«Manchmal hat uns der Umbau an den Rand eines Burnouts gebracht»
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Ein Umbau mit vielen Hürden:Enkel baut Haus der Grosseltern in Eigenregie um

Haus von 1820 mit viel Aufwand komplett saniert
«Manchmal hat uns der Umbau an den Rand eines Burnouts gebracht»

Geplant war der Umbau des Fachwerkhauses der Grosseltern als Vater-Sohn-Projekt. Doch es kam vieles anders als gedacht. Der Umbau hat den Enkel Marcel Messmer und seine Lebenspartnerin viel Aufwand, Nerven und Geld gekostet. Es hat sich aber gelohnt.
Publiziert: 01.07.2020 um 11:15 Uhr
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Aktualisiert: 16.03.2021 um 21:10 Uhr
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Das Fachwerkhaus vor dem letzten Umbau: Das Vielzweckbauernhaus, wie es vom Heimatschutz dokumentiert ist, wurde 1820 in Hochfelden ZH erbaut und über die Jahre mehrfach erweitert und umgebaut.
Foto: zVg
Corine Turrini Flury

«Ursprünglich wollte ich das Haus meiner Grosseltern nur ein bisschen renovieren und umbauen», sagt Marcel Messmer (44) aus Hochfelden ZH. Stattdessen wurde das Fachwerkhaus aus dem Jahr 1820 total entkernt und neu aufgebaut – praktisch alles in Eigenregie von Messmer und seiner Lebenspartnerin Ula Scar (46).

Marcel Messmer ist in Hochfelden aufgewachsen. Direkt hinter seinem frisch umgebauten Haus steht sein Elternhaus, wo seine Mutter noch immer lebt. Das frisch umgebaute Fachwerkhaus wurde 1820 erbaut und später von Messmers Urgrosseltern und den Grosseltern mütterlicherseits übernommen. «Bei meinen Grosseltern war ich mit meinen Schwestern als Kind natürlich oft. Meine Grossmutter häkelte am Abend oft beim alten Kachelofen, und mein Grossvater sass daneben auf dem Schaukelstuhl», erinnert sich Messmer, wie er BLICK beim Besuch erzählt. Kein Wunder, hat der Enkel sich beim umfassenden Umbau bemüht, den Kachelofen mit Ofenbank zu erhalten, was ihm auch gelungen ist.

Von Trauer und baulichen Hürden

Nach dem Tod der Grosseltern konnte der gelernte Maschinenbauer das stark sanierungsbedürftige ehemalige Bauernhaus 2016 aus dem Familienbesitz kaufen. Zuvor hatte die Familie das Haus für eine Weile zu einem bescheidenen Preis an einen Kollegen von Messmer vermietet. «Als er aber auszog, mussten wir uns überlegen, was mit dem Haus passiert, und so plante ich mit meinem Vater den Umbau, bevor das alte Haus zusammenfällt.»

Kurze Zeit darauf verstarb jedoch Messmers Vater. «Wir haben den Hausumbau daraufhin selber übernommen. Das Ganze hat uns aber viel Nerven gekostet», sagt Messmer. Nicht zuletzt, weil er mit dem Umbau schon vor dem Erteilen der Baubewilligung loslegen wollte und das Bauamt einen Baustopp verfügte. Zudem wurde das Vielzweckbauernhaus zwischenzeitlich vom Heimatschutz nach einer Begehung und Abklärungen als schutzwürdiges Gebäude eingestuft, was zusätzliche Auflagen mit sich brachte. Weil das Gebäude auch noch an einer Kantonsstrasse liegt, hatte auch der Kanton noch ein Wörtchen mitzureden, was wiederum Zeit beanspruchte.

Hoher Zeitaufwand und Kosten

«Unter diesen erschwerten Umständen haben wir uns entschieden, wenigstens für die Grundrisspläne und Baueingaben sowie Bewilligungen einen Architekten zu engagieren. Alles andere waren meine Ideen, die ich ohne Pläne selber umgesetzt habe», so der Bauherr.

Von 2016 bis 2017 dauerte der Rückbau. Im Herbst 2017 erteilte die Gemeinde Messmer dann die Baufreigabe. Das war auch der Zeitpunkt, zu dem das Paar zusammenzog. Davor lebte sie in Schlieren ZH und er in Dübendorf ZH. «Wir haben uns einen Wohnwagen gekauft und auf der Baustelle aufgestellt. Wir wohnten dann mit Hund und Katze im Wohnwagen und konnten Zeit und Geld sparen», sagt die Lebenspartnerin.

Messmer konnte während dieser Zeit auch sein Arbeitspensum reduzieren und so mehr Zeit in sein Umbauprojekt investieren. Das war auch nötig. «Das Haus war in einem schlechten Zustand. Wir haben darum beschlossen, innen und aussen alles komplett zu erneuern – inklusive Umgebungsarbeiten», sagt der Hausbesitzer.

Alte Tradition trifft auf Moderne

Von der Kanalisation über die Heizung, Installationen und das Verlegen der Elektroleitungen und Bodenheizung, sämtlicher Böden und Wände bis hin zum Dach und dem Innenausbau, wie Bad und Küche, hat das Paar fast alle Arbeiten selber geleistet. Messmers handwerkliches und mechanisches Geschick kam dem Paar dabei zugute. «Ich hatte schon immer ein Flair für alte Sachen und habe auch immer gern an Oldtimern geschraubt. Zudem arbeite ich nebenher selbständig als Sattler und biete Fertigungen und Reparaturen an», sagt Messmer.

Seine Werkstatt hat er in der ehemaligen Scheune eingerichtet, und wo einst der Heuschober war, ist heute das gemütliche Wohnzimmer des Paares im umgebauten Fünfeinhalb-Zimmer-Haus. Das grosszügige Badezimmer im Parterre ist hell und modern, und die Küche wurde bewusst rustikal gewählt, um den ursprünglichen Charakter des Hauses zu erhalten. Holz dominiert im ganzen Haus. Wo möglich wurde ursprüngliches, sandgestrahltes Holz wiederverwendet oder durch zugekauftes taugliches Altholz ersetzt. «Dafür habe ich ganz nach alter Tradition Holzdübel verwendet», sagt der stolze Bauherr.

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Viel Verzicht wird jetzt belohnt

«Manchmal hat uns dieser Umbau schon an den Rand eines Burnouts gebracht», sagt die selbständige Tätowiererin Ula Scar – und kann heute wieder darüber lachen. Die Sanierung und der Wiederaufbau dauerte bis Herbst 2018. Dann lag auch endlich die Bezugsbewilligung vor und das Paar konnte vom Wohnwagen in ihr neu renoviertes Eigenheim ziehen. Die letzten Umgebungsarbeiten sollten in den nächsten Wochen fertig werden.

Auf rund 600'000 Franken belaufen sich die Umbaukosten, trotz den erbrachten umfangreichen Eigenleistungen. Gegen 50'000 Franken davon sind nur schon Mehrkosten für die Bewilligungen und Auflagen durch den Heimatschutz. «Die Verzögerungen und der unerwartete Mehraufwand haben Nerven und Geld gekostet und meine Motivation war manchmal auf einem Tiefpunkt», gesteht Messmer.

Die letzten vier Jahre hat die Bauherrschaft auf viel verzichtet und jeden Franken gespart. Dafür können sie jetzt das Leben im Eigenheim und den Sommer im eigenen Garten richtig geniessen. Und Messmer findet: «Dieser Hausumbau hat uns auch als Paar noch mehr zusammengeschweisst.»

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