«Rechtsvortritt: Sicher unterwegs mit dem ‹Beobachter›»
Dashcam: «Kann ich Raser damit anzeigen?»

Wer auf der Autobahn rechts überholt oder von einem Drängler verfolgt wird, würde am liebsten Anzeige erstatten – erst recht, wenn das gefährliche Verkehrsmanöver von der eigenen Dashcam aufgezeichnet wurde. Aber macht es Sinn, Raser und Verkehrsrowdys anzuzeigen?
Publiziert: 27.04.2022 um 13:48 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2023 um 14:34 Uhr
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«Kann ich Raser und Verkehrsrowdys mit Dashcam-Aufnahmen anzeigen?»
Foto: Shutterstock
Monika Huber und Daniel Leiser

Darf ich Drängler anzeigen? Ja. Zwar sind Verkehrsdelikte Offizialdelikte und werden von Amtes wegen verfolgt, aber die Polizei kann nicht überall gleichzeitig sein. Wenn du möchtest, dass ein Verkehrsrowdy bestraft wird, kannst du dir die Autonummer merken und das gefährliche Verkehrsmanöver bei der Polizei anzeigen.

Aber aufgepasst. Mit einer Anzeige ist die Angelegenheit für dich noch nicht erledigt: Streitet die beschuldigte Person den Vorwurf ab, steht Aussage gegen Aussage. Die Strafbehörden kommen dann nicht darum herum, dich als Zeuge oder Zeugin zu befragen. Dabei ist sogar eine direkte Konfrontation mit dem Beschuldigten möglich. Auch haben Beschuldigte Anspruch auf Akteneinsicht und werden deinen Namen und deine Adresse erfahren.

«Rechtsvortritt: Sicher unterwegs mit dem ‹Beobachter›»

Unfallärger, Service-Fails, Versicherungsknatsch und Co.: Was auf Schweizer Strassen für Stress sorgt, landet regelmässig bei den Rechtsexperten des «Beobachters». Hier berichten die Strassenverkehrsspezialisten Monika Huber und Daniel Leiser von ihren interessantesten Fällen, beantworten die Fragen der Community und erklären, wie man auch unterwegs zu seinem Recht kommt. Noch mehr Beratung im Abo gibts auf www.beobachter.ch.

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Fazit: Wenn du also eine Raserin oder ein Verkehrsrowdy anzeigen willst, überleg dir vorher, ob du bereit bist, einen gewissen Mehraufwand und eine mögliche Direktbegegnung in Kauf zu nehmen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass du eine Strafanzeige wegen einer schweren Verkehrswiderhandlung nicht zurückziehen kannst.

Falls dies jetzt eher abschreckend auf dich wirkt, gibt es eine Alternative: Du kannst auffällige Verkehrsteilnehmende während der Fahrt der Polizei melden und ihr dabei die Koordinaten angeben. So kann sie das Fehlverhalten mit eigenen Augen feststellen und aktiv werden – und du bist fein raus.

Werden meine Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zugelassen?

Nur in seltenen Fällen. Denn in der Regel verstossen bereits deine Dashcam-Aufnahmen gegen den Datenschutz und verletzen damit die Persönlichkeitsrechte der gefilmten Personen. Sobald du nämlich Personen so filmst, dass sie oder die Kontrollschilder erkennbar sind, gelten für dich die Datenschutzregeln und damit das Transparenz- und Verhältnismässigkeitsgebot: Die gefilmten Personen müssen erkennen, dass sie gefilmt werden - und du darfst auch nicht Krethi und Plehti filmen und so unter Generalverdacht stellen.

Dashcam-Aufnahmen – ausnahmsweise verwertbar

Auch wenn deine Dashcam-Aufnahmen gegen den Datenschutz verstossen, können sie gemäss Bundesgericht trotzdem als Beweismittel verwertbar sein. Dies ist der Fall, wenn auch die Polizei in derselben Situation rechtmässig eine solche Videoaufnahme hätte erstellen können oder die Aufnahme zur Aufklärung einer schweren Straftat dient.

Konkret: Ist deine Dashcam Zeugin eines Autorennens mit Schwerverletzten oder sogar Todesopfern, dürften deine Aufnahme im späteren Verfahren beigezogen werden, nicht aber bei einer Vortrittsmissachtung mit Blechschaden.

Fehlende Fahreignung: Meldung ans Strassenverkehrsamt

Wenn es dir nicht um die Bestrafung, sondern um die Verkehrssicherheit geht, kannst du eine «anonyme» Meldung beim Strassenverkehrsamt machen – also wenn du beispielsweise Zweifel an der Fahreignung eines Automobilisten wegen eines Gesundheits- oder Suchtproblems hast.

Im Gegensatz zur Strafanzeige wird dir in diesem Verfahren die Vertraulichkeit zugesichert. Dennoch: Eine solche Meldung solltest du nur machen, wenn bei dir wegen der Fahrweise der beobachteten Person echte Zweifel einer generellen Fahreignung entstehen – und sicher nicht, um sie zu ärgern.

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Für die gemeldete Person bedeutet eine solche Meldung unter anderem, dass sie sich die Fahreignung ärztlich bestätigen lassen muss, was oft mit hohen Kosten verbunden ist. Zudem kann ihr der Führerausweis auf unbestimmte Zeit entzogen werden.

Ausführliche Informationen rund ums Thema Videoüberwachung erhältst du beim EDÖB «Videoüberwachung durch private Personen», «Videoüberwachung des öffentlichen Raums durch private Personen», Erläuterungen zu Videoüberwachung in Fahrzeugen oder im Blick-Beitrag «Videos sind keine Beweise».

Was musst du wissen, um sicher durch den Verkehr zu kommen? Stelle unseren Verkehrsspezialisten eine Frage! Ob du zu Fuss, mit dem Velo, dem Motorrad oder im Auto unterwegs bist: Schreib deine Frage gleich hier ins Formular, und mit etwas Glück wird sie schon bald beantwortet.

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