1929 kaufte Peter Camastral in Splügen GR, wo er als Lehrer arbeitete und mit seinen vier Kindern und Ehefrau Babette lebte, ein Haus. Peter Camstral ist der Grossvater von Marc Andrea Camastral (62) aus Hettlingen ZH. Nach Grossvaters Tod im Jahr 1978 erbte Marc Andrea Camastral das Walserhaus zusammen mit seinem Cousin.
Als der Zürcher aufgrund seines Jobverlusts 2018 frühzeitig pensioniert wurde, kaufte der technische Modellbauer seinem Cousin dessen Anteil am historischen Haus ab und renovierte es zusammen mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern komplett.
Ferien bei den Grosseltern
«Mich verbinden viele Kindheitserinnerungen mit dem Haus meines Grossvaters», erzählt Marc Andrea Camastral im Gespräch mit BLICK. Fast all seine Ferien hat er bei den Grosseltern verbracht. Im Winter fuhr er auf alten Holzskiern. Im Sommer begleitete der kleine Marc Andrea seinen Grossvater, der auch als Imker und Jäger unterwegs war, in den Bündner Bergen.
In nur sieben Monaten hat die Winterthurer Familie in Zusammenarbeit mit Behörden und der Denkmalpflege Graubünden das historische Haus aus dem 18. Jahrhundert komplett renoviert und saniert.
Von der Dokumentation inklusive einem eigens angefertigten Architekturmodell, über die Bauführung, Isolationskonzept und die gesamten Umbauarbeiten wie Schreinerarbeiten und Fassadengestaltung, war Marc Andrea mit seinem Sohn Claudio (34) im Einsatz. «Es waren keine Grundrisspläne vorhanden, darum haben wir die Pläne und das Modell für die Eingabe erstellt», so Bauherr Camastral.
Ehefrau Ruth (68) und Tochter Simone (31) waren vor allem für die Raumgestaltung, die Beleuchtung und die Möbelrestauration am aufwendigen Familienprojekt zuständig.
Erfahrungen im Umgang mit dem Heimatschutz
Rund 95 Prozent des Ausbruchmaterials konnten Camastrals bei ihrer Renovierung wiederverwenden. Auch Mobiliar und Hausrat aus den grosselterlichen Zeiten wurden aufgefrischt und wiederverwertet. Einiges davon, wie die alten Bügeleisen oder das Plumpsklo, dienen heute lediglich noch der Dekoration und erinnern an vergangene Zeiten.
Daneben verfügt das Haus, das letztmals in den 80er-Jahren renoviert wurde, über sämtlichen Komfort und einen modernen Ausbaustandard, ohne seinen Charme zu verlieren.
Die Zusammenarbeit mit den Behörden und dem Heimatschutz habe sehr gut geklappt, erklärt der Bauherr und Besitzer. «Man muss aber schon wissen, wie man genau vorgehen muss.» Mit Tipps steht Camastral Interessierten diesbezüglich auch gern zur Verfügung.
Renovierte Ferienwohnung zur Vermietung
Neben viel Schweiss und Herzblut hat die Winterthurer Familie rund 60'000 Franken an Materialkosten in das Haus gesteckt. Rund zehn Prozent wurde der Familie dafür vom Heimatschutz vergütet.
Der untere Teil des Gebäudes wurde früher als Stall genutzt. Dort ist jetzt eine Dreizimmer-Ferienwohnung, die an Freunde der Familie vermietet ist. Auch diese Wohnung hat der Eigentümer komplett selber renoviert und ausgebaut.
In der oberen Etage ist die Ferienwohnung der Camastrals mit Platz für sechs Personen und einer herrlichen Sonnenterrasse. Der Gartentisch und die ergonomisch gefertigten Sitzbänke hat der Bauherr ebenfalls selber entworfen und angefertigt.
Seit 2019 wird die Ferienwohnung nach Absprache an Liebhaber alter Bauwerke für Ferien in Graubünden vermieten. «Wir möchten der Öffentlichkeit damit auch die Möglichkeit bieten, in unserem geschichtsträchtigen Haus wenigstens zeitweise zu leben und es zu geniessen.»
Haus bleibt im Familienbesitz
Ein Verkauf des Hauses ist für Marc Andrea Camastral kein Thema. Zu gern verbringt er mit seiner Familie noch immer dort die Zeit, wo er einen grossen Teil seiner Kindheit verbringen durfte. «Das Haus meines Grossvaters bleibt im Familienbesitz. Unsere Tochter Simone ist inzwischen auch selber Mutter geworden», erzählt der Besitzer.
Damit wird auch die nächste Generation der Camastrals in diesem liebevoll renovierten Familienjuwel viel Zeit in den Bündner Bergen verbringen und das alte Haus mit Kinderlachen beleben.