Dzemile Fetaji-Uka ist nicht zu stoppen
Superwoman des Alltags

Andere bräuchten für das, was sie erreicht, zehn Leben: Dzemile Fetaji-Uka verbindet Menschen. Unermüdlich, informiert und vor allem: warmherzig. Insbesondere, aber nicht nur, in Covid-19-Zeiten.
Publiziert: 21.02.2021 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 22.02.2021 um 12:23 Uhr
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Am 1. August 2020 wird Fetaji-Uka von Bundesrätin Simonetta Sommaruga auf dem Rütli gemeinsam mit ein paar anderen für ihren Einsatz während der Covid-19-Krise als «Heldin des Alltags» ausgezeichnet.
Foto: Screenshot SRF
Silvia Tschui

«Wir lachen alle in der gleichen Sprache, das ist das Wichtigste. Schreiben Sie das!», sagt Dzemile Fetaji-Uka, die am 1. August 2020 von Simonetta Sommaruga auf dem Rütli für ihren Einsatz während der Covid-19-Krise als «Heldin des Alltags» ausgezeichnet wurde. Auch wichtig: «Dass die Menschen einander mit Respekt begegnen, egal welche Hautfarbe, egal welche Herkunft, egal ob on- oder offline, egal ob sie religiös sind oder nicht. Schliesslich waren sogar Adam und Eva Migranten.»

Bindeglied zwischen Ämtern und Migrantinnen

Fetaji-Uka lebt vor, was sie sagt: Im ersten Lockdown organisierte sie in Zusammenarbeit mit der Fachorganisation Perspektive Thurgau virtuelle «Stammtische», sogenannte Femmes-Tische, für Migrantinnen. Über Whatsapp, Zoom und andere Plattformen vermittelte sie nach ihrem anstrengenden Job als Logistikerin bei der Migros jeweils abends Informationen zu Covid-19, zu Schutzmassnahmen, zum Lockdown und zu den neusten Empfehlungen des Bundes und vieles mehr auf Albanisch. Tipps, was man mit den Kindern den ganzen Tag unternimmt, wenn die Schulen geschlossen bleiben, waren dabei genauso Thema wie psychische Gesundheit. Oder Beziehungspflege, wenn plötzlich alle ständig daheim sind. Fetaji-Uka verschaffte sich einen Überblick über die Angebote von offiziellen Stellen, und sie weiss bis heute auch, wer im Kanton für welches Problem wie zuständig ist. Die Gespräche hat sie anschliessend ausgewertet und diese Auswertungen wiederum an Perspektive Thurgau geleitet. Die zweifache Mutter eines Sohnes und einer Tochter im Teenager-Alter wurde so nicht nur zum wichtigen Bindeglied zwischen offiziellen Stellen und Migrantinnen, sondern auch zur Anlaufstelle für fast alle Lebensbereiche, zur Seelsorgerin und oft zur Freundin. Ihr selber habe das auch sehr geholfen, sagt die 40-Jährige, sie habe vieles gelernt, was sie vorher nicht wusste, und viele neue Freundschaften geschlossen.

Brückenbauerin für das Gute

«Ich liebe einfach Menschen», sagt sie, und das Videotelefonat mit ihr bestätigt das: Sie ist überwältigend warmherzig, am Gegenüber interessiert und überaus breit informiert. Mit ihr könnte man sich stundenlang über Gott, die Welt und Politik unterhalten. Fetaji-Uka kennt aber auch viel von der Welt. Sie weiss, was es bedeutet, Schweizerin zu sein, und sie weiss, was es bedeutet, Migrantin zu sein. Die Tochter albanischstämmiger Eltern aus Nordmazedonien ist in Steckborn TG aufgewachsen, hat bei der Bernina eine Lehre als Logistikerin absolviert und in Mazedonien mit ihrem Mann eine Firma im Verpackungsbereich mit über 200 Angestellten aufgebaut und geführt. «Es wurde aber irgendwann politisch einfach unmöglich, die Fabrik weiterzuführen», sagt sie und bedauert: «Stellen Sie sich vor, unsere Fabrik hat die Existenzen von 600 oder mehr Menschen gesichert», und wischt sich eine Träne aus dem Auge.

Eine zweite Träne vergiesst sie, als sie erzählt, wie das war, als sie geehrt wurde. Dazustehen und von einer Bundesrätin zu hören: «D Schwiiz verhebt», und zu wissen, dass sie zu einem Teil ihretwegen «verhebt». Wir machen eine kurze Pause, bevor das Gespräch weitergehen kann.

Fetaji-Ukas Covid-Engagement ist nur ein Bruchteil ihrer Aktivitäten

Denn Fetaji-Uka hat noch viel zu erzählen, der virtuelle Femmes-Tisch ist längst nicht das Einzige, was sie, nun seit acht Jahren zurück in der Schweiz, in ihrer Freizeit umtreibt. Mit dem von ihr mitgegründeten Verein For Children Smile hat sie Spenden gesammelt und vor zwei Jahren ein Schulhaus in Syrien aufgebaut. Bei der SP Thurgau sitzt sie im Vorstand und hat nur um zwei Stimmen die Wahl in den Kantonsrat verpasst. Auch im Frauenforum Kreuzlingen sitzt sie im Vorstand – und aktuell befindet sie sich im Wahlprozess für die Schulpflege. Ganz nebenbei führt sie zusammen mit ihrer Tochter auch noch einen Instagram-Account, in dem sie Rezepte und Kochideen teilt.

Helden in Filmen haben oftmals Superkräfte. Sieht man sich das Leben von Fetaji-Uka an, müsste sie eigentlich auch über solche verfügen. Was sie mit rund 40 Jahren bereits erreicht hat, schaffen andere in zehn Leben nicht. Mehr Fetaji-Uka braucht das Land!

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