Auf einen Blick
- Schweiz übernimmt EU-Recht in wichtigen Bereichen mit Ausnahmen
- EU-Bürger können in die Schweiz ziehen, aber mit Einschränkungen
- Ab 2030 überweist die Schweiz jährlich 350 Millionen Franken an die EU
Die Spielregeln
Bei der Personenfreizügigkeit, beim Land- und Luftverkehr, der Landwirtschaft, der gegenseitigen Anerkennung von Produktrichtlinien, beim Strom und der Lebensmittelsicherheit gilt neu eine «dynamische Rechtsübernahme». Das bedeutet, die Schweiz übernimmt EU-Recht. Weiterhin kann aber das Volk oder das Parlament eine solche Übernahme ablehnen – nur drohen dann Strafen. Auch Ausnahmen sind möglich. Wenn es einen Streit gibt, entscheidet zuerst ein sogenannter Gemischter Ausschuss. Ist man sich dort nicht einig, gibt es ein Schiedsgericht. Dieses muss den EU-Gerichtshof beiziehen. Entscheiden wird das Schiedsgericht. Die Ausgleichsmassnahmen müssen verhältnismässig sein. Willkürliche Strafmassnahmen seien nicht mehr möglich.
Die Zuwanderung
Bei der Zuwanderung wird die Unionsbürgerrichtlinie teilweise übernommen. EU-Bürger können in die Schweiz ziehen und hier arbeiten. Der Bund hat hier aber Ausnahmen erreicht. Landesverweisungen für Straftäter sind noch immer möglich. In der EU bekommt die Bürger nach fünf Jahren ein Aufenthaltsrecht. In der Schweiz gibt es das nur, wenn die Person auch einen Job hat. Wer länger als sechs Monate Sozialhilfe bezogen hat, muss zudem auch entsprechend länger warten. Wer so einmal ein Aufenthaltsrecht bekommen hat, und den Job verliert, muss sich um einen neuen bemühen und mit dem Arbeitsamt RAV zusammenarbeiten, sonst kann die Aufenthaltsgenehmigung entzogen werden.
Die bisherige Schutzklausel wird konkretisiert. Sie kann bei «schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Problemen» aktiviert werden. Das kann die Schweiz einseitig machen. Dann entscheidet ein gemischter Ausschuss oder danach ein Schiedsgericht, ob die Schweiz Schutzmassnahmen ergreift. Die EU kann Ausgleichsmassnahmen bei der Zuwanderung ergreifen. Teil dieses Deals war, dass EU-Bürger an Schweizer Unis und Fachhochschulen künftig die gleichen Studiengebühren bezahlen.
Lohnschutz
Die Schweiz führt das Entsenderecht der EU ein: Das bedeutet, dass EU-Firmen ihre Arbeiter in die Schweiz schicken können. Umgekehrt ist das auch möglich. Damit das Recht aber eingeführt wird, muss das «aktuelle Schutzniveau der Lohn- und Arbeitsbedingungen dauerhaft erhalten werden». Das soll durch ein dreistufiges Konzept erreicht werden. Es gelte das Prinzip «gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort». Die Schweiz hat Ausnahmen verhandelt, wonach die Firmen ihre Bürger voranmelden müssen. Künftige Anpassungen, die das Schutzniveau verschlechtern, muss die Schweiz nicht übernehmen. Bei der Spesenregelung will die Schweiz «ihren zur Verfügung stehenden Spielraum maximal nutzen», ohne aber konkreter zu werden. Hierbei geht es darum, dass eine EU-Firma aus Polen ihre Arbeiter in die Schweiz schicken kann und dabei aber nur polnische Spesen ersetzen muss.
Subventionen
Die Schweiz bezahlt gerne und viele Subventionen. Die EU will unerwünschte Wettbewerbsverfälschungen verhindern. Grundsätzlich gilt ein Verbot – aber mit zahlreichen Ausnahmen, die gemeldet werden müssen. Ein solches Überwachungssystem führt auch die Schweiz ein. Zudem beschränkt die Schweiz ihre Pflichten auf den Land- und den Luftverkehr sowie den Strom. Die Landwirtschaft kann also aufatmen.
Verkehr
Künftig dürfen auch ausländische Bahnen wie Flixtrain auf Schweizer Schienen fahren. Dafür würden Rahmenbedingungen gelten, schreibt der Bund. Das Schweizer ÖV-System werde nicht negativ beeinträchtigt. Beim Flugverkehr dürfen Schweizer Airlines künftig auch Inlandflüge innerhalb von EU-Staaten anbieten.
Die neuen Abkommen
Neue Verträge gibt es unter anderem beim Strom: Der Strommarkt wird liberalisiert. Wer will, kann seinen Anbieter frei wählen und so möglicherweise sparen – oder im Falle einer Stromkrise deutlich mehr bezahlen. Die Haushalte können aber in der Grundversorgung bleiben und so gesicherte Preise haben. Das Abkommen wollte die Schweiz, um die Versorgungssicherheit zu sichern. Dabei geht es insbesondere um das Stromnetz, das stark mit jenem der EU verbunden ist.
Das Gesundheitsabkommen ist im Hintergrund der Corona-Pandemie entstanden. Die Schweiz will sich mit der EU bei der Prävention und der Kontrolle von Krankheiten zusammenarbeiten.
Bei der Lebensmittelsicherheit gibt es ebenfalls ein neues Abkommen. Das biete Vorteile für die Gesundheit von Pflanzen und Tieren sowie den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten, schreibt der Bund.
Bildung
Die Schweiz darf wieder bei EU-Programmen wie dem Studenten-Austauschprogramm Erasmus oder dem Forschungsprogramm Horizon mitmachen.
Die Kosten
Ein solcher Deal kostet: Die Schweiz überweist ab 2030 jährlich 350 Millionen Franken. Das Geld fliesst in Entwicklungsprojekte in EU-Ländern wie Bulgarien, Estland oder Kroatien. Für die Übergangsphase bis 2030 sind es jährlich 130 Millionen Franken.
Nun beginnt die juristische Feinarbeit. Der finale Text soll im Frühjahr 2025 vorliegen, dann beginnt die innenpolitische Debatte und danach wohl eine Volksabstimmung. Dabei dürfte die Schweiz über das sogenannte «Stabilisierungspaket» und die drei neuen Abkommen separat abstimmen.