Wackliger EU-Deal
Weniger Lohnschutz? Versuch des Bundes zeigt Tücken

Der EU-Deal stösst bei den Gewerkschaften auf massive Kritik. Sie sehen den Lohnschutz geschwächt. So zeigt auch ein Pilotversuch in der Region Basel die Tücken der sogenannten Vier-Tage-Regel auf. Selbst Gewerbevertreter gehen auf die Barrikaden.
Publiziert: 17:26 Uhr
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Aktualisiert: 17:32 Uhr
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Der EU-Deal bringt beim Lohnschutz gewisse Rückschritte, wie etwa eine kürzere Voranmeldefrist für entsandte Arbeitnehmende.
Foto: Pius Koller

Auf einen Blick

  • EU-Deal auf wackligen Beinen: Gewerkschaften und SVP unzufrieden
  • Pilotprojekt zur Vier-Tage-Regel zeigt Schwierigkeiten bei Kontrollen
  • 70 Prozent der Meldungen zu kurzfristig für effektive Kontrollen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Der neue EU-Deal steht auf wackligen Beinen. Nicht nur das rechte Lager um die SVP stellt sich gegen das neue Abkommen, auch die Gewerkschaften sind unzufrieden. «Der Bundesrat hat unseren Lohnschutz geopfert!», wetterte Gewerkschaftsbund-Präsident Pierre-Yves Maillard (56) im Blick.

Dabei verwies er auf vier Bereiche, in welchen Verschlechterungen auf die Schweiz zukommen. Darunter auch die Verkürzung der Voranmeldefrist von acht auf vier Tage für entsandte Arbeitnehmende. Schon beim 2021 gescheiterten Rahmenabkommen gehörte diese zu den Streitpunkten.

Darum hat der Bund letztes Jahr in der Region Basel mit Sozialpartnern und kantonalen Stellen ein Pilotprojekt aufgegleist, in welchem die Vier-Tage-Regel in der Praxis getestet wurde.«Das Projekt wurde zwischen August und Oktober durchgeführt», sagt Fabian Maienfisch vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

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Das Ziel habe darin bestanden, die praktischen Auswirkungen einer verkürzten Voranmeldefrist auf die Planung und Durchführung der Kontrollen zu eruieren. «Es handelte sich dabei um einen eng begrenzten Feldversuch.» Zu den Ergebnissen will sich das Seco allerdings noch nicht äussern. Maienfisch stellt den Bericht für Ende März in Aussicht. Offenbar will man zuerst die weiteren Gesprächsrunden zwischen den Sozialpartnern zu den innenpolitischen Kompensationsmassnahmen abwarten.

«Im Moment funktioniert die Vier-Tage-Regel nicht»

Der Pilotversuch zeigt nämlich, dass die kürzere Frist mit Schwierigkeiten verbunden ist. «Im Moment funktioniert die Vier-Tage-Regel nicht», sagt Christoph Buser (53), Direktor der Wirtschaftskammer Baselland. «In rund 70 Prozent der Fälle werden die Daten den Kontrollstellen so kurzfristig gemeldet, dass korrekte Kontrollen kaum zu gewährleisten sind.»

Das hänge damit zusammen, dass die Kantone zuerst eine Triage vornehmen würden, bevor die Meldungen bei den Kontrollstellen landen. «Die Planbarkeit wird damit weitgehend verunmöglicht», so Buser. Viele entsandte Arbeitnehmer seien nämlich nur wenige Tage auf Baustellen tätig, für Kontrollen werde es oftmals zu eng.

Der Wirtschaftsvertreter schlägt fast schon gewerkschaftliche Töne an. Sein Fokus liegt aber auf dem einheimischen Gewerbe: «Als Grenzregion stehen unsere Unternehmen in starker Konkurrenz zu ausländischen Dienstleistern», erklärt er. Ohne ein funktionierendes System könnten ausländische Anbieter ihre Dienstleistungen zu deutlich niedrigeren Preisen anbieten. «Die Folgen wären verheerend», warnt Buser. «Der Wettbewerb würde verzerrt und Lohndumping massiv verstärkt, wodurch auch handwerkliche Berufe an Attraktivität verlieren würden.»

Ringen um innenpolitische Massnahmen

Die Projektergebnisse dürften bei den anstehenden Gesprächen zwischen Bund, Arbeitgebern und Gewerkschaften noch für Zündstoff sorgen. So braucht es innenpolitische Massnahmen, um das heutige Lohnniveau zu sichern.

Auch wenn der Bund dem Vernehmen nach abwiegelt, dass die Ergebnisse des Pilotversuchs nicht für die ganze Schweiz gelten würden, ist man sich einig, dass es zumindest beim Meldesystem Verbesserungen braucht. Darauf drängt auch Buser: «Die Kontrollorgane müssen die Meldungen digital quasi in Echtzeit erhalten, damit sie rechtzeitig planen können», sagt Buser. Auch zusätzliche Ressourcen könnten zum Thema werden.

Handlungsbedarf ortet Buser zudem bei der Kautionspflicht, die neu nicht mehr präventiv, sondern nur noch für Wiederholungstäter fällig würde. «Hier muss bei Verstössen Nulltoleranz gelten, damit eine gewisse Abschreckung beibehalten werden kann.»

Seitens der Gewerkschaften dürften noch weitere Forderungen auf den Tisch kommen, bis hin zu sofortigen Baustellenschliessungen bei Regelverstössen. Heisse Diskussionen sind programmiert.

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