Die ganze Schweiz dürfte dieses Bild kennen: das riesige Wandgemälde «Die Wiege der Eidgenossenschaft» im Nationalratssaal des Bundeshauses. Es zeigt den Vierwaldstättersee und ist noch heute oft zu sehen, etwa bei TV-Übertragungen. Das Bild stammt vom Genfer Künstler Charles Giron (1850–1914). Und es hat indirekt mit Österreichs Kaiserin Elisabeth (1837–1898) zu tun.
Denn sie ist es, die im Frühling 1898 ein Bild von Giron kauft, der in einem Atelier gleich in der Nähe von Sisis Hotel in Montreux-Territet VD arbeitet. Beim gekauften Werk handelt es sich um das Bild «La nourrice», das eine italienische Amme beim Säugen eines Babys zeigt. Der Kauf des Bildes durch die so prominente Kaiserin verleiht Girons Laufbahn nochmals einen Schub. Er wird in die Eidgenössische Kunstkommission gewählt – und bekommt den Auftrag für das Wandgemälde im Nationalratssaal.
Österreichs Kult-Kaiserin Elisabeth (1837–1898) war der Schweiz eng verbunden. Wie eng, zeigt Michael van Orsouw in der grossen Blick-Serie. Der Zuger Historiker, Autor und Aristokratie-Kenner («Blaues Blut», «Luise und Leopold») hat darüber sein neues Buch geschrieben, «Sisis Zuflucht» ist soeben im Verlag Hier und Jetzt erschienen (224 Seiten, gebunden).
Blick-Leserinnen und -Leser erhalten es zum Spezialpreis von 30 (statt 36) Franken. Bestellung mit Rabattcode «Blick-Sisi» an admin@hierundjetzt.ch oder Telefon 043 243 30 73
Österreichs Kult-Kaiserin Elisabeth (1837–1898) war der Schweiz eng verbunden. Wie eng, zeigt Michael van Orsouw in der grossen Blick-Serie. Der Zuger Historiker, Autor und Aristokratie-Kenner («Blaues Blut», «Luise und Leopold») hat darüber sein neues Buch geschrieben, «Sisis Zuflucht» ist soeben im Verlag Hier und Jetzt erschienen (224 Seiten, gebunden).
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Die ganze Serie: Sisi und die Schweiz
Ebenfalls im Nationalratssaal ist das Werk eines weiteren Künstlers zu sehen, der mit Sisi zu tun hatte – und der seinen Aufstieg als Künstler ebenso ihr zu verdanken hat: Antonio Chiattone (1856–1904). In einer Nische neben Girons Wandbild ist sein Wilhelm-Tell-Denkmal zu sehen. Bildhauer Chiattone war der Lieblingskünstler der Kaiserin.
Lieblingskünstler aus dem Tessin
Entdeckt hat sie sein Schaffen im Jahre 1894 in Lugano TI. Elisabeth kauft damals ein Kunstwerk von Antonio Chiattone, es handelt sich um eine trauernde Frauengestalt in Lebensgrösse, die den Titel «Il dolore» trägt. Die Bronzefigur Chiattones zeigt schemenhaft eine Frau. In den zarten Händen hält sie einen Olivenzweig, der oben geknickt ist. Chiattones Kunstobjekt «Il dolore» strahlt eine tiefsinnige Schwere aus, welche die Kaiserin angesprochen haben dürfte.
Sisi gefällt das Werk so sehr, dass sie es in Wien direkt in ihr Schlafzimmer in der kaiserlichen Hermesvilla stellen lässt, wo es noch heute zu sehen ist. Um die Statue noch effektvoller erscheinen zu lassen, ordnet sie eine grünliche Beleuchtung von unten an.
In Lugano erstellt, in Korfu ausgestellt
Damit nicht genug der Ehre. Elisabeth von Österreich ist vom Tessiner Künstler Chiattone, dem Erschaffer von «Il dolore», dermassen angetan, dass sie ihm einen gewichtigen Auftrag erteilt. Er soll für ihre kaiserliche Villa Achilleion im griechischen Korfu ein Denkmal entwerfen, das ihrem Sohn Rudolf gewidmet ist, dem 1889 durch Suizid verstorbenen Kronprinzen. Ihre Majestät zieht den Tessiner Chiattone vielen bekannten österreichischen Künstlern vor.
Nach mehreren Monaten ist das Monument im Luganeser Bildhaueratelier erstellt, und Chiattone reist damit nach Korfu, um das Denkmal passend aufzustellen und bei der Einweihung anwesend zu sein. Die Statue steht an einem strategisch wichtigen Ort des Villenparks, nämlich genau dort, wo drei Alleen zusammenlaufen. Das Werk des Tessiners ist gleichermassen wuchtig und gross: Es misst in der Höhe sechs Meter und in der Breite drei Meter.
Sisi-Denkmal am Genfersee
Als dann Sisi im Jahre 1898 bei einem Attentat in Genf zu Tode kommt, will man in der Westschweiz eine Gedenkstätte errichten. In Montreux formiert sich ein Komitee, das Geld sammelt und den Auftrag für ein würdevolles Denkmal Sisis vergibt: selbstverständlich ihrem Lieblingskünstler Antonio Chiattone.
Das fertige Denkmal ragt zweieinhalb Meter in die Höhe und zeigt die Kaiserin in Überlebensgrösse. Sisi trägt ein Kleid, das der Künstler einem Original naturgetreu mit allen Spitzen nachgebildet hat. Ausgeführt ist das Kunstwerk in weissem Marmor aus Carrara (I). Zuerst stellt es Chiattone an seinem Heimatort Lugano aus, wo es bereits viel Publikum anzieht. Dann wird die Statue in Territet VD aufgestellt und am 22. Mai 1902 feierlich eingeweiht. Für die Stifterinnen und Stifter zahlt sich das Denkmal aus: Bis heute kommen Verehrerinnen und Verehrer der Kaiserin nach Territet, um ihrer zu gedenken.