Robin Zbinden (19) bietet Senioren Einkaufshilfe an
Der Maturand für die Senioren

Als Einkaufshilfe versorgte Robin Zbinden (19) von März bis Juli ältere Menschen in Liestal BL und den umliegenden Gemeinden. Bis zu fünfzehn Einkäufe wöchentlich lieferte er bei den Senioren ab. Auf den Einkaufslisten stand hin und wieder auch ein spezieller Wunsch.
Publiziert: 21.02.2021 um 10:06 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2021 um 16:02 Uhr
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Robin Zbinden (19) kaufte von März bis Anfang Juli für Senioren ein.
Foto: Thomas Meier
Anna Uebelhart

Am 15. März 2020 lud Robin Zbinden ein Bild auf Facebook. Es zeigt einen Abschnitt der Berliner Mauer mit dem gesprayten Satz «Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern». Diese afrikanische Weisheit nahm sich Robin zu Herzen.

Doch eigentlich hätte Robin Zbinden anderes zu tun gehabt: Die schriftlichen und mündlichen Maturprüfungen im Gymnasium Liestal BL standen bevor. Doch dann schloss seine Schule. Durch den Fernunterricht war das Lernprogramm reduziert, und der 19-Jährige konnte sich seine Arbeit grösstenteils selbst einteilen. Die neu gewonnene Zeit wollte er sinnvoll nutzen. Also veröffentlichte er auf Facebook einen Post: «In den kommenden Wochen würde ich euch gerne helfen und unterstützen, wo auch immer ich euch behilflich sein kann.» Dazu schrieb er seine Handynummer. Einen Tag nach Robins Facebook-Post verschärfte der Bundesrat die Corona-Massnahmen und rief die «ausserordentliche Lage» aus. Restaurants, Bars, Freizeitbetriebe und Läden mussten schliessen. Auch rief der Bundesrat insbesondere die ältere Bevölkerung dazu auf, zu Hause zu bleiben.

Auf Einkaufstour mit E-Bike und Rucksack

Nach seinem Facebook-Aufruf bekam Robin noch am selben Tag fünf Anrufe, und der Post wurde 128-mal geteilt. Es riefen ihn auch Senioren an, die kein Facebook hatten, aber deren Enkelkinder seinen Aufruf gesehen und die Telefonnummer an ihre Grosseltern weitergegeben hatten. Bereits in der ersten Woche tätigte Robin zwölf Einkäufe in der Umgebung Liestal. Unterwegs war er mit E-Bike und Rucksack.

Um seine Kapazität zu erhöhen, machte er auf Facebook einen erneuten Aufruf, dieses Mal suchte er selber etwas: einen Veloanhänger. Unterwegs war der Liestaler dann in seinem Dorf, aber auch in den Nachbargemeinden Frenkendorf und Lausen. Bis zu fünfzehn Einkäufe tätigte er wöchentlich, immer am Montag, Mittwoch und Freitag war er unterwegs. Von Mitte März bis Anfang Juli 2020 ging Robin für Senioren einkaufen, besorgte Medikamente in Arztpraxen oder Apotheken oder passte auch mal auf Kinder auf, deren Eltern nicht von zu Hause aus arbeiten konnten.

Verwöhnte Katzen und Rabatte

Die Senioren bestellten nicht nur überlebenswichtige Lebensmittel. Für eine Familie ging er für ein heruntergesetztes Set Stifte in die Landi. Gross war die Nachfrage nach Hefe, was sich zwischenzeitlich als «richtige Challenge» erwies, weil diese an vielen Orten ausverkauft war. Ausserdem bemerkte Robin, wie sehr manche ältere Damen ihre Katzen verwöhnen. «Da mussten es öfters mal Truthahn oder teure Pasteten sein», erinnert er sich.

Weil einige ältere Menschen Angst hatten, dass es sich bei Robins Einkaufshilfe um einen Trick handeln könnte, organisierte eine Seniorin einen Ausweis des regionalen Krisen-Führungsstabs. Diesen trug Robin dann bei sich, damit er sich als offiziellen Freiwilligenhelfer ausweisen konnte. Bei den meisten Menschen war das Vertrauen gross. Sehr gross sogar. «Eine Dame hat mir regelmässig ihr Bankkärtli mitgegeben, mit dem ich zahlen oder Bargeld für sie abheben konnte», sagt Robin. Meistens legten die Leute das Geld für den Einkauf in den Briefkasten oder überwiesen es ihm mit Twint. Und wenn genug Hefe da war, überraschten sie ihn sogar manchmal mit einem Brot.

Jung hilft Alt

Die Dankbarkeit vonseiten der Senioren war gross. Doch auch Robin war froh um die Beschäftigung: «Ich habe das Gefühl, alte und junge Menschen sehen sich oft als zu unterschiedlich. Dabei brauchen wir uns gegenseitig. Für den jungen Erwachsenen war sein Einsatz eine Selbstverständlichkeit. Das sah das Baselbieter Uhrenunternehmen Oris anders und zeichnete Robin im August als «Local Hero» aus.

Mittlerweile geht Robin nicht mehr einkaufen, weil er mit seinem Psychologie-Studium und einem Nebenjob an einer Sekundarschule viel zu tun hat. Ausserdem, sagt Robin, seien die Anfragen immer weniger geworden. Die Leute hätten wieder das Bedürfnis gehabt, selbst rauszugehen.

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