«Testen, testen, testen» lautet die Devise. Seit Anfang dieser Woche gibt es Gratistests für alle. Der Bundesrat bläst zur grossen Testoffensive. Und die lässt er sich etwas kosten: schätzungsweise eine Milliarde Franken. Für SP-Gesundheitsminister Alain Berset (48) ist klar: «Es ist ein wichtiger Schritt Richtung Lockerungen.» Theoretisch.
Denn es gibt noch ein paar Probleme. Nicht alle Kantone mögen bei den Massentests so richtig mitziehen. Und die Selbsttests, von welchen man künftig fünf Stück monatlich gratis und bequem in der nächsten Apotheke beziehen können soll, sind noch nicht zugelassen.
Das soll aber schon bald passieren, wie Fosca Gattoni, stellvertretende Leiterin der Sektion Heilmittelrecht im Bundesamt für Gesundheit (BAG), an einer Medienkonferenz der Corona-Fachleute des Bundes betonte: «Wir rechnen damit, dass die Selbsttests ab Anfang April in den Apotheken verfügbar sein werden», sagte sie. Man müsse die Selbsttests noch validieren, bevor sie zugelassen werden könnten.
Drei Pfeiler für Teststrategie
Doch nun soll die Testoffensive so richtig in Fahrt kommen: 40 Prozent der Bevölkerung sollen wöchentlich getestet werden!
Wenn man sehr viel teste, könne man Infektionsketten früh eindämmen, so Gattoni. Dabei setzt das BAG auf drei Pfeiler. Erstens sollen alle symptomatischen Personen getestet werden. Zweitens brauche es wiederholte Massentests in Betrieben, Schulen, Altersheimen, usw. Diese kostenlosen Tests sollen Superspreader-Events vermeiden helfen. Dritte Säule sind die präventiven, individuellen Gratistests für alle – also die geplanten Selbsttests aus der Apotheke für Zuhause.
Über die Teststrategie im Kanton Graubünden, wo bereits Tests im Rahmen von Poolings an Schulen und Betrieben gemacht werden, berichtete Martin Bühler, Leiter Amt für Militär und Zivilschutz und Chef des Kantonalen Führungsstabes. So würden zum Beispiel bereits alle Mittelschulen im Kanton und über 95 Prozent der übrigen Schulen mitmachen.
An der Schwelle zur dritten Welle?
Die Ausweitung der Teststrategie ist auch nötig, denn die dritte Welle ist wohl bereits im Anrollen. «Die Fallzahlen steigen weiter, die Entwicklung ist äusserst unsicher, und es stellt sich die Frage, ob die Schweiz an der Schwelle zu einer dritten Welle steht», sagte Patrick Mathys, Leiter der Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit im BAG.
Die Reproduktionszahl sei derzeit bei 1,13. Mit dieser Reproduktionszahl sei davon auszugehen, dass sich die Fallzahlen in etwa alle vier Wochen verdoppeln würden. Nur in drei Kantonen und in Liechtenstein sei der R-Wert unter 1.
Die Virus-Mutationen seien dominant in der Schweiz, 80 Prozent der Neu-Infektionen gingen auf sie zurück. Im Vordergrund stehe die britische Variante, etwas seltener die südafrikanische Variante. Nur vereinzelt sei es zur Ansteckung mit einer der beiden brasilianischen Varianten gekommen.
Auf eine Journalistenfrage, ob die dritte Welle in der Schweiz begonnen habe, sagte Mathys: «Nein. Eindeutig kann man das nicht sagen.» Die Fallzahlen würden aber zunehmen und es ist durchaus möglich, dass der Weg in diese Richtung führe. «Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine dritte Welle kommt.» Er könne aber nicht sagen, ob man nun schon am Punkt stehe, wo sie beginne.
Öffnungen mit Risiko
Es gebe aber verschiedene Faktoren, welche die Pandemie begünstigen würden. Etwa die Verbreitung der Virusmutationen oder die Lockerungen. «Das sind die Treiber der Zunahme.» Auf der Gegenseite würden etwa die Impfungen stehen, welche die Pandemie bremsen könnten. Ebenso das Verhalten der Bevölkerung, wenn sich diese an die Schutzmassnahmen halte.
Kommen die vom Bundesrat beschlossenen und neu angedachten Öffnungen zu früh? «Es ist nicht an mir zu entscheiden, ob und welche Öffnungsschritte kommen», so Mathys. Es sei aber aus epidemiologischer Sicht sicher nicht die günstigste Situation, nun grosse Öffnungsschritte umzusetzen. Aber der Bundesrat entscheide aufgrund verschiedener Faktoren, nicht nur epidemiologisch. «Aber jeder Öffnungsschritt ist mit einem gewissen Risiko verbunden.» Die Lage sei weiterhin fragil.