Was die Vereinbarkeit von Beruf und Mutterschaft anbelangt, haben wir es in der Schweiz nicht sehr weit gebracht. Schwangere und solche, die es werden wollen, gelten als lästiger Ballast, der nach der Babypause entweder gar nicht zurückkehrt oder aber mit frechen Ansprüchen, was das Pensum anbelangt. Zumal Teilzeitarbeit als Erwerbsmodell für Tagediebe angesehen wird.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, nehmen Frauen ihren Kinderwunsch erst dann richtig ernst, wenn seine Erfüllung altershalber in Frage gestellt ist. Oft haben sie auch viel Zeit mit untauglichen Beziehungsversuchen vergeudet, in der Hoffnung, der nichtpassende Partner werde durch jahrelange Zurede plötzlich zu einem passenden.
Denn das ist ja die andere Thematik: Mit wem sollen Sie, nun, da Sie merken, dass Sie gern eines hätten, überhaupt ein Kind machen? Der nächste Mann in Ihrem Lebens muss schliesslich – nebst baldigem Auftritt – gleich beide Ansprüche erfüllen: Er muss Ihnen ein guter Partner sein und Ihrem Kind ein guter Vater. Zwei Vorzüge, die er idealerweise weit vor sich herträgt, denn viel Zeit zum Entdecken bleibt Ihnen nicht mehr. Ein anstrengendes Setting mit hohem Stress- und Enttäuschungspotenzial.
Ein Kinderwunsch ist zudem nicht automatisch gleichzusetzen mit Kinderbereitschaft. Bedenken Sie, dass ein Kind zwar niedlich ist und Ihrem Leben tiefen Sinn verleiht, aber auch eine Menge Arbeit, Verzicht und Geduld bedeutet. Auf eine Beziehung, zumal eine junge, wartet hier eine Prüfung, die oft nicht bestanden wird.
Am besten freunden Sie sich radikal damit an, kinderlos zu bleiben (anfreunden, nicht abfinden). Freuen Sie sich ab den vielen Dingen, die Ihnen dadurch möglich sind. Und vertrauen Sie dem Leben – vielleicht lässt es ja trotzdem noch einen lieben Kindsvater Ihren Weg kreuzen.
Der Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer beobachtet seine Mitmenschen seit nunmehr 41 Jahren. Das ist denen nicht immer recht. Haben auch Sie Fragen an ihn? magazin@sonntagsblick.ch, Betreff: «Meyer»
Der Zürcher Schriftsteller Thomas Meyer beobachtet seine Mitmenschen seit nunmehr 41 Jahren. Das ist denen nicht immer recht. Haben auch Sie Fragen an ihn? magazin@sonntagsblick.ch, Betreff: «Meyer»