienmitteilungen. Mal wettert er gegen EU-Bürokratie («Ich will nicht, dass Frau von der Leyen uns befiehlt, wie wir Torten backen müssen»), mal gegen den Streitschlichtungsmechanismus («Das ist, wie wenn Sie ihre Ehe stabilisieren wollen und Ihrer Frau sagen: ‹So, Schatz, ab sofort machst du nur noch, was ich sage. Im Konfliktfall entscheide ich, und wenn du mir nicht gehorchst, gibts eine Sanktion›).

Doch Köppel kam nicht an die rhetorische Strahlkraft von Blocher heran. 

Im Saal – zu Essen gabs Zürcher Geschnetzeltes – funktionierten die Parolen jedoch. Oft gab es Zwischenapplaus, am Ende stand der Saal. 

«Die spinnen auch nicht mehr als wir»

Da hatte es ein anderer Schlagzeuger deutlich schwieriger. Beat Jans – in der Bundeshaus-Band spielte er vor seiner Magistraten-Zeit das Instrument – hielt die Gegenrede. Unwidersprochen zwar, aber von einem Murren im Publikum begleitet. 

Jans warb für den Deal, wollte eine Lanze brechen, «oder von mir aus auch eine Hellebarde ...» – in Anspielung an die SVP-Demo, für die der Partei nun gar juristische Konsequenzen drohen. 

Jans sprang von Asterix («Die Schweiz ist eben kein gallisches Dorf: In der EU hat es zwar Römer, aber die spinnen auch nicht mehr als wir»), über seine Kindheit und den Krach mit den Nachbarn («Eine gute Nachbarschaft ist Gold wert. So ist es eben auch mit der EU»).

Denn grössten Lacher gab es aber, als Jans die Vorteile des Grenzabkommens Schengen-Dublins anpries. «Ich habe gedacht, dass sie hier nicht klatschen.» 

Pfiffe gabs hingegen, als Jans die rund tausend Leute im Saal mit «liebe Europäerinnen und Europäer» ansprach. «Ich wollte nur schauen, ob sie nicht eingeschlafen sind.» 

Der Abend endete für Jans und die «lieben Helvetierinnen und Helvetier» versöhnlich. Es gab einen höflichen Applaus, «ein feines Essen und einen Lebkuchen». Doch Stimmen für ein Ja dürfte er hier im Albisgüetli keine geholt haben.

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