«Es ist eine Zäsur für die Migros»
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Migros-Chef Irminger erklärt:«Der Radikal-Umbau ist eine Zäsur»

8000 Arbeitsplätze sind betroffen – es könnten noch mehr werden
Was du zum Migros-Umbau und den Firmenverkäufen wissen musst

Die Migros verkauft eigene Firmen wie Hotelplan und SportX sowie die Industriebetriebe von Mibelle. Weitere Fachmärkte wie Micasa stehen auf dem Prüfstand. 1500 Stellen fallen weg, betroffen sind zusammen aber 8000 Arbeitsplätze. Blick hat Antworten auf wichtige Fragen.
Publiziert: 02.02.2024 um 15:11 Uhr
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Aktualisiert: 02.02.2024 um 15:49 Uhr
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Das Migros-Hochhaus in Zürich: Hier fallen die Entscheide der Migros-Zentrale.
Foto: Sven Thomann
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Ulrich RotzingerWirtschaftschef

Die Migros nimmt den grössten Umbau aller Zeiten in Angriff. Die mit 100'000 Angestellten wichtigste private Arbeitgeberin der Schweiz trennt sich von beliebten Tochterfirmen. Verkauft werden: die Reisegruppe Hotelplan, der Sporthändler SportX, die Heimelektronikkette Melectronics sowie der Mibelle-Industriebetrieb («Handy»-Spülmittel, «I am»-Linie). Die Angestellten wurden am Freitagmorgen um 9 Uhr über die Umwälzungen informiert. «Wir haben das gesamte Portfolio unserer Gruppe durchleuchtet», sagt Migros-Chef Mario Irminger (58) zu Blick. Es habe sich gezeigt, dass der Dutti-Konzern nicht mehr die geeignete Eigentümerin sei. «Die einzelnen Tochterfirmen haben ausserhalb der Migros bessere Erfolgsaussichten.» Eine Shortlist für potenziell Interessierte gebe es nicht, es wurden auch noch keine Vorverkaufsgespräche geführt. Was sich nun für Angestellte und Kundinnen und Kunden ändert, bringt Blick auf den Punkt.

Warum kommt es zum Knall?

Die Migros ist vergleichbar mit einem schwerfälligen Supertanker. Zu gross, zu wenig beweglich, zu festgefahren in Bereichen, die nicht mehr rentieren. Die Discounter Aldi und Lidl, aber auch Grossverteiler-Rivale Coop haben leichtes Spiel, der Migros Marktanteile, also Kundschaft, abzujagen. Die Migros verliert Umsätze, Fachmärkte mit ihren riesigen Verkaufsflächen sind nicht mehr rentabel. Schnelles Reagieren, etwa auf Verschiebungen in den wachsenden Onlinemarkt: Fehlanzeige! Die Migros hat sich darum entschlossen, sich auf ihr Kerngeschäft mit den Supermärkten, auf Gesundheit und Finanzdienstleistungen zu konzentrieren. 

Wer muss bei der Migros jetzt zittern?

Was nicht rentiert oder nicht mehr zur Strategie passt, wird ausgemistet. Irminger spricht von einer «Zäsur». Laut Migros-Präsidentin Ursula Nold (55) sind 6500 Angestellte vom Verkauf der vier Tochterfirmen der Migros betroffen. Hier besteht die Hoffnung, dass die neuen Besitzer jeweils das Personal übernehmen. Pocht Migros-Chef Irminger auf eine Jobgarantie? «Wenn immer möglich sollen die gesamten Gruppen wie Hotelplan und Mibelle übernommen werden», sagt er und weicht damit aus.

So oder so kommt es zum Abbau von bis zu 1500 Vollzeitstellen, bedingt durch die Konzentration auf das Kerngeschäft. Beispiel: Wird SportX verkauft, braucht es die dafür aufgebaute Logistik nicht mehr. Auch IT-Dienstleistungen braucht es nicht zwei- oder vierfach. Insgesamt sind es 8000 Mitarbeitende, die sich um ihre Zukunft nun Sorgen machen. Nicht zu vergessen: Die Zahnkorrektur-Kette Bestsmile schliesst neun von 36 Standorte, 40 Angestellte verlieren ihren Job, wie am Freitag ebenfalls bekannt wurde. 

Wie steht es um die grösste Arbeitgeberin der Schweiz?

Die Migros stand auch schon besser da. Bei der Portfolio-Durchleuchtung habe man festgestellt, dass Werte im Umfang von 500 Millionen Franken berichtigt werden müssen. Betroffen sind laut Irminger beispielsweise Logistik-Liegenschaften und IT-Projekte. «Sie weisen einen tieferen Bilanzwert auf und müssen korrigiert werden.» Das wirkt sich auf das Resultat der Gruppe im 2023 aus, das die Migros im März publik macht. «Die Migros ist aber kein Sanierungsfall», betont Irminger. Sein Unternehmen weise weiterhin einen Gewinn aus, stehe finanziell auf gesunden Beinen und sei praktisch nicht fremdfinanziert.

Gibt es noch mehr Verkäufe?

Die Migros will sich Zeit nehmen, um Käufer für die vier Tochterfirmen zu finden. Wie lange, bleibt ungenannt. Der Umbau geht gleichzeitig weiter, denn kein einziger Fachmarkt der Migros sei laut Irminger Nummer 1 in seinem Bereich in der Schweiz. Ausserdem machen grosse Verkaufsflächen immer weniger Sinn. Darum stehen auch Obi, Micasa, Do it + Garden und Bike World auf dem Prüfstand. Hier lässt er sich alle Optionen offen, wie er sagt. Bis im Sommer will die Migros bekannt geben, wie es mit diesen Fachmärkten weitergehen soll. Weitere Firmenverkäufe sind nicht ausgeschlossen. Auch Rivale Coop könne zum Zug kommen, falls Interesse bestünde. 

Wie spüren Migros-Kunden den Umbau?

Die Migros betont, dass sich durch die Verkäufe im Moment weder für die Kundschaft noch für die betroffenen Mitarbeitenden etwas ändert. Im Gegenteil: «Die Migros will für ihre Kundinnen und Kunden in den kommenden fünf Jahren über acht Milliarden Franken investieren», kündigt Irminger an. Das macht fast 1,5 Milliarden Franken jährlich, für tiefere Preise, neue Ladenkonzepte und wie der Migros-Chef sagt: «Für den Werkplatz Schweiz.» Und was den Mibelle-Verkauf anbelangt, erklärt Irminger: Eigenmarken wie das Spülmittel «Handy» oder die Beauty-Artikel von «I am» blieben in den Regalen, auch wenn sie nicht mehr von der Migros-Industrie, sondern von einem externen Unternehmen hergestellt würden.

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