«Die Inflation sollte auch ein Thema werden»
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Gewerkschaftsboss:«Die Inflation sollte auch ein Thema werden»

Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard kritisiert BVG-Reform
«Die Kassen schwimmen im Geld, während die Leistungen sinken»

Die Pensionskassen-Reform ist auf der Zielgeraden. Die Bürgerlichen haben den Sozialpartner-Kompromiss vom Tisch gefegt. Zum Ärger von Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard (54).
Publiziert: 14.05.2022 um 12:25 Uhr
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«Die Ständeräte verteuern das BVG massiv – gerade für Personen mit tiefen Einkommen», sagt Gewerkschaftsboss Pierre-Yves Maillard zum neuen Kompensationsmodell aus der ständerätlichen Sozialkommission.
Foto: keystone-sda.ch
Interview: Ruedi Studer

Im Kampf um die Pensionskassen-Reform geht es auf die Zielgerade. Die zuständige Ständeratskommission bringt ein neues Modell aufs Tapet. Demnach sollen 20 Jahrgänge in den Genuss eines lebenslangen, abgestuften Rentenzuschlags von maximal 200 Franken pro Monat kommen. Doch auch dieses Modell ist umstritten. In der Sommersession ist im Ständerat eine heisse Debatte programmiert.

Blick: Herr Maillard, die Sozialkommission des Ständerats bringt eine neue Kompensationslösung auf den Tisch. Ziehen Sie da mit?
Pierre-Yves Maillard: Wir haben mit dem Arbeitgeberverband den Sozialpartner-Kompromiss erarbeitet und dabei schmerzhafte Konzessionen gemacht. Die Bürgerlichen haben diesen Kompromiss vom Tisch gefegt. Das gibt uns die Freiheit, andere Themen in die Debatte einzubringen. Aber sicher ist: Eine schlechtere Lösung werden wir nicht unterstützen.

In der Sozialkommission haben aber die linken Vertreter dem Modell zum Durchbruch verholfen.
Nur, weil es besser ist als die noch viel schlechtere Nationalratslösung. Das heisst aber noch lange nicht, dass wir damit zufrieden sind.

So schlecht ist der Deal doch nicht. 20 Jahrgänge sind abgedeckt!
Es gibt zwei entscheidende Schwachpunkte gegenüber dem Sozialpartner-Kompromiss. Die Ständeräte verteuern das BVG massiv – gerade für Personen mit tiefen Einkommen. Und sie wollen den Ausgleich nicht nur befristen, sondern auch seine solidarische Finanzierung kippen.

Letzteres ist schlicht eine Umverteilung von oben nach unten.
Es braucht diese soziale Komponente – gerade für die tiefen Einkommen. Die Bürgerlichen wollen, dass diese alles selber finanzieren. Doch dann stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht mehr. Aber klar, das vorgeschlagene Modell ist weniger schlimm als jenes des Nationalrats.

Das neue Modell bringt doch gerade für die Frauen Verbesserungen.
Für Frauen mit tiefen Löhnen ist es kaum bezahlbar. Aber wir sehen vor allem die Gefahr, dass das Parlament die Vorlage nach der Abstimmung über den AHV-Abbau im Herbst wieder verschlechtern wird. Diese Zwischenetappe der Kommission ist sehr fragil.

Ist die BVG-Reform angesichts der Zinswende überhaupt noch notwendig?
Zumindest die Senkung des Umwandlungssatzes ohne vollständige und solidarische Kompensationen wird damit hinfällig. Die Kassen schwimmen im Geld, die Geldabflüsse nehmen stetig zu – und dies, während die Leistungen sinken. Da machen die Arbeitnehmenden nicht mit.

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