Editorial über die Kritik am Grossverteiler
Die Migros baut um? Gut so!

Der Genossenschaftsbund verkauft Tochterfirmen und wird von allen Seiten dafür getadelt. Warum eigentlich?
Publiziert: 04.02.2024 um 07:38 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2024 um 20:04 Uhr
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Die Migros will unter anderem Melectronics verkaufen.
Foto: Pascal Scheiber
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Das öffentliche Wehklagen war ungewöhnlich laut. Es hallt bis heute nach. Was ist geschehen? Am Freitagmorgen kündigte der Migros-Genossenschaftsbund einen grossen Umbau an: Die Tochterunternehmen Hotelplan, SportX, Melectronics und Mibelle werden abgestossen, 1500 Arbeitsplätze abgebaut.

Wenn es noch einen Beweis dafür gebraucht hätte, wie fest der Konzern mit dem orangefarbenen Logo in der Volksseele verankert ist, dann haben ihn die Schweizer Medien durch ihre Schlagzeilen geliefert. «Migros zerschlägt Erbe», donnerte es aus den Redaktionen, von «Ausverkauf» war die Rede und davon, dass der Betrieb «ein Stück DNA abschneidet»; Meinungsführer witterten einen Verrat am Gründervater Gottlieb Duttweiler und stellten die bange Frage: «Ist die Zeit der Migros-Kinder vorbei?»

Es sind Reflexe, die von tief unten kommen. Da äussert sich, man kann es kaum anders deuten, der Phantomschmerz einer Schweiz in ruhigen Fahrwassern, die es so nicht mehr gibt, einer Eidgenossenschaft, deren Institutionen von der Armee über die SRG bis zum Dutti-Konzern ins Wanken geraten sind.

Berechtigter wird das mediale Meckern deswegen nicht, im Gegenteil: Dass sich die Verantwortlichen der Migros – grösste private Arbeitgeberin und nationaler «Love Brand» Nummer eins – ihrer Zukunftsbewältigung widmen, sollte vielmehr für Erleichterung sorgen. Kritikerinnen und Kritiker wissen nämlich sehr wohl, dass die bekannten Herausforderungen des digitalen Wandels auch nicht vor dem grossen, leuchtenden M haltmachen. Der Konsum wandert ins Internet ab, und längst ist es ein offenes Geheimnis, dass sich die Migros de facto in ein Kreditinstitut mit dazugehöriger Detailhandelskette verwandelt – die Migros Bank ist heute die Cashcow der Genossenschafter.

Will die Gruppe nicht das gleiche Schicksal erleiden wie Swissair oder Credit Suisse, ist das Management am Zürcher Limmatplatz schlicht zum Handeln gezwungen. Deshalb wirkt es besonders absurd, wenn die lautesten Klagen über die Umbaupläne des Detailhändlers aus Medienhäusern ertönen, die sich selbst noch viel eifriger an die galoppierende Realität anpassen.

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